Der Bundesverband Solarenergie (BSW Solar) hat eine Studie über den Solarmarkt in Nigeria veröffentlicht. Zusammen mit den Beratungsunternehmen Eclareon und Gopa International Energy, die sich auf den Bereich erneuerbare Energien spezialisiert haben, sowie der Delegation der deutschen Wirtschaft in Nigeria (AHK Nigeria) haben die Experten des BSW Solar die Voraussetzungen vor allem für die Photovoltaik in dem westafrikanischen Land untersucht. „Wir zeigen auf, wie der stark steigende Energiebedarf der größten Volkswirtschaft Subsahara-Afrikas zu größeren Teilen mit sauberem Solarstrom zu decken ist“, umreißt David Wedepohl, Geschäftsführer Internationales beim BSW Solar, den Inhalt der Studie.
Ballungszentren versorgen und Dieselgeneratoren ersetzen
Er betont, dass Nigeria prädestiniert für Photovoltaik und Solarthermie ist. Neben den im Land vorhandenen Fachkräften – immer wieder ein Nadelöhr bei der Entwicklung der Solarenergie, sind es vor allem die Einstrahlungswerte, die die Solarenergie zur perfekten Stromquelle machen. Immerhin liegen diese selbst im Süden des Landes mit über 1.600 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr noch weit über den durchschnittlichen Werten in Deutschland. Im Norden schickt die Sonne immerhin jedes Jahr bis zu 2.200 Kilowattstunden Energie auf jeden Quadratmeter.
Schon die Deutsche Energieagentur (Dena) hat in ihrer Studie über den Energiemarkt in Nigeria ausgerechnet, dass mit der Photovoltaik jeden Tag über 434 Terawattstunden Strom erzeugt werden könnten, wenn nur ein Prozent der Staatsfläche dafür genutzt würde. Das ist das 17fache des derzeitigen Stromverbrauchs in Nigeria. „Die zuverlässige und dezentral einsetzbare Photovoltaiktechnologie hat das Potenzial, in Ballungszentren mit extrem anfälligen Elektrizitätsnetzen die Stromversorgung sicherzustellen und Dieselgeneratoren zu ersetzen“, beschreibt David Wedepohl die Chancen für die Solarwirtschaft, aber auch für das Land. „In den netzfernen Regionen kann Photovoltaik auch dem großen Teil der Bevölkerung Elektrizität bringen, der bis heute keine Stromversorgung hat – die Elektrifizierungsrate liegt bei nur 59 Prozent.“
Gute Möglichkeiten für Inselanlagen
Das bedeutet konkret, dass der potenzielle Markt für netzferne Systeme und Inselanlagen für Wohnhäuser und lokale Minigrids mit einer Leistung zwischen 10 und 250 Kilowatt groß ist. Dazu kommt noch die Versorgung ganzer Ortschaften und Unternehmen, vor allem im Bereich Bergbau, mit Hybridanlagen – einer Kombination aus vorhandenen und neuen Dieselgeneratoren mit Photovoltaik – mit einer Leistung zwischen 100 Kilowatt bis 1,5 Megawatt. Allerdings bedeutet das für die Projektierer auch, dass sie Photovoltaiksysteme errichten müssen, die die komplexen Anforderungen intelligent erfüllen. Denn dann muss die Stromerzeugung an das Verbrauchsprofil angepasst werden. Komplexe Steuerungen müssen die Aufgabe übernehmen, dass einerseits der Strom zuverlässig fließt und andererseits in Hybridsystemen so wenig wie möglich Diesel benötigt wird. Dazu müssen die einzelnen Komponenten des Systems gut aufeinander abgestimmt werden.
Wirtschaftlichkeit detailliert berechnet
Aber auch einfache Anlagen wie große Solarkraftwerke mit Leistungen zwischen 25 und 50 Megawatt und große Systeme zur Netzeinspeisung, die zwischen einem und fünf Megawatt leisten, braucht das Land. In der Studie beschreiben die Autoren detailliert und mit Hilfe von konkreten Beispielen die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen. Grundlage dafür sind genaue Investment- und Cash-Flow-Berechnungen. In den Wirtschaftlichkeitsberechnungen haben die Autoren aber auch berücksichtigt, welche Auswirkungen beispielsweise veränderte Strompreise oder Zinssätze haben.
Das Image aufpolieren
Allerdings bedarf es noch einiger Aufklärungsarbeit. „Als der BSW Solar das erste Mal nach Nigeria kam, haben wir die Erfahrung gemacht, dass Photovoltaik als Technologie nicht erklärungsbedürftig war. Allerdings hat Solarenergie aufgrund schlechter Erfahrungen der Bevölkerung ein ramponiertes Image“, erinnert sich David Wedepohl. „Viele kreative Nigerianer und nicht zuletzt die deutschen Firmen und ein ganzes deutsch-nigerianisches Netzwerk im Land arbeiten daran, dieses Image zu verbessern.“ So haben Deutsch-Nigerianische Außenhandelskammer, die Deutsch-Nigerianische Energiepartnerschaft und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie die nigerianischen und deutschen Verbände der Solarbranche REAN und der BSW Solar unter anderem eine Qualifizierungsinitiative für Solarteure gestartet.
Energiemarkt analysiert
Ergänzt wird die Studie durch eine umfangreiche Analyse des nigerianischen Elektrizitätsmarkts sowie durch eine umfassende Darstellung der politischen und technischen Randbedingungen für die Installation von Photovoltaikanlagen. Somit bieten die Studie und die Initiative eine gute Informationsbasis und Hilfestellung für Investoren und Techniker, um vor Ort den Photovoltaikmarkt voranzubringen. (Sven Ullrich)