Die Preise für Solarmodule sind in den letzten Monaten rapide gesunken. Zwischen 21 und 26 Prozent sind sie seit Jahresanfang zurückgegangen – je nach Technologie. Damit nähern sich die Preise für die Module wieder einer neuen Tiefmarke an. Volle Lager bei den Großhändlern sorgen hier für Druck, teilweise Ware unter dem früheren Einkaufspreis abgeben zu müssen. Denn die neuen Module aus China sind preiswerter und das setzt dem Markt zu.
Aus diesem Grund setzt Solarpower Europe (SPE) schon mal eine Warnung ab, dass die europäischen Hersteller in diesem neuen Preiskampf gegen die chinesischen Riesen den Kürzeren ziehen könnten. Die drastisch sinkenden Preise könnten zu einer Gefahr werden, den europäischen Solarmarkt autonomer zu gestalten und eine heimische Fertigung aufzubauen.
Autonomiestrategie könnte in Gefahr geraten
SPE hat der Europäischen Kommission einen entsprechenden Brief geschickt. „Preissenkungen sind normalerweise eine gute Nachricht. Wenn sie aber unkontrollierbar sind, haben sie ernsthafte Auswirkungen auf unsere offene Autonomiestrategie“, sagt Walburga Hemetsberger, Geschäftsführerin von SPE. „Bald wird die Entwicklung zu einer echten Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit und die Wiedergeburt einer Solarindustrie in der EU. Wir fordern die Staats- und Regierungschefs der EU auf, dringend die europäische strategische Technologielieferkette zu sichern.“
Erster Ingothersteller ist pleite
Tatsächlich könnten die extrem niedrigen Preise für zurückhaltendere Investitionen in weitere Fertigungskapazitäten in Europa führen. SPE verweist unter anderem auf den Ingothersteller Norwegian Crystals, der jüngst Insolvenz anmelden musste. Ob sich dies tatsächlich zur Gefahr für die europäischen Hersteller entwickelt, bleibt noch offen. Schließlich steigt mit sinkenden Preisen auch die Nachfrage nach Solaranlagen an, weil der Solarstrom dadurch ebenfalls preiswerter wird.
Preissenkung entlang der ganzen Wertschöpfungskette
Doch gerade dieser Nachfrageschub in Kombination mit einem heftigen Wettbewerb unter den chinesischen Herstellern habe zu massiven Investitionen in die Photovoltaiklieferkette geführt. Das Ergebnis sei ein Überangebot an Modulen, was wiederum die Preise entlang der gesamten Lieferkette drückt. Diese hat SPE in einer aktuellen Studie zusammengetragen.
Diese schlechte Ausgangslage für die europäischen Hersteller werde noch verschärft durch einen erwarteten leichten Rückgang der Nachfrage in Europa aufgrund der Inflation und den Schwierigkeiten in vielen Ländern, die Solaranlagen ans Netz anzuschließen – aufgrund fehlender Netzertüchtigung seitens der Betreiber.
Zusammenarbeit zwischen Mitgliedsstaaten ermöglichen
Deshalb schlägt SPE der Europäischen Kommission mehrere Reaktionen auf die derzeitige Situation vor. Neben einer Abnahme der Bestände der europäischen Modulhersteller sollte auch eine Bank für die Solarindustrie auf EU-Ebene geschaffen werden. Außerdem sollten die Mitgliedsstaaten die eigene Solarindustrie stärker unterstützen dürfen. Entsprechend sollten die Beihilferichtlinien geändert und die Zusammenarbeit bei der Förderung der Photovoltaik zwischen den Mitgliedsstaaten ermöglicht werden.
Nutzung heimischer Komponenten vorgeben
SPE drängt zudem, endlich den Net Zero Indystry Act zu beschließen, inklusive Anforderungen an die Komponenten für Solaranlagen in Ausschreibungen. Solche sogenannten Domestic-Content-Regelungen sind längst erprobt. Das bedeutet, dass in den Auktionen nicht nur der niedrigste Preis zählt. Vielmehr müssen die Projektierer dann nachweisen, dass sie Komponenten aus europäischer Herstellung einsetzen, wenn sie eine Förderung für ihre Anlage bekommen wollen. Diese Regelungen können auch auf vorgegebene Nachhaltigkeits- und Sozialstandards seitens der Hersteller der Komponenten ausgeweitet werden.
Anforderungen an Gebäude erhöhen
Doch auch die Nachfrageseite sollte weiter unterstützt werden. SPE schlägt dazu vor, eine europäische Richtlinie über die Gesamteffizienz von Gebäuden zu verabschieden. Wenn hier die Kriterien entsprechend hoch sind, kommen die Bauherren ohne Einsatz der Photovoltaik nicht mehr auf die geforderten Effizienzwerte, was sich am Ende in niedrigen Betriebskosten bemerkbar macht. „Das ist eine seltene zweite Chance. Europas ursprüngliche Solarindustriebasis wurde vor einer Dekade zerstört. Wenn wir jetzt nicht schnell handeln und auf Preiskrise reagieren, sehen wir uns eine nächsten Pleitewelle gegenüber, und einem Fehlstart der offenen strategischen Autonomiepläne“, wart Walburga Hemetsberger. (su)
Zum Weiterlesen:
Module werden immer preiswerter
Drei deutsche Solarunternehmen investieren zwei Milliarden Euro in heimische Modulproduktion
Baywa RE baut Solaranlagen in den USA mit Modulen von Meyer Burger