Das Ziel ist klar: Bis 2045 soll die Energieversorgung der Bundesrepublik klimaneutral werden. Auch Mobilität und Gebäude müssen dann ohne fossilen Brennstoff auskommen. Als Alternativen stehen Wärmepumpen oder Wasserstoff zur Debatte.
In beiden Fällen bedeutet dies, dass der Strombedarf steigt – entweder zur direkten Nutzung der elektrischen Energie im Fahrzeug und in der Heizung oder für die Wasserstoffelektrolyse. Wie sich die Wärmepumpen im Vergleich zu Wasserstoffheizungen auf das künftige Energiesystem auswirken, haben die Analysten des Beratungsinstituts Prognos im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität untersucht.
20 Prozent flexible Last
Die Analysten gehen dabei von der Steigerung des jährlichen Stromverbrauchs von derzeit 595 auf 1.017 Terawattstunden 2045 aus. Dabei bliebe die unflexible Stromnachfrage wie bisher gleich. Allerdings haben die zusätzlichen Verbraucher das Potenzial der Flexibilität. So rechnet Prognos damit, dass 15 Prozent der Stromnachfrage auf flexible Elektrolyseure entfällt. Weitere fünf Prozent des Stroms fließen in Wärmepumpen, die ebenfalls flexibel gesteuert werden.
Deshalb war eine der Fragen, ob ein massiver Ausbau der Wärmepumpen zu einem zusätzlichen Bedarf an regelbarer Kraftwerksleistung führt. Die Autoren der Studie haben dabei zugrunde gelegt, dass diese regelbaren Kraftwerke mit Wasserstoff betrieben werden, genauso wie die Wasserstoffheizungen. Deshalb war die zweite Frage, für welche Alternative mehr Bedarf an zusätzlicher Photovoltaik- und Windkrafteistung notwendig ist.
500.000 Wärmepumpen sollen ab 2024 pro Jahr installiert werden. Das haben Bundeswirtschaft- und Bundesbauministerium zusammen mit der Wärmewirtschaft, Handwerksverbänden und Gewerkschaften beschlossen.
Wärmepumpen sind im Vorteil
Dazu haben sie ausgerechnet, wie sich die Belastung des Stromsystems entwickelt, wenn von 14 Millionen Wärmepumpen eine Million durch ebenso viele Wasserstoffdirektheizungen ersetzt wird. Das Ergebnis: Der Umstieg auf Wärmepumpen ist besser. Denn wenn der Bestand an Wärmepumpen von 14 auf 13 Millionen Geräte reduziert wird, sinkt der Strombedarf dafür um 4,9 Terawattstunden. Dies hat aber nur geringe Auswirkungen auf die notwendige Residuallast, die von flexiblen Wasserstoffkraftwerken, Bioenergie oder Speichern gedeckt würde. Diese sinkt um 0,2 Gigawatt.
Denn Wärmepumpen brauchen aufgrund der höheren Effizienz weniger Strom als Wasserstoffheizungen für die Bereitstellung der gleichen Wärmemenge. Der Einsatz von Wasserstoffheizungen hingegen führe zu einem deutlich höheren Wasserstoff- und damit auch höheren Strombedarf. Mehr als elf Terawattstunden zusätzlich an Wasserstoff seien notwendig. Der Bedarf an zusätzlicher gesicherter Leistung würde dadurch kaum sinken. Mit mehr Wasserstoff steigt der notwendige Ausbau von erneuerbaren Energien stark an.
Beim Einsatz von Wärmepumpen kann der mit überschüssigem Wind- und Solarstrom hergestellte Wasserstoff in Backupkraftwerken wesentlich effizienter eingesetzt werden als in Wasserstoffheizungen. Die Stiftung Klimaneutralität schlussfolgert aus den Ergebnissen der Studie, dass Wärmepumpen als zentrale Technologie eingesetzt werden sollten, um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen.
