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Das Energie-Duo für die Zukunft

Aufmerksamen Besuchern der diesjährigen Fachmesse E-World Energy & Water, der zuletzt mit über 820 Ausstellern und 20.000 Teilnehmer:innen wichtigsten Messe für den traditionellen Energiesektor, dürfte in der zweiten Maihälfte in Essen ein Novum nicht entgangen sein: Erstmals präsentierten sich ein Hersteller von Blockheizkraftwerken (BHKW) und ein Interessensverband für erneuerbare Energien gemeinsam an einem Stand: Und zwar die 2G Energy AG, die hierzulande zu den führenden BHKW-Herstellern zählt, und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW). Ein Irrtum? Ein Marketing-Gag? Nein, eine ganz bewusste Entscheidung! Denn Blockheizkraftwerke sind effiziente Kraftwerke, die basierend auf der Kraft-Wärme-Kopplungstechnik (KWK) Strom und Wärme gleichzeitig erzeugen. Den BHKW-Motoren ist es per se egal, mit welchem Brennstoff sie befeuert werden. Heute ist es oft noch Erdgas - aber vor allem auch umweltfreundliches Biogas, morgen mit wachsender Dominanz grüner Wasserstoff, der vollständig auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wird.

Dezentral und effizient durch KWK

Die heimische Energielandschaft und der dazugehörende Kraftwerkspark sind im Umbruch: Die Zeit großer Kraftwerke für die Stromerzeugung auf der grünen Wiese geht zu Recht zu Ende, parallel wächst die Bedeutung von dezentralen Erzeugungstechniken wie die Kraft-Wärme-Kopplung. In der Tat hat sich die KWK-Technologie im Lauf der zurückliegenden Jahre zum Synonym für eine dezentrale und effiziente Energieversorgung entwickelt. Egal, ob mit mehreren Megawatt zur Einspeisung in Wärmenetze oder zur Energiekostenreduzierung in der Industrie beziehungsweise Versorgung von Wohn- und Industriegebäuden mit wenigen hundert Kilowatt – die KWK leistet einen verlässlichen Beitrag und lässt sich zudem, wie schon beschrieben, mit einer Vielzahl unterschiedlicher Brennstoffe betreiben.

Die Kraft-Wärme-Kopplung ist nicht nur eine ausgereifte Technologie, sondern – leicht prosaisch ausgedrückt – ein Teamplayer. sie macht absolut Sinn – je nach Gegebenheiten vor Ort zusammen mit Photovoltaik, mit Wind, Brennstoffzelle oder Wärmepumpe. Ein Beispiel zur besseren Illustration: Ein Wohnquartier mit etwa 40 Wohnungen kann mit dezentraler Energie aus Solarstrom, Wärmepumpen und KWK sicher versorgt werden. Dazu muss man wissen, dass Wärmepumpen bei einer geringeren Außentemperatur als fünf Grad an Effizienz verlieren können. Wenn es also draußen richtig kalt wird, kann vor allem die Kraft-Wärme-Kopplung ihre Vorteile ausspielen und gleichzeitig Strom produzieren, wenn im Winter der Solaranlagenbetrieb kaum stattfindet. Damit können dann auch die Wärmepumpen mit Strom versorgt werden.

Für Synergien kombinieren

Apropos Solarenergie: Die Pläne der Ampelregierung sehen eine Verdreifachung der heute installierten Solarstromleistung von rund 70.000 Megawatt bis Ende dieser Dekade vor, die Kapazität der Windenergie an Land soll im gleichen Zeitraum verdoppelt werden. Es ist absehbar, dass es bereits in wenigen Jahren zu einer hohen Überschussproduktion der Erneuerbaren im Sommer dank der immensen Solarstromeinspeisung, aber auch zu vermehrten Starkwindzeiten kommen wird. Nicht zu vergessen sind die noch ungenutzten durchaus beträchtlichen Potenziale bei der Biomasse-Verstromung, wenn endlich biogene Reststoffe aus den Biotonnen, der Landwirtschaft oder Klärschlämme in Biogasanlagen eingesetzt würden.
Die Frage wird sein, wie soll all dieser Ökostrom sinnvoll genutzt werden? Es wird energiewirtschaftlich geboten sein, diese Überschüsse via Elektrolyseure zum einen in Power-to-Heat-Anlagen direkt in Wärme aber auch in grünen Wasserstoff umzuwandeln. Keine Frage, der Windstrom lässt sich in den Wintermonaten gezielt - auch dank der KWK-Technologie – in Wärmepumpen einsetzen. Wärmepumpen können bekanntlich Strom hocheffizient in Wärme wandeln. Die Wärmepumpe ist einer der größten Hoffnungsträger, um die dringend benötige Dekarbonisierung des Wärmemarkts effektiv voranzutreiben. Wohingegen bis vor kurzem jedoch häufig eine „Entweder-oder-Diskussion“ stattfand, machen inzwischen immer mehr Projekte deutlich: Die effizienteste Lösung ist eine Kombination aus Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmepumpe. Der größte Synergieeffekt bei diesem „Kombi-Kraftwerk“: Die KWK-Anlage unterstützt den Betrieb der Wärmepumpe immer genau dann, wenn nicht ausreichend erneuerbare Energien im Netz zur Verfügung stehen.

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Terawatt-Stunden
betrug 2021 die Nettostromerzeugung der KraftWärme-Kopplung in Deutschland nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen.

Dezentrale Blockheizkraftwerke haben im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien ihre beste Zeit noch vor sich – insbesondere dank des steigenden Einsatzes von grünem Wasserstoff.

Das zeigt sich beispielhaft beim Projekt „Neue Weststadt“ im schwäbischen Esslingen am Neckar. Die Planer des dortigen Projekts haben es sich zum Ziel gesetzt, die über 500 Wohnungen, einige Ladenlokale, ein Bürohochhaus und einen Campus für etwa 1.800 Studierende klimaneutral mit Strom und Wärme zu versorgen. Getreu dem Motto Efficiency First steht dabei zunächst im Vordergrund, den Energiebedarf möglichst gering zu halten. Dennoch verbleibt auch bei einer Vielzahl von Energieeffizienzmaßnahmen noch eine Residualleistung, die es klimaneutral zu decken gilt.

Deshalb wird in der Umgebung regenerativ erzeugter Strom von einem unterirdisch aufgestellten Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt und kann bei Bedarf von einem Blockheizkraftwerk, das das LEE-NRW-Mitgliedsunternehmen 2G Energy geliefert hat, wieder als Strom und Wärme genutzt werden – eine lokale Sektorkopplung. Zusätzlicher Effizienzvorteil der Anwendung: die beim Elektrolyseprozess anfallende Abwärme mit einem Temperaturniveau von circa 55 Grad Celsius trägt zur Deckung des Grundwärmebedarfs in Form von Heizen und Warmwasserbereitung bei.

Elektrifizieren des Wärmesektors

Auch in der Industrie ist es gerade die KWK, die innovative, gesicherte Energiekonzepte überhaupt erst ermöglicht. Das Unternehmen Planet Biogas Group aus dem münsterländischen Gescher plant, entwickelt und konstruiert mit derzeit rund 300 Mitarbeitern Biogasanlagen für die Landwirtschaft und Industrie. Beim Bau der neuen, 2022 eröffneten Firmenzentrale legten die Verantwortlichen besonderen Wert auf die Energieversorgung, die zugleich sicher, wirtschaftlich und regenerativ sein sollte. Die nach vielen Gesprächen konzipierte Energiezentrale besteht aus einer PV-Anlage mit 295 Kilowatt (kW), einem 160-Kilowattstunden-Batteriespeicher, geothermischen Erdwärmesonden, einer Wärmepumpe mit 85 kW thermischer Leistung und einem 10.000-Liter-Wärmespeicher. Abgerundet wird das Energiekonzept durch eine KWK-Anlage, 50 kW elektrisch und 100 kW thermisch, die mit einer Jahreslaufzeit zwischen 1.600 und 2.000 Betriebsstunden, insbesondere in den Wintermonaten die benötigte Leistung des Industriebetriebs zu jedem Zeitpunkt absichert. Dank der BHKW-Installation konnte Planet problemlos 18 E-Ladesäulen am neuen Standort zu installieren, da kein weiterer Netzausbau im Industriegebiet nötig wurde. Die KWK-Technologie trägt somit unmittelbar zum Erreichen der hohen Ziele beim Ausbau der Elektromobilität und der Elektrifizierung des Wärmesektors bei, ein gelungenes Beispiel für Sektorenkopplung. Solche positiven Projekte wird es immer mehr geben – schon allein die bevorstehende kommunale Wärmeplanung, die es demnächst in großem Maßstab gibt, wird dafür sorgen. Deshalb wird es viel öfter zum Zusammenspiel von KWK-Technik und erneuerbaren Energien kommen.

Christian Mildenberger,
Geschäftsführer Landesverband Erneuerbare Energien NRW

Foto: Jochen Tack / LEE NRW

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