Katharina Wolf
Offshore-Windparks liefern einen immer größeren Anteil unserer Stromverbrauchs: Fast 17 Milliarden Kilowattstunden waren es in den ersten neun Monaten 2019 laut aktuellen Zahlen des Zentrum für Sonnenenergie‐ und Wasserstoff‐Forschung Baden‐Württemberg (ZSW). Und das bei einer installierten Leistung von knapp 6,7 GW, wie die Deutsche Windguard zum Stichtag 30. Juni dieses Jahres ermittelte.
Wakes machen den Windturbinen zu schaffen
Der Ausbau der Offshore-Windenergie soll weitergehen, doch die Fläche, die für Windenergienutzung in Nord- und Ostsee zur Verfügung steht, ist begrenzt. Deshalb werden die Windparks meist in Windparkclustern, gebaut. Solche Cluster können aus mehreren hundert Windturbinen bestehen. Im Windschatten hinter den Anlagen entstehen Nachlaufströmungen mit geringeren Windgeschwindigkeiten und stärkeren Turbulenzen, auch Wakes genannt. Stromaufwärts wird der Wind durch Vorstaueffekte reduziert. Anlagen, auf die der Nachlauf trifft, können daher weniger Energie konvertieren und stärker belastet werden - die Turbinen erzeugen weniger Strom und können Schaden nehmen.
Weil sich diese Wakes - abhängig von den atmosphärischen Bedingungen - mehr als 50 Kilometer lang erstrecken können, ist jetzt am Fraunhofer IWES das Forschungsprojekt „Interaktion der Nachläufe großer Offshore-Windparks und Windparkcluster mit der marinen atmosphärischen Grenzschicht“ gestartet.
Ziel des Projekts ist bessere Ertragsvorhersage für künftige Projekte
„In unserem Forschungsprojekt wollen wir diese Nachläufe und andere kumulative Effekte, wie den „Global Blockage Effekt“, genauer untersuchen und herausfinden, wie sich die Windparkcluster gegenseitig beeinflussen und welche Auswirkungen ein großflächiger Ausbau der Offshore-Windparks auf die zukünftigen Windverhältnisse haben wird“, sagt Projektkoordinator Dr. Martin Dörenkämper vom Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES. „Mit den Messergebnissen des Projekts wollen wir unsere Computermodelle weiterentwickeln, um mit diesen die Erträge der Windparks für künftige Ausbauszenarien unter realistischen Bedingungen vorhersagen zu können.“
Die Wissenschaftler arbeiten dabei mit einer Kombination aus sich ergänzenden Methoden. Stationäre Messungen an verschiedenen Standorten in der Deutschen Bucht, z.B. auf Windenergieanlagen, Konverterstationen und den FINO-Langzeitbeobachtungen, liefern kontinuierlich meteorologische Daten. Mit Hilfe von satellitenbasierten Fernerkundungsdaten wird die Ausdehnung der Nachläufe großflächig analysiert. „Außerdem liefern Messkampagnen mit einem Forschungsflugzeug in geringer Flughöhe hochaufgelöste meteorologische Daten“, erklärt die wissenschaftliche Sprecherin des Verbundprojektes, Dr. Astrid Lampert von der Technischen Universität Braunschweig.
Neben dem Fraunhofer IWES und der Technischen Universität Braunschweig sind fünf weitere Forschungspartner im Verbundprojekt beteiligt: das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Oldenburg mit dem Zentrum für Windenergieforschung (ForWind), die Universität Tübingen, das Helmholtz-Zentrum Geesthacht sowie die UL International GmbH. Das Projekt läuft über drei Jahre.