Geeignete Steuerung entwickeln
Ein zweiter Grund dafür ist: „Wärmepumpen und andere Strom-zu-Wärme-Anwendungen bieten großes Flexibilisierungpotenzial“, wie die Analysten von Prognos in ihrer Studie schreiben. „Im Dreiklang aus erneuerbarem Strom, flexibler Steuerung und ihrer hohen Effizienz aufgrund der Nutzung von Umweltwärme bietet die Wärmepumpentechnologie optimale Voraussetzungen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung, sowohl auf Einzelobjektebene im Gebäudesektor, als auch in Großanwendungen wie Nah- und Fernwärme oder Industriewärme.“
Die Leistungsmodulation sei bei heutigen Wärmepumpen Standard, sodass mit entsprechender Steuerung auch die Taktung der Wärmepumpe optimiert beziehungsweise minimiert werden könne, betonen die Autoren der Studie. Die Entwicklung einer solchen Steuerung ist das Ziel des Projekts FlexMC. „Es geht in diesem Projekt darum, eine Erweiterung des Smart Meter Gateways auch unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz zu entwickeln, damit wir zu attraktiven Kosten mit kleinen Flexibilitäten zusätzlich das Netz unterstützen können“, erklärt Knut Hechtfischer, Geschäftsführer von Decarbonize.
Das Berliner Unternehmen hat sich auf die Entwicklung von intelligenten Lösungen für den Stromzähler und die Anbindung von Flexibilitäten zur gezielten Steuerung von Stromflüssen spezialisiert.
Stiebel Eltron hat ein Schulungsprogramm für angehende Sanitär- und Heizungstechniker aufgelegt, um die künftigen Fachkräfte in der Planung, Auslegung und Installation von Wärmepumpen zu schulen.
Keinen Strom wegwerfen
Im Projekt FlexMC arbeitet es mit Theben Smart Energy und dem Netzbetreiber 50 Hertz an einer Lösung für die Einbindung von kleinen flexiblen Lasten wie Wärmepumpen und Elektroheizstäben ins Netz. „Das Ziel ist weniger, Systemdienstleistungen zu erbringen, als die Wärmepumpen und Elektroheizstäbe netzdienlich und marktdienlich zu betreiben“, erklärt Hechtfischer.
Denn bisher haben regelbare Kraftwerke das System stabilisiert, indem sie die Erzeugung an die Lastschwankungen angepasst haben. Das wird in Zukunft nicht mehr gehen. Doch wenn die volatil erzeugenden Solar- und Windkraftanlagen keinen Abnehmer für ihren Strom finden oder die Netzkapazitäten erschöpft sind, müssen sie abgeregelt werden. „Damit wir in Zukunft diesen Strom nutzen können und nicht wegwerfen, bieten sich die flexiblen Kleinverbraucher an“, betont Knut Hechtfischer.
90 Prozent der Energieberater werden inzwischen von den Hauseigentümern nach einer Wärmepumpe gefragt. 80 Prozent geben regelmäßig die Empfehlung zur Installation einer Wärmepumpe ab. Das hat die Dena in einer Umfrage herausgefunden. Zum Vergleich: Nur noch 17 Prozent der Hauseigentümer fragen auch nach einem Öl- oder Gasbrennwertkessel und 28 Prozent nach einer Holzpelletheizung.
Über Funk anbinden
Die Projektpartner wollen eine Lösung finden, wie die elektrischen Wärmeerzeuger angesprochen werden können. Es geht dabei nicht um das bloße Ein- und Ausschalten der Geräte, sondern um die netzgerechte Steuerung. Dabei kommen die Steuersignale aus dem Netz, werden an die Geräte übertragen und diese wissen dann, ob sie sich zu- oder abschalten sollen und mit welcher Leistung sie Strom aus dem Netz ziehen können.
