In der Windkraft ist das Thema fast ein alter Hut. Repowering – schon vor 15 Jahren wurde dazu in Präsentationen mit Fotomontagen gearbeitet, die zeigten, wie in einer Landschaft statt zehn kleiner Windturbinen nur noch zwei große, moderne Anlagen stehen. Entspargelung der Landschaft, sozusagen – und das nicht selten bei einer Verdopplung der Erträge. Das Ersetzen alter Turbinen durch leistungsstarke, neue Anlagen galt immer auch als optimale Nutzung von Flächenpotenzial: Die dreifache Leistung auf derselben Fläche ist für die Windkraft in den vergangenen Dekaden kein Problem gewesen.
In der Solarbranche war das Thema dagegen deutlich komplizierter. Hier ging es stets darum, dass nichts verändert werden durfte, weil sonst die Vergütung gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wegfiel. In der Windkraft war das zