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Worauf Planer achten sollten bei Ertragsprognosen

Banken verlangen von Planern für ihre Projekte Ertragsgutachten, die bestimmten Ansprüchen genügen müssen. Die fünf wichtigsten Aspekte, auf die zu achten ist, verrät Dominik Adler.

1. Genug Zeit einplanen

So erfreulich wie die Beschleunigung in der Energiewende in Deutschland ist, so bringt es doch für Windkraftprojektierer und Fachgutachter neue Herausforderungen im Projektablauf mit sich. Bearbeitungszeiten der einheimischen Windgutachterbüros, für die der Finanzierung von Windenergieanlagen zugrundeliegenden Wind- und Ertragsgutachten sind mittlerweile um ein Vielfaches länger als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war. Wartezeiten von mehreren Monaten sind die Regel. Dies macht es für die Planer notwendig, sich rechtzeitig um die Beauftragung der entsprechenden Ertragsprognosen zu kümmern. Planer haben teilweise darauf bereits reagiert und sichern sich frühzeitig Slots für die Bearbeitung. Herausfordernd bleiben dabei unvorhergesehene Verzögerungen im Planungsprozess, sodass dem Windgutachter zum anvisierten Start der Bearbeitung nicht alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt werden können und spätere Nachträge nach Erhalt der Genehmigung die Regel sind. Dennoch kann mit einem frühzeitigen Start der Arbeiten eine Grundlage geschaffen werden, auf der zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgebaut und damit schneller das finale Windgutachten erstellt werden kann. Was also bei naturschutzfachlichen Fragestellungen schon länger der Fall war, gilt nun auch für Ertragsprognosen – genug Zeit einplanen und frühzeitig beauftragen!

2. Konformität der Winddatenbasis klären

Banken oder potenzielle Käufer von entwickelten Windenergieprojekten stellen gewisse Anforderungen an die Qualität der erstellten Ertragsprognosen. Die zentrale Richtlinie, nach der die Windgutachten bewertet werden, ist in Deutschland die Technische Richtlinie Teil 6 (TR6) der FGW. Diese Richtlinie wird aktiv fortgeschrieben und wurde im letzten Jahrzehnt im Mittel etwa alle drei Jahre revidiert. Verbunden waren damit Klarstellungen inhaltlicher Natur, Vereinheitlichung von Verfahren und methodische Weiterentwicklungen. Da Banken in der Regel nach aktueller Revision erstellte Windgutachten verlangen werden, sollten Planer beachten, dass Ertragsprognosen eine gewisse Halbwertszeit aufweisen. So kann es zum Ende der Planungszeit durchaus vorkommen, dass die Windgutachten noch einmal aktualisiert werden müssen. Dies konterkariert zum Teil frühzeitige Beauftragungen. Der Umfang an Neuerungen, die eine Revision mit sich bringt, ist nicht immer gleich. Mit der aktuellen Revision 12 der TR6, die im November 2023 in Hamburg verabschiedet wurde, wurde unter anderem eine einheitliche Kann-/Soll-/Muss--
Regelung eingeführt, die definierte Konsequenzen bei Abweichungen von der Richtlinie mit sich bringt. Ebenfalls haben sich die Anforderungen an die für die Modellvalidierung notwendigen Referenzdaten, Erträge bestehender Wind-
energieanlagen oder Windmessungen, verändert. So wird zum Beispiel die erlaubte horizontale Entfernung der Referenzdaten auf Basis eines von der FGW entwickelten Komplexitätsmaßes T-RIX berechnet. Die Bedingungen am Standort der geplanten Wind-
energieanlage und der Referenzdaten bestimmen danach die erlaubte Entfernung. Da konforme Vergleichsdaten notwendige Grundlage der Ertragsprognosen darstellen, sollte der Planer frühzeitig prüfen lassen, ob für sein Windenergieprojekt für eine konforme Gutachtenerstellung verfügbare Referenzdaten schon vorliegen oder noch eine Windmessung am Standort nötig ist. Eine solche kann inklusive Planungszeit gerne 12 bis 18 Monate dauern und muss entsprechend früh angestoßen werden, damit die Ertragsdaten dem Windgutachter rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden können.

3. Unsicherheiten minimieren

Mit dem deutschlandweiten Ausbau der Wind-
energie steigt auch die Anzahl der Standorte, die hinsichtlich der Orographie und Landnutzung komplexere Bedingungen aufweisen als küstennahe oder Flachlandstandorte mit im Vergleich gleichförmigerem Windaufkommen. Damit einher gehen gestiegene Anforderungen an die von den Windgutachtern verwendeten Windfeldmodelle, die die Windbedingungen vom Standort der Referenzdaten auf die geplanten Standorte übertragen. Da eine größere Unsicherheit in der Ertragsprognose negative Auswirkung auf die Finanzierungskonditionen oder einen verringerten Verkaufspreis des Windenergieprojekts bewirken, sollten Planer darauf achten, diese im Rahmen der Möglichkeiten zu minimieren. Neben der Durchführung einer Windmessung gelingt dies, indem sie Windgutachter mit der Verwendung von CFD-Modellen wie FITNAH-3D, Meteodyn oder WindSim beauftragen, die in komplexen und waldreichen Standorten ihre volle Stärke ausspielen können.

4. Mehrere Windgutachter beauftragen

In Deutschland existieren knapp 30 akkreditierte Windgutachterbüros und darüber hinaus einige weitere Firmen, die sich auch ohne Akkreditierung zur Einhaltung der TR6 bei der Erstellung von Windgutachten verpflichtet haben. Methoden und Verfahren können variieren und damit zu Unterschieden in den Ergebnissen führen. Planer sollten Abweichungen als Indikator für größere Projektrisiken betrachten und sie nicht per se verdammen. Zwei oder besser drei Ergebnisse unterschiedlicher Büros mit für das Gelände geeigneten, unterschiedlichen Windfeldmodellen geben ihnen stattdessen eine realistische Spannweite für das zu erwartende Ertragspotenzial.

5. Klimawandel und -variabilität beachten

In Deutschland noch stiefmütterlich behandelt, wird international verstärkt der Einfluss des Klimawandels auf das Ertragspotenzial der geplanten Windenergieanlagen untersucht. Dies ist insofern wichtig, als dass von Betriebsperioden von zum Teil mehr als 30 Jahren ausgegangen wird. In diesen zeigen Klimaszenarien Änderungen in zentralen, energierelevanten Parametern auf - wenn auch mit größeren Unsicherheiten behaftet. Planer sollten bedenken, dass Klimawandel und Klimavariabilität die Rendite und den Cashflow ihrer Projekte signifikant beeinflussen können. Idealerweise lassen sie die möglichen Einflüsse im Vorfeld bewerten und planen einen entsprechenden finanziellen Puffer beim Betrieb der Windenergieanlagen ein. Linderung dieser Unsicherheit bewirkt in Deutschland das Vergütungssystem, das schlechtere Erträge als erwartet über die Bestimmung der Standortgüte nach Inbetriebnahme regelmäßig zumindest ein Stück weit ausgleicht. 

Bearbeitungszeiten der einheimischen Windgutachterbüros sind mittlerweile um ein Vielfaches länger als vor wenigen Jahren noch.

Eine Unsicherheit in der Ertragsprognose hat eine negative Auswirkung auf die Finanzierungskonditionen. Planer sollten diese möglichst minimieren.

Dominik Adler
Prokurist / Abteilungsleiter Windanalytik, GEO-NET Umweltconsulting GmbH

GEO-NET

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