Doch so einfach, wie es klingt, ist es nicht. Denn die Messsysteme sind immer noch sehr teuer. Deshalb haben die Partner im Projekt FlexMC auch die Kosten für die Geräte im Blick. „Im Rahmen des Projekts wollen wir eine eichrechts- und regulierungskonforme Gatewayerweiterung spezifizieren, die wir mit Funk anbinden“, sagt der Decarbonize-Chef. Die Funkanbindung ist dabei unter anderem wichtig, damit auch in den oberen Stockwerken der Mehrfamilienhäusern dezentrale elektrische Wärmeerzeuger flexibel gesteuert werden können, auch wenn die eigentliche Netzanbindung im Keller installiert ist. Sie vereinfacht aber auch die Installation und damit senkt sie die Kosten für die Einbindung der Wärmepumpen oder Elektroheizstäbe.
„Das Ziel ist, die Wärmepumpen und Elektroheizstäbe netzdienlich und marktdienlich zu betreiben.“
Spezifikationen definieren
Im Mittelpunkt steht dabei zunächst die Definition von Spezifikationen für eine solche Gatewayerweiterung, um diese dann so mit den Regularien abzustimmen, dass die Geräte netzdienlich betrieben werden können. „Denn jede einzelne Komponente, die dafür notwendig ist, gibt es bereits. Diese müssen wir nicht neu entwickeln. Jetzt geht es darum, diese regelkonform zusammenzubringen“, umreißt Hechtfischer die Aufgabe.
Selbst das ist gar nicht so einfach. Denn bisher sind die Anforderungen an eine solche Steuerung von flexiblen Lasten noch nicht komplett definiert. „Das macht es komplizierter. Denn wenn wir jetzt eine Lösung entwickeln, die dann den künftigen Anforderungen nicht entspricht, funktioniert es nicht. Doch wenn wir heute etwas bauen, das allen möglichen Regelungen entspricht, die festgelegt werden könnten, wäre es nicht wettbewerbsfähig, weil viel zu aufwändig und teuer“, sagt Hechtfischer.
Schließlich muss es sich für die Betreiber der elektrischen Wärmeerzeuger lohnen. Denkbar wäre ein spezieller Tarif, den der Wärmpumpenbesitzer bekommt, wenn er seine Anlage als flexible Last bereitstellt, der dann besonders günstig ist, wenn viel Strom im Netz ist.
Netzentgelte flexibilisieren
Wichtig ist es, keine großen Belastungen für das Stromsystem zu generieren. Schließlich darf es nicht passieren, dass ein Wärmepumpenbetreiber in Süddeutschland sein Gerät startet, wenn an der Nordsee viel Windstrom erzeugt wird. Denn dann kann es notwendig werden, im Süden ein zusätzliches Kraftwerk zu starten, um die steigende Stromnachfrage dort zu decken, ohne dass dies den Windkraftwerken im Norden hilft. „Deshalb darf man dabei Fehlanreize über den Strommarkt nicht verstärken“, warnt Hechtfischer.
Derzeit orientiert sich der flexible Teil des Strompreises an den Kosten am Spotmarkt der Strombörse. Dieser schwankende Preis gilt dann deutschlandweit. Wichtig wäre, die flexiblen Preise auf Regionen zu verschieben Das könnte durch Netz-
entgelte gelingen, die die Bereitstellung der Flexibilität beim Verbrauch dort belohnt, wo der überschüssige Ökostrom produziert wird, um zusätzliche Engpässe zu vermeiden.
Doch dies ist die Aufgabe der Politik. „Wir werden dafür an den technischen Lösungen arbeiten“, erklärt Knut Hechtfischer. Dann können auch die Wärmepumpen ihre Möglichkeiten voll ausspielen, das Netz der Zukunft mit zu stützen.
„Im Rahmen des Projekts wollen wir eine eichrechts- und regulierungskonforme Gateway-Erweiterung entwickeln, die wir mit Funk anbinden.“