Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Daten gut, Projekt gut

Tilman Weber

Due Diligence heißt das Prüfverfahren, das die Sorgfaltspflicht im Wirtschaftsverkehr auch für Windparks an Land erfüllen lassen soll. Richtig gemacht, lässt es den Job von Investoren und Betreibern noch sicherer sein, wie im Online-Seminar „Technische und wirtschaftliche Due Diligence von Windparks“ des Bundesverbandes Windenergie am 22. September zu lernen ist. Es informiert über Projektbewertung, technische Projektrisiken und wirtschaftliche Bewertung von Windparks an Land. Seminarreferent Peter Spengemann sagt im Interview, wie die größten Projektrisiken hierdurch zu beherrschen sind.

Windparks an Land zu projektieren, erschien in den vergangenen Jahren ausweislich der guten Geschäftszahlen der Projektierungsunternehmen als sicherer lukrativer Job. Welche neuen Instrumente und Werkzeuge sind dafür verantwortlich?

Peter Spengemann: Ob verbesserte Instrumente der Due Diligence verantwortlich waren, kann ich nicht sagen. Entscheidend war natürlich, dass die Nachfrage nach Projekten und Investitionsmöglichkeiten in den letzten Jahren sehr hoch war und auch immer noch sehr hoch ist. Daher sind die Projektwerte gestiegen. Aber auch die Projektgröße und somit das Investitionsvolumen sind im Vergleich zur Situation von vor fünf bis zehn Jahren gestiegen. Das sehen wir zum einen beim Preis pro Anlage, aber auch bei den deutlich höheren Energieerträgen...

Weil die Windturbinen heute noch einmal viel größer und leistungsfähiger sind…

Peter Spengemann: Richtig. Windenergie gilt für Investoren inzwischen als eine sichere Sache, das Geschäft ist deutlich professioneller geworden. Und auch die Akteure haben sich geändert.

Dennoch sehen Sie „nicht erreichte Jahreserträge“ und „nicht plausible Kostenannahmen“ als „größte Risiken im Windparkbetrieb“, wie es in der Ankündigung zu einem Seminar im September zu Due Diligence heißt, bei dem Sie als Referent auftreten. Gilt das auch noch für neue Windparks?

Peter Spengemann: Wir haben zwei Sichtweisen dazu: Das EEG hält inzwischen durch die Berücksichtigung der Standortgüte das Risiko des Windertrags gering. Diese Auffassung wird auch durch die Banken so geteilt, die das Fremdkapital für die Projekte bereitstellen und in aller Regel das Projekt über die Vergütungen des EEG finanzieren, nicht über den schwankenden Marktpreis. Das verminderte Risiko liegt einfach daran, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das EEG, schlechtere Standortqualitäten mit einem Korrekturfaktor in der Wirtschaftlichkeit ausgleicht. Trotzdem lässt sich für windreiche Standorte oft eine bessere Wirtschaftlichkeit darstellen. Sie sind in der Standortqualität nach oben mit geringeren Unsicherheiten behaftet. Denn wenn Sie mit dem eingespeisten Strom in den Strommarkt reingehen, gelten dort andere Faktoren wie zum Beispiel die Strommengen: Sie müssen wissen, wie viel Strommengen Sie als Wert verkaufen können. Und die Stromvermarkter kostet es Geld, wenn ich diesen Wert nicht einhalten kann, aufgrund des fälligen Ausgleichs durch zugekaufte Strommengen. Aktuell kommt hinzu: Bei einer Vermarktung des Stroms außerhalb des EEG gelten dort weiterhin die produzierten Strommengen als wesentlicher Faktor.

„Generell probiert die Branche, die Kostenrisiken so weit wie möglich vertraglich abzusichern oder Kenngrößen mit Abschlägen zu versehen oder statistisch abzusichern.“

Und „nicht plausible Kostenannahmen“?

