Das Bundeswirtschaftsministerium hat gerade aktualisierte Energiedaten veröffentlicht. Darin fällt einmal mehr ins Auge, was lange schon Thema in Deutschland ist: Der Strompreis für Privathaushalte gehört zu den höchsten in Europa. Nur Dänemark liegt mit knapp 30 Cent pro Kilowattstunde darüber. Just steht wieder einmal die Frage im Raum: Können wir uns die Energiewende leisten? Peter Heindl, Wissenschaftler im Forschungsbereich Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, merkt dazu an: "Hohe Energiepreise belasten vor allem ärmere Haushalte.“ Damit die Energie- und Klimapolitik in Deutschland langfristig tragfähig bleibt, müsse künftig stärker als bisher auf Kosteneffizienz und soziale Ausgewogenheit geachtet werden. „Nur durch die faire Verteilung von Lasten kann Klimaschutz und Teilhabe am Wohlstand für alle gelingen." Entsprechende Studien: https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2014/heft/7/beitrag/ist-die-energiewende-sozial-gerecht.html und http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp15012.pdf.
Sozial ausgewogen
Dazu muss man sagen, dass Herr Heindl Recht hat. Sozial ausgewogen sind derweil die wenigsten Dinge im Leben und auf der ganzen Welt. Natürlich ist es ein großes Fass, das geöffnet wird, wenn ich an dieser Stelle von Flüchtlingen anfange. Dennoch: Diese leiden unter anderem auch Not in ihrem Land, weil das Klima sich verändert hat. Weil Trockenheit, Stürme und Überschwemmungen ihre Armut verstärken. Die Energiewende ist in diesem Sinne ein kleines Stück Gerechtigkeit für die Welt. Sie zeigt beispielhaft den Weg auf in Richtung Klimaschutz, den die Industriestaaten jetzt beschreiten müssen. So wie sie zuvor angefangen haben, die fossilen Energien zu verfeuern und damit das Weltklima aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die Rede ist hier also von zwischenstaatlicher Gerechtigkeit. Meiner Meinung nach sollte man hier nicht zu kurzsichtig sein und sich vergegenwärtigen, dass der Kurs in Richtung erneuerbare Energien Weltgerechtigkeit schafft. Dennoch bleibt die Energiewende eine Herkulesaufgabe.
Und damit zurück zu den deutschen Energiepreisen. Dass hohe Energiepreise besonders ärmere Haushalte belasten, ist ein altes Argument gegen die EEG-Vergütung. Hartz-4-Empfänger erhalten zwar einen Regelsatz für Strom. Weil aber die Strompreise in den letzten Jahren enorm gestiegen sind, deckt der Regelsatz diese nicht mehr vollständig ab. Der Paritätische Gesamtverband fordert daher eine Reform zur Entlastung der Arbeitslosen. Das finde ich durchaus angemessen.
Stromintensive Industrie nicht länger schonen
Gleichzeitig muss noch einmal daran erinnert werden, dass die stromintensive Industrie trotz aller Kritik auch vonseiten der EU weiterhin auf Kosten der Haushalte – auch der ärmsten – von einer Beteiligung an der EEG-Umlage befreit ist. Zugespitzt heißt das: Der Hartz-4-Empfänger muss für Mercedes mitbezahlen. Und noch ein weiteres Thema möchte ich in diesem Zusammenhang ansprechen. Die Daten des Bundeswirtschaftsministeriums laden dazu ein: Steigende Strompreise sind als Feindbild gesetzt. Dafür haben die entsprechenden Strippenzieher gesorgt.
Unmerklich sind derweil alle anderen Energiekosten sogar stärker oder genauso stark gestiegen (Abbildung oben). Heizkosten, Spritzpreise, alles wurde teurer. Aber diese Tatsache ist stillschweigend akzeptiert worden. Die meisten Menschen wissen nicht einmal, wie viel sie für Energie ausgeben.
Eines steht fest: Sie geben viel dafür aus. Aber sie verbrauchen auch viel. Das zeigt der Vergleich mit anderen Nationen (Abbildung oben). Offenbar geht es uns gut genug, dass wir unseren Energieverbrauch bisher nicht senken wollten. Denn durch einen sinkenden Verbrauch lassen sich schließlich Kosten sparen.
Abschließend bleibt noch zu sagen, dass ich dem ZEW voll und ganz zustimme: Kosteneffizienz muss gegeben sein bei der Energiewende. Nur hat die Bundesregierung bereits seit 2011 jeglichen Überförderungen der erneuerbaren Energien durch knallharte Einschnitte beim Erneuerbare-Energien-Gesetz einen Riegel vorgeschoben. Zahlreiche Unternehmen sind Pleite gegangen, große Sprünge können heute nur noch wenige Regenerativunternehmen in Deutschland machen. (Nicole Weinhold)