ERNEUERBARE ENERGIEN: Was würden Sie sich als Servicedienstleister eines Turbinenherstellers von der Seite der herstellunabhängigen Servicefirmen wünschen und umgekehrt?
Brandt: Ganz normalen und sportlichen Wettbewerb. Dabei wünsche ich mir in allen Bereichen außer im Service, dass der Hersteller ganz, ganz ordentlich performt.
Von Bobart: Im Prinzip das Gleiche: fairen Wettbewerb. Der erhöht den Kundennutzen, sorgt für Innovationen und Engagement auch auf Herstellerseite. Das tut auch den Stromerzeugungskosten gut. Und es ist ja unser gemeinsames Ziel, die nach unten zu drücken.
Wie sieht es denn mit der Kulanz aus, die von vielen Betreibern erwartet wird? Ist dafür noch Platz?
Schomakers: Von uns Unabhängigen wird in Bezug auf Kulanz weniger erwartet als von einem Herstellerservice. Wir stehen dafür grade, wenn wir einen Fehler gemacht haben. Wir sind aber nicht so kulant, dass wir unsere Leistungen verschenken. Was erbracht wird, soll bezahlt werden.
Essiger: Keiner von uns ist in diesem Geschäft, um Geschenke zu machen, aber auf der anderen Seite müssen auch die Hersteller dafür grade stehen, wenn sie Fehler begangen haben.
Die ersten Optimierungen werden oft recht bald nach der Windparkerrichtung angeboten. Haben die Anlagen Mängel?
Bobarth: Die Anlagen werden generell für eine bestimmte Zone entwickelt, so dass schon Möglichkeiten bestehen zu optimieren, wenn die Standortverhältnisse besser bekannt sind. Ob da zwei Jahre reichen, weiß ich nicht. Die aktuellen Anlagen aller Hersteller sind ausgereift. Standort- und klimaspezifische Optimierungen, wie wir sie mit TPO oder Power-Up anbieten, verlangen eine umfangreiche Datenanalyse. Andere Anbieter, die nicht die Herstellerkenntnisse haben, speziell wenn es kurz nach Inbetriebnahme der Anlage ist, dürften sich schwer tun, wirklich seriöse Optimierungen anzubieten.
Brandt:. Auch hier gibt es zahlreiche Gegenbeispiele Rotorblatt, Tribologie, Hydraulik, Umrichter und viele weitere Spezialbereiche sind häufig Spezialdisziplinen für kleinere Unternehmen, die dort Optimierungen forcieren. Ob die Optimierungen immer sinnvoll sind, das ist eine technisch-ökonomische Abwägung. Zwei Drittel lohnen sich wohl ökonomisch nicht. Klar ist das oftmals technisch sinnvoll, an seiner Windenergieanlage was dranzubauen, aber das lohnt sich nicht immer. Rund ein Drittel ist ökonomisch sinnvoll, aber das muss individuell geprüft werden.
Essiger: Was ich sehe, sind mittlere Zeiträume von ca. fünf Jahren nach der Errichtung, in denen sich das Design der Anlagen verbessert hat. Und da profitieren Bestandsanlagen von Upgrades, die nachträglich verbaut werden können, die bei neuen Anlagen serienmäßig eingesetzt werden.
Die Frage ist ja, wie der Service dem Betreiber zu ein bisschen mehr Ertrag verhelfen kann.
Schomakers: Wir gehen der Frage nach, kann man dort eine Ertragssteigerung erzielen? Es geht aber eigentlich mehr darum, wie die technische oder energetische Verfügbarkeit erhöht wird. Dahin geht der Trend. Wir versuchen nicht nur technisch, sondern auch energetisch den besten Ertrag rauszuholen. Entsprechend planen wir das Service-Intervall und die Serviceeinsätze. Wenn man in Richtung 100 Prozent Verfügbarkeit will, dann wird das teuer. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt dann nicht mehr.
Von Bobart: Die Diskussion über 97 oder 98 Prozent verwirrt nur. Reden Sie über produktionsbasierte Verfügbarkeit oder absolute Kilowattstunden? Die fossile Kraftwerksbranche beschäftigt sich seit Jahren mit Verfügbarkeitsdefinitionen. Insofern machen wir uns von der reinen Zahl frei. Zählen Sie die Kilowattstunden, dann haben Sie den Kundennutzen. Das zählt. Da liegt die Zukunft.
Schomakers: Wenn bei einer getriebelosen Anlage die Heizung angeht, weil die Anlage wegen eines Fehlers ein paar Stunden gestanden hat, und der Generator erst aufgeheizt werden muss, dann gilt die Anlage als verfügbar. Wenn sie aber vorher nicht gestoppt hätte, wäre die Heizung nicht angesprungen. Und so hat man bei jedem Hersteller gewisse Zeiten, die man dort mit Fragezeichen bewerten muss. Wir haben lieber Verträge, in denen wir Basispreise und einen Bonus haben.
Essiger: Verbreitet sind Modelle, die einen gewissen variablen Anteil in der Vergütung enthalten. Wo der Instandhalter profitiert, wenn die Anlage einspeist. Das ist nicht nur eine Messung der Verfügbarkeit, sondern dass der Hersteller einen Teil des Windrisikos übernimmt. Dieses bringt dem Betreiber mehr als eine energetische Verfügbarkeit.
Wo haben beide Seiten ihre Schwächen?
Schomakers: Der Hersteller hat die Anlage entwickelt, hat die Lasten individuell für die Anlage kalkuliert, hat auch die Steuerungssoftware programmiert. Hier kommt der Unabhängige an seine Grenzen. Er kann zwar die Parameter optimieren, kennt aber nicht von vornherein die Lastannahmen im Detail. Er muss Ingenieurdienstleistungen einkaufen, um diese für bestimmte Fälle zu ermitteln. Wenn es aber um Alternativreparaturen geht, günstige Reparaturen – darum, Upgrades zu machen: Da ist der unabhängige Dienstleister ab und zu im Vorteil. Dem Turbinenhersteller fällt die Entscheidung für oder gegen Upgrades schwerer, weil das für ihn mit Serieneffekten zu tun hat, mehr Leute mitentscheiden, ein längerer Validierungsprozess stattfindet.
Das Gespräch führten Tilman Weber und Nicole Weinhold