Bisher haben es Einzelhandelsketten, die ihre Geschäfte in Einkaufszentren betreiben, schwer, Solarstrom direkt vor Ort zu beziehen. Das diese jedoch möglich ist, zeigt ein Projekt auf dem Carl-Metz-Areal in Karlsruhe, das der Stuttgarter Softwareentwickler Solarize zusammen mit dem örtlichen Netzbetreiber umgesetzt hat. Hier profitieren die Einzelhandelsfilialisten vom Solarstrom vom Dach. Dieser wird in eine Kundenanlage, einem sogenannten Mikrogrid eingespeist. Die Filialisten verbrauchen im Rahmen eines Onsite-PPA so viel Sonnenstrom wie möglich. Der Rest kommt aus dem Netz.
Zählerinfrastruktur erhalten
Bisher standen solchen Projekten einige Hürden im Weg. Neben der Messung und Abrechnung von bezogenem Solar- und Netzstrom sind die Handelsketten in der Regel durch langfristige Rahmenstromverträge für alle Filialen an bestimmte Energiedienstleister gebunden. Im Carl-Metz-Areal sind Filialisten wie Kaufland, Tedox oder JYSK Mieter und können nun einen Teil ihres Strombedarfs aus dem lokalen Microgrid decken, das mit dem Solarstrom vom Dach gefüttert wird.
Im Auftrag der Betreibergesellschaft OSP Ollisa Solar Power hat Solarize dafür gemeinsam mit dem Netzbetreiber ein innovatives Messkonzept erarbeitet. Die bereits bestehende Zählerinfrastruktur, über die der Stromverbrauch der einzelnen Händler ohnehin viertelstündlich gemessen wird Registrierende Leistungsmessung – RLM), konnte beibehalten werden. Solarize hat zur vollautomatischen und gesetzeskonforme Abrechnung des Stromverbrauchs aus den verschiedenen Quellen eine Meter-to-Cash-Plattform entwickelt.
Strom nach Quelle aufteilen
Um Netzstrom und Mieterstrom sauber abzugrenzen, hat Solarize die bestehende physische Messinfrastruktur in zwei virtuelle Vermarktungspunkte aufgeteilt. Der bezogene Netzstrom sowie der bezogene Photovoltaikstrom jedes einzelnen Mieters werden unabhängig von ihrer Herkunft über den RLM-Zähler im Viertelstundentakt gemessen. Eine Bilanzierungsformel teilt die beiden Stromquellen proportional zum Anteil am Gesamtverbrauch aller Mieter rechnerisch in Netz- und Solarstrom immer verbrauchsgenau pro Viertelstunde auf.
Automatische monatliche Abrechnung
Zusammen mit dem Stromerzeugungszähler der Photovoltaikanlage auf dem Dach lässt sich damit für jeden Teilnehmer genau errechnen, wie viel Strom aus welcher Quelle bezogen und wie viel ins Verteilnetz eingespeist wurde. Auf Basis dieser Bilanzierung generiert die Meter-to-Cash-Plattform von Solarize automatisch jeden Monat eine Stromrechnung für das Onsite-PPA.
Solarstrom ohne Umwege
Die Reststrommenge wird weiterhin vom jeweiligen Lieferanten des Mieters geliefert und in Rechnung gestellt. „Günstigen Strom lokal zu erzeugen und zu verbrauchen, ist insbesondere für Gewerbe- und Retailareale mit ihren großen Dachflächen und hohen Verbräuchen sinnvoll. Das entlastet sowohl die Umwelt als auch unsere Stromnetze und reduziert Stromkosten“, sagt Oliver Schneider, Geschäftsführer von OSP Ollisa Solar Power. „ Mit der Solarizelösung konnten wir das elegant umsetzen. Wir freuen uns über die Lösung nicht nur an sonnigen Tagen ‒ da aber ganz besonders.“ Frederik Pfisterer, Geschäftsführer von Solarize ergänzt: „Das Projekt auf dem Carl-Metz-Areal ist das erste seiner Art und zeigt: Der Strombezug über Rahmenverträge und aus lokaler Erzeugung schließen sich nicht aus – was physikalisch ohnehin passiert, vereinfacht das Onsite-PPA für alle Beteiligten.“ (su)