Peter Spengemann: Richtig ist, dass die Anlagentechnologie heute durchweg anders zu bewerten ist, als es vielleicht noch vor 15 bis 20 Jahren war. Damals waren technische Großschäden wie ein Getriebetausch ein einzuplanendes wirtschaftliches Risiko. Sie wurden mit entsprechenden Kostenannahmen für den Betreiber versehen. Heute ist dieses Szenario meist durch ein klassisches Vollwartungskonzept abgesichert. Das umfasst auch weitere Annahmen wie die vertraglich definierten Verfügbarkeiten. Generell probiert die Branche in der klassischen Projektentwicklung, die Kostenrisiken so weit wie möglich vertraglich abzusichern oder sonstige relevante Kenngrößen zu einem Teil mit entsprechenden Abschlägen zu versehen oder so weit wie möglich statistisch abzusichern. Auf der Einnahmeseite wird am Beispiel des Energieertrages dagegen dann mit Abschlägen und Eintrittswahrscheinlichkeiten gerechnet. Natürlich gilt es, bei bestimmten Risiken genauer zu prüfen, ob diese in den Kostenannahmen abgedeckt erscheinen. Das beinhaltet etwa den Umfang der Wartungsverträge, Versicherungen oder die definierten Tätigkeiten des technischen und kaufmännischen Managements.

Manchmal kommt es auch zu weitergehenden Fragestellungen. Nehmen Sie zum Beispiel das Risiko einer möglichen Insolvenz des Herstellers und die Auswirkungen auf den weiteren Betrieb. Manche Entwickler, insbesondere im Offshore-Bereich, wollen wiederum so weit wie möglich die Risiken für die Instandhaltung selbst übernehmen und entwickeln eigene Wartungskonzepte, während reine Käufer diese möglichst komplett abgesichert sehen wollen. Einzukalkulieren ist auch, was sich im Betrieb ändern könnte, zum Beispiel ­Genehmigungsauflagen. Die Due Diligence ist ein nicht standardisiertes Prüfprogramm und umfasst oft Spezialfragestellungen.

Sie nutzen „die technische und wirtschaftliche Due Dilligence“ – ein Instrument usprünglich der Finanzwirtschaft. Gerade vor dem Kauf oder Verkauf eines Windparks setzen Sie sie ein. Warum dann?

Peter Spengemann: Wenn man genauer schaut, dann ist eine Due Diligence eigentlich eine permanente projektbezogene Prüfung. Jeder Projektentwickler übernimmt diese Tätigkeiten, entweder fortlaufend für das interne Controlling, spätestens aber im Rahmen der Projektfinanzierung. Zielsetzung ist es, die wesentlichen Risiken des Projektes zu erkennen und abzusichern und auch alle notwendigen Projektinhalte zu sammeln und ordentlich aufzubereiten, sei es zur Information der finanzierenden Bank oder für beide Seiten bei einem späteren Verkauf des Projektes. Eine Due Diligence für einen Verkauf oder Einkauf eines Windparks ist oftmals auch die Zusammenfassung dessen, was bis dahin mit dem Windpark schon geschehen ist.

„Due Diligence ist ein nicht standardisiertes Prüfprogramm - eigentlich eine permanente projektbezogene Prüfung.“

Die richtige Datenbasis halten Sie für entscheidend. Wie meinen Sie das?

Peter Spengemann: Hiermit sind zwei Sachen gemeint. Erstens die Vollständigkeit und Qualität der vorliegenden Daten, zweitens auch ihre Eignung zur Bewertung von Eigenheiten, die insbesondere in der internationalen Projektentwicklung zu beachten sind. Nehmen wir die Windparkfinanzierung im Ausland: Anders als in Deutschland muss in ausländischen Märkten im Rahmen der Finanzierung meist ein externer Experte den Windpark begutachten und bewerten. Hierzulande können die Banken aufgrund schon ausreichender eigener Erfahrung mit dem Windenergiegeschäft die Projekte auch intern prüfen. In beiden Fällen gilt, dass wir ein vollständiges und umfassendes Informationsbild zum Projekt erwarten. Und es gibt beim Due Diligence dafür klare Regeln und Vorgehensweisen, wie es geprüft und bewertet wird.

Zudem: Gute Datenhaltung und professionelles Vorgehen steigern den Projektwert. Zwar kann im Rahmen der rechtlichen Bewertung der eine oder andere offene Punkt noch vertraglich zwischen Käufer und Verkäufer nachjustiert werden, doch am besten ist es, wenn die grundsätzlichen ­Projektparameter schon feststehen. Kurz: Sie müssen wissen, wie Sie Ihren Datenraum strukturieren, welche Information wann notwendig ist und wie man die Due Diligence personell und zeitlich begleitet. Das geschieht oft unter Vorgabe von Fristen und Stichtagen und sollte sich wenig in die Länge ziehen.