Aktueller Stand und Perspektiven der Finanzierung und Direktvermarktung erneuerbarer Energien sind am 25. und 26. März 2025 das Thema in der BWE-Fachkonferenz in Berlin. Jörg-Uwe Fischer, Structured Finance bei der Nextwind Management GmbH, erklärt, was auf Planer zukommen könnte.
Welche Neuerungen im EEG 2023 haben Relevanz für die Finanzierung?
Jörg-Uwe Fischer: Das EEG 2023 ist nun schon etwas betagt. Alle Vorgaben sind etabliert und sowohl die Banken als auch die Akteure, Projektentwickler, Investoren kommen damit sehr gut zurecht. Aber wie wird das EEG 2023 weiterentwickelt, beziehungsweise: was erwartet uns ab 2027? Diese Diskussion überlagert alles, weil jeder Akteur mittel- bis langfristig verlässliche Kalkulationsgrundlagen braucht. Die Projekte, die heute gestartet werden, werden ab bzw. nach 2027 gebaut. Jeder möchte natürlich wissen, mit welchen regulatorischen Rahmenbedingungen er ab 2027 neue Projekte bauen und betreiben kann. Womit kann man dann planen? Mit welchen Fördermechanismen kann ich noch rechnen? Welche Marktstrukturen muss ich berücksichtigen? Banken sitzen dabei im gleichen Boot wie Projektierer.
Banken wie Projektierer haben mit der aktuellen Förderung also kein Problem?
Jörg-Uwe Fischer: Die Finanzierung für Projekte, die aktuell gebaut und im nächsten Jahr in Betrieb genommen werden, ist schon länger, teilweise sogar schon vor einem Jahr abgeschlossen worden. Wir haben als Nextwind selbst auch einige Projekte in der Umsetzung und die Finanzierung funktioniert reibungslos. Es gibt kaum Themen, die schwierig für die Finanzierung sind, bis auf einen Aspekt: das Thema negative Preise. In welchem Umfang muss ich in den nächsten Jahren berücksichtigen, dass ich auf der Ertragsseite Ausfälle durch Zeiten negativer Strompreise habe? Die Anzahl dieser negativen Stunden nimmt ja aktuell sehr stark zu.
80/20 statt wie bisher 90/10 könnte bei steigendem Risiko das künftige Verhältnis Fremdkapital zu Eigenkapital bei der Finanzierung sein.
Verunsichert die neue Förderung Banken?
Jörg-Uwe Fischer: Ja, es kommt wie immer aufs Detail an. Wir haben eine klare Vorgabe von der Europäischen Union, dass unser Fördersystem vom heutigen EEG-Vergütungssystem mit gleitender Marktprämie umgestellt werden soll auf ein System mit Contracts for Difference. Solch ein CfD besagt zunächst nur, dass niedrige Strommarkterträge auf ein fixes Mindestniveau aufgestockt oder wenn sie unerwartet hoch sind, abgeschöpft werden. Ein CfD ist per se also nichts Schlechtes, oder etwas, das Banken verunsichert. Schließlich gibt es in einigen Ländern Europas schon seit vielen Jahren CfDs und die Finanzierung funktioniert auch mit ihnen problemlos. Die entscheidende Frage ist, wie diese CfDs als Förderinstrument in Deutschland dann künftig im Detail umgesetzt werden. Und da gibt es aktuell vier theoretische Modelle, die diskutiert werden. Die Politik hat sich offensichtlich schon frühzeitig auf das sogenannte vierte Modell festgelegt, das sehr komplex ist und tief im Strommarkt verankert werden soll. Dabei soll neben anderen Aspekten von einem theoretisch möglichen Referenzproduktionswert ausgegangen werden, also nicht von der realen Stromproduktion der jeweiligen Anlage. Da bis dato niemand weiß, wie dieses System in der Praxis funktioniert, sorgt das für eine Verunsicherung der Banken und Investoren. Ob es tatsächlich die gewünschten Marktanreize schafft, und welche Risiken durch diesen nicht anlagenspezifischen Vergütungsmechanismus entstehen, ist völlig unklar. In der Anwendung hieße dies vereinfacht gesagt: Meine Anlage steht, aber meine Vergütung wird so betrachtet, als hätte sie produzieren können – weil die Referenzanlage theoretisch produziert hat. Es wird also von Einnahmen ausgegangen, die es nicht gegeben hat.
Gibt es eine weitere Besonderheit?
Jörg-Uwe Fischer: Diese besondere CfD-Variante soll über eine Art vorab gezahlte Investitionszulage und nachgelagerte Rückzahlungen umgesetzt werden. Dies ist ein völlig anderer Mechanismus als beim klassischen CfD mit Mindestvergütung und Obergrenze über eine bestimmte Laufzeit, der der heutigen gleitenden Marktprämie sehr ähnelt und Banken eine klare Kalkulationsgrundlage bietet.
Die Banken haben mit den aktuell diskutierten produktionsunabhängigen Varianten drei und vier der CfDs ein Problem, weil sie eine höhere Komplexität bedeuten und in strommarktspezifischen Risiken münden, mit denen Banken und Investoren kaum Erfahrung haben. Es wäre daher nach meiner Ansicht besser, das Fördersystem auf eine Variante umzustellen, die bereits erprobt und zudem weniger komplex ist, damit ein kompletter Systemumbruch vermieden wird. Die neuen Modelle könnte man dann in einer nächsten Ausbaustufe über drei oder vier Jahre in Modellversuchen testen und anhand praktischer Erfahrungen weiterentwickeln. Ein schleichender Übergang in eine neue Fördersystematik über mehrere Jahre erscheint mir für alle Akteure sinnvoller als ein harter Umbruch Ende 2026.
Wie wirken sich veränderte globale Rahmenbedingungen auf die Finanzierung aus?
Jörg-Uwe Fischer: Die Akteure sind ja gehalten, vorausschauend für 20 Jahre ein Gefühl zu entwickeln, wie sich die Rahmenbedingungen für das finanzierte Projekt entwickeln werden. Und das fällt natürlich bei so großen Veränderungen wie der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten besonders schwer. Wir haben zuletzt schon gesehen, durch den Ukrainekrieg, durch die Corona-Pandemie etc., welche Auswirkungen solche Ereignisse auf Lieferketten, Lieferzeiten, Preise und dergleichen haben und welche Marktverwerfungen das mit sich bringt. Das macht es für die Finanzierung zusätzlich schwer. Man hat immer weniger Planungssicherheit und braucht zur Kompensation immer mehr Risikopuffer. Das wiederum bedeutet, die Finanzierung dürfte entweder teurer werden oder es wird weniger Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, wenn in der alten Welt 90/10 Fremdkapital zu Eigenkapital finanziert wurde, dann wird in Zukunft, wenn die Risiken weiter deutlich zunehmen, vielleicht nur mit 85/15 oder 80/20 finanziert. Die Differenz brauchen die Finanzierer dann als Risikopuffer für künftige Unsicherheiten oder um reale Fehlentwicklungen zu kompensieren.
„Finanzierung und Direktvermarktung Erneuerbare Energien“
Am 25. und 26. März 2025 geht es in einer BWE-Fachkonferenz in Berlin um den aktuellen Stand und Perspektiven der Direktvermarktung erneuerbarer Energien.
Auch Jörg-Uwe Fischer wird dort als Referent erwartet.
Infos und Anmeldung:
www.bwe-seminare.de/finanzierung