Schon seit 2017 messen die Experten der Forschungsgruppe Erneuerbare Energien der Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Skigebiet Davos-Parsenn in Zusammenarbeit mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) die Erträge einer Photovoltaikanlage. Die Module der Anlage auf der Totalp, gut 2.500 Meter über dem Meeresspiegel, sind in sechs unterschiedlichen Winkeln angestellt, um zu messen, wie sich dieser Anstellwinkel auf die Erträge auswirkt. Denn je steiler die Module angestellt sind, desto schneller rutscht der Schnee von der Oberfläche, so die These.
Zudem wollten die Forscher wissen, ob die Module in dieser Höhe besonders im Winter viel Strom liefern. Außerdem sind einige der Module bifazial, können also auch auf der Rückseite Strom produzieren. Das ist ebenfalls besonders im Winter von Vorteil, wenn der weiße Schnee auf dem Boden jede Menge Licht auf die Modulrückseiten wirft.
Viel Strom im Winter
Tatsächlich haben die Messungen in der Versuchsanlage im Skigebiet Davos-Parsenn gezeigt, dass bei steil angestellten, bifazialen Solarmodulen die Verluste durch Schneebedeckung nur gering bis sogar vernachlässigbar sind. Mit der Anlage auf der Totalp konnten die Forscher zeigen, dass alpine Solaranlagen vor allem im Winterhalbjahr viel Strom produzieren können. Voraussetzung ist natürlich, dass die Module nicht von Schnee bedeckt sind.
Geringere Verluste durch steilen Winkel
Denn wenn der Schnee auf den Modulen liegt, kann er den Stromertrag beeinträchtigen, besonders in schneereichen Wintern. Die Messungen der letzten sechs Jahre zeigen, dass bei bifazialen Modulen mit einer Neigung von mindestens 60 Grad die durchschnittlichen Ertragsverluste durch Schneebedeckung im Winterhalbjahr weniger als drei Prozent des theoretischen Ertrags ausmachten.
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60 Grad könnte der beste Anstellwinkel sein
Tatsächlich zeigen aber die bifazialen Module mit einem Anstellwinkel von 60 Grad die besten Ergebnisse. Zwischen April 2023 und März 2024 haben diese insgesamt gut 18 Prozent mehr Ertrag geliefert als die im gleichen Winkel angestellten monofazialen Module. Dabei lag der Mehrertrag mit gut 20 Prozent in den Wintermonaten höher als im Sommer. In diesen Monaten lag der Mehrertrag bei fast 16,5 Prozent. Doch selbst dieser Mehrertrag ist erstaunlich hoch, da in den Sommermonaten kein heller Schnee liegt, der viel Licht reflektiert. Mit Blick auf die gesamte Stromproduktion war aber der Sommer besser. In diesen Monaten haben die Module mit 60 Grad Anstellwinkel zwischen 24 und fast 28 Prozent mehr Ertrag geliefert als im Winter.
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Die Module mit einem Anstellwinkel von 30 Grad – hier wurden nur monofaziale Module vermessen – zeigen ganz klar Schwächen im Winter. Denn bei diesem Anstellwinkel rutscht der Schnee schlechter ab. So produzierten sie im Sommerhalbjahr nahezu doppelt so viel Strom als im Winterhalbjahr.
Senkrechte Module im Winter stark
Eine Besonderheit bilden hier die senkrecht Montierten Module. Durch die Neigung von 90 Grad blieben die Ertragsverluste durch den Schnee auf der Oberfläche sogar bei unter einem Prozent. Denn auf diesen Modulen bleibt fast gar kein Schnee liegen. Damit haben sie im Winter die höchsten Erträge aller Module geliefert, blieben in den Sommermonaten hinter den Erträgen der 30 oder 60 Grad angestellten Module zurück. Der Mehrertrag durch die Bifazialität lag durchgängig bei etwa 24 Prozent, also etwas geringer als bei den Module mit einem Anstellwinkel von 60 Grad.
Schneeverluste vernachlässigbar
„Die Verluste durch Schneebedeckung sind bei mehr als 70 Grad geneigten, bifazialen Modulen im alpinen Raum vernachlässigbar“, resümiert ZHAW-Forscher Jürg Rohrer die gesamten Messreihen. Raphael Knecht, Leiter Solar Business bei EKZ, ergänzt: „Bei unseren alpinen Projekten wählen wir steil angestellte, bifaziale Module zur Maximierung des Winterertrages. Die mehrjährigen Erfahrungen der Testanlage bestätigen nun unsere Planung, dass die Verluste durch Schneebedeckung minimiert werden.“
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Langzeitmessung geht weiter
Die jetzt veröffentlichten Daten sind aber nur ein Zwischenergebnis. Die Langzeitmessungen laufen noch bis zum Jahr 2027 weiter, um Langzeiterfahrungen in der alpinen Solarstromproduktion zu sammeln. Die kontinuierlichen Messungen sollen zur weiteren Optimierung der Anlagenkonfigurationen und zur Verbesserung der Erträge unter alpinen Bedingungen beitragen. Denn die Schweiz will mit solchen Anlagen das Problem lösen, dass Solaranlagen in den Tälern und im Flachland im Winter weniger Strom produzieren.
Eine Auswertung der bisherigen Messergebnisse finden Sie auf der Webseite der ZHAW. (su)