Steil ragt die Lernkurve der erneuerbaren Energien in den Himmel. Um dies zu belegen, reicht es üblicherweise aus zu sagen, dass sich die durchschnittliche Leistung von neu installierten Onshore-Windenergieanlagen in den vergangenen zehn Jahren auf über fünf Megawatt verdoppelt hat – während Türme und Rotorblätter in gleichem Maß gewachsen sind.
Tatsächlich betreffen die Optimierungen aber jeden Punkt und jede Schraube in der gesamten Wertschöpfungskette. Das Bladecontrol-System der Weidmüller Monitoring Systems GmbH ist ein gutes Beispiel für eine Technologie, die im Lauf der Zeit immer weiter verbessert wurde. Seit seiner Einführung im Jahr 2004 ist es ein wichtiger Baustein der Zustandsüberwachung und Wartung von Rotorblättern an Windenergieanlagen. Seither hat sich das System stetig weiterentwickelt und mittlerweile weltweit etabliert. Hier die wichtigsten Meilensteine:
Als die Entwicklung des ersten Prototyps von Bladecontrol 2004 begann, war es das Ziel, eine Lösung zu schaffen, die Windkraftanlagenbetreiber über den Zustand der Rotorblätter informiert, um so die Sicherheit und Effizienz der Anlagen zu steigern.
2006: Serienproduktion
Bereits zwei Jahre nach der Entwicklung des ersten Prototyps startete 2006 die Serienproduktion von Bladecontrol, basierend auf einer eigens entwickelten Sensorplattform. Das Ziel: ein umfassendes Condition-Monitoring-System (CMS) für Rotorblätter. Die Plattform ermöglicht nicht nur die Erkennung von Schäden, sondern bietet auch eine zuverlässige Eiserkennung im Betrieb der Windenergieanlage sowie die Eisfreierkennung inklusive des automatischen Wiederanlaufs der Turbinen nach Eisfreiheit – zur damaligen Zeit ein Alleinstellungsmerkmal; Funktionen, die gerade im Winterbetrieb von entscheidender Bedeutung sind.
Ein wichtiger Schritt für die Akzeptanz des Systems war 2008 die Zertifizierung des Rotorblatt-basierten Eiserkennungssystems durch den Prüfdienst DNV. Diese Zertifizierung belegt die hohe Zuverlässigkeit der Eiserkennung und stärkt das Vertrauen der Betreiber und Investoren in das System.
Im Zeitraum von 2010 bis 2014 verzeichnete Bladecontrol mehrere bedeutende Fortschritte. Die ersten Offshore-Windenergieanlagen wurden mit dem System ausgestattet, gefolgt von Großaufträgen im In- und Ausland. Hürden in der Entwicklung: Hersteller-spezifisches Integrieren ins Blattwerk, zum Beispiel werden Kabel für bessere Haltbarkeit einlaminiert. Weitere Komponenten werden etwa in den vorhandenen Schaltschrank gebaut.
Außerdem wurde das Rotorblatt-CMS zur Schadensdetektion ebenfalls durch DNV zertifiziert. Dieser Zeitraum markierte den Beginn der Internationalisierung des Unternehmens und die Erschließung neuer Märkte.
2015 bis 2020 expandierte Bladecontrol erfolgreich nach Asien und nahm die ersten Großprojekte in China und Japan in Angriff. Dieser Erfolg legte den Grundstein für die globale Verbreitung des Systems. Bladecontrol wurde Serienlösung bzw. Standard in Anlagenflotten einiger großer Hersteller.
Zwischen 2021 und 2024 gab es eine weitere Ausrichtung auf Offshore-Projekte. Eine Portfolioerweiterung mit der optionalen Hauptlagerüberwachung, verfügbar seit Anfang 2024, rundet die Produktentwicklung ab. Nunmehr können Hauptlagerschäden bis zu einem Jahr vor einer stillstandrelevanten Ausprägung detektiert werden und dies rein mit den verbauten Sensoren in den Rotorblättern und somit ohne Zusatzhardware. Möglich wurde dies durch eine erweiterte Schwingungsanalyse mit der Blattsensorik, um Frequenzabweichungen, verursacht durch Blattlager, sichtbar zu machen. Das System wurde für den nordamerikanischen Markt zertifiziert, wodurch die Marktzulassung in Nordamerika gesichert wurde.
„Innerhalb der letzten 20 Jahre mit Bladecontrol waren neben den notwendigen Zertifizierungen durch den DNV vor allem die Überzeugung der wichtigsten OEMs bezüglich der Funktionalität zur Schadens- und Eiserkennung wesentliche Treiber unserer globalen Entwicklung“, resümiert Toni Lippold, Geschäftsführer Weidmüller Monitoring Systems: „Diese Überzeugungsarbeit der Hersteller wurde durch die tatkräftige Hilfe der Betreiber und Eigentümer realisiert.“
Die Überzeugung der wichtigsten OEMs bezüglich der Funktionalität zur Schadens- und Eiserkennung war wesentlicher Treiber unserer globalen Entwicklung.
Wie es ab 2025 weiter geht
Die nächste Generation Bladecontrol NXT steht bereits in den Startlöchern. Sie bietet eine Reihe wichtiger Neuerungen, so die Einführung der optischen Daten- und Energieübertragung, eine erweiterte Sensorik, größere Anzahl an Messpunkten und Positionen je Rotorblatt, höhere Genauigkeit der Messungen, eine einfachere und tiefgreifendere Schadensdetektion.
Aktuell gibt es eine Sensorposition pro Rotorblatt für zweidimensionale Beschleunigungsmessung und Temperaturmessung und einen Sensor für eindimensionale Beschleunigungsmessung in der Nabe. Insgesamt gibt es vier Positionen und zehn Messpunkte. Künftig soll es zwei Sensorpositionen pro Rotorblatt geben, dreidimensionale Beschleunigungsmessung, dreidimensionales Gyroskop, akustischer und Temperatursensor. Insgesamt sind es dann sechs Positionen und 48 Messpunkte.
„Neben der steten hardwareseitigen Weiterentwicklung von Bladecontrol spielen vor allem die softwareseitigen Optimierungen des Systems eine tragende Rolle“, sagt Daniel Brenner, Leiter Monitoring & Software. So seien die Systeme mittlerweile in der Lage, sich nach Einbau eigenständig bei Temperaturen von über fünf Grad Celsius zu kalibrieren. „Diese Funktionalität beschleunigt nicht nur die Inbetriebnahme der Systeme für unsere Kunden vor Ort, sie reduziert auch signifikant den notwendigen personellen Aufwand. Auch ein automatisiertes Nachkalibrieren der Systeme im Falle von Alterungserscheinungen an den Rotorblättern wird nunmehr ermöglicht.“
Die Implementierung von KI-basierten Analysen aufgenommener Messdaten von Bladecontrol stelle eine wesentliche Säule der aktuellen und künftigen Auswertungen dar. Hierbei führen die KI-basierten Modelle nicht nur zu einer schnelleren und exakteren Schadensdetektion und -klassifizierung, sie ermöglichen zudem das Erkennen neuer, bisher nicht detektierbarer Schadensformen, zum Beispiel Erosion oder schwer detektierbarer wie Risse im wurzelnahen Bereich und im Initialzustand.
Die Entwicklung von Bladecontrol zeigt, wie konsequente Innovation und technologische Anpassung den Weg zum Erfolg ebnen können. Mit dem aktuellen Fokus auf die nächste Generation hat Bladecontrol gute Chancen, auch in Zukunft ein zentraler Akteur in der Überwachungstechnologie für Windenergieanlagen zu bleiben. W