In Sachen Stromnetzen dominierte bisher die zentrale Stromerzeugung aus Kohle- oder Atomkraftwerken. Nun geht der Trend aber hin zu dezentralen Erzeugungsanlagen und das sowohl bei der Erzeugung aus fossiler Primärenergie (KWK/BHKW) wie auch bei Photovoltaik und Windkraft bzw. Biomasse. Dieses Anwachsen von zumeist dezentralen Stromproduzenten hat enorme Auswirkungen auf die Lastregelung und die Netzstabilität. Denn bisher wurden die Netz ausgelegt auf Höchstbelastung, nun werden auch die niedrigeren und mittleren Spannungslevel immer wichtiger. Das kann zu Kostenvorteilen führen, es erfordert aber auch ein präzises Lastmanagement, damit es nicht zu teuren Spitzen kommt.
Der Umgang mit diesem Problem bildet den Ausgangspunkt für die Idee des Smart Grid. Die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien sieht bis 2020 einen Anteil von rund 20 Prozent Energie aus regenerativen Quellen vor - das deutsche Energiewirtschaftsgesetz liegt hier sogar bei 30 Prozent im Strommix. Die schwarz-gelbe Bundesregierung sieht den Anteil 2050 dann schon bei rund 80 Prozent. In ihrem Energiekonzept macht Regierung aber auch unmißverständlich klar, dass dafür ein großer Aufwand an Informations- und Kommmunikationstechnologien nötig ist. Die Kosten für einen derartigen Aufbau einer europäischen Technologieplattform werden bis 2030 auf 390 Milliarden Euro geschätzt (Electric Power Research Institute, 2010). Das größte Problem besteht darin, dass weder genug Spezialwissen, noch Personal, noch Erfahrungen vorhanden sind.
Smart Grids werden allerdings nur dann erfolgreich sein, wenn die Datennetze verknüpft mit Stromnetzen arbeiten. Genau diese Verknüpfung stellt dann auch Fluch und Segen so eines Vorhabens dar. Denn es ist angreifbar wie jedes Datennetz und auch genauso robust. Schließlich kommt noch die eigentlich Aufgabe dazu, die gemeinhin als Smart grid verstanden wird: Das Erfassen in Echtzeit, welche Haushalte wieviel Strom zu welchem Tarif einspeisen und eben auch verbrauchen.
Dabei entsteht das, was die Telekommunikationsbranche schon aus dem Mobilfunkbereich kennt. Milliarden an Datensätzen sekundengenau und tarifgenau zu erfassen und zu verarbeiten. Beim Smart Grid kommt dann noch die steuernde Komponente hinzu, da ja mit Heuristiken - auf der historischen Daten basierend - das Lastmanagement gefahren werden muss mit aktuellen Daten und eben diese unsicheren prognostizierten Kennzahlen. Allein mit dem viertelstundengenauen Erfassen entstehen pro Jahr und Haushalt nicht mehr einzelne Datensätze, sondern es fallen schon 35.000 Datensätze an. Um mit diesen Datenvolumina zurechtzukommen, müssten Energieversorger und Messstellenbetreiber ihre Systeme auf neue Dimensionen einstellen. Auch die Produzenten müssen jede einzelne Stelle die Strom produziert mitb einer neuen Intelligenz ausstatten uns ans Datennetz anschließen. Da kommen einige Investitionen auf die Betreiber der WEA und PV-Anlagen hinzu.
Aber zunächst sind die kommunalen Versorger vor Ort gefragt, denn sie müssen das Smart Metering bei den Verbrauchern etablieren, sonst hat das ganze Vorhaben keine Basis. Energiedienstleister ABB stattete für die Stadtwerke Emden 100 Haushalte eines Neubaugebiets mit einer kompletten Infrastruktur für intelligente Gas- und Stromzähler aus. Die Deutsche Telekom sorgt dann für die Verbindung ins Datennetz und baute die Kommunikationsboxen ein. Diese übertragen die Daten via DSL an die Versorger. Sie stellen ihren Kunden die aktuellen Verbrauchsdaten in einem abgesicherten Web-Portal zur Verfügung. Die Stadtwerke für das Übermitteln der Daten einen monatlichen Festpreis. Bisher trägt das Telekommunikatiosnunternehmen die Investition der Kommunikationsinfrastruktur und kümmert sich um deren Betrieb. Es wird offenbar, dass die Gemeinden ohne Breitbandanschluß spätestens beim Thema Smart Grid ein Problem bekommen könnten. Erste Ergebnisse einer Befragung in Emden zeigen allerdings schon positive Effekte: Viele Kunden wollen jetzt wissen, wie sie mit Hilfe des Smart Meterings ihren Verbrauch reduzieren können. Auch andere Pilotprojekte haben bewiesen, dass Verbraucher dank der intelligenten Zähler sowie der transparenten Übersicht den teuren Stromfressern wie alten Tiefkühltruhen schnell auf die Schliche kommen und damit bis zu 15 Prozent Strom einsparen.
Bis allerdings in Deutschland flächendeckend ein Smart Grid funktioniert könnte, müsste in den 40 Millionen Haushalten ein Smart Metering Zähler samt Datenleitung eingebaut werden (Infobroschühre der DTAG) . Denn ohne die Verbrauchsdaten der Bevölkerung fehlen die entscheidenden Informationen für ein Lastmanagement und den Ausbau der Netze auf lokaler Ebene. Und dann wäre das noch das Problem mit den Standards bei solchen Vorhaben. Denn viele Interessensgruppen und Anbieter kochen ihre eigenen Süppchen. (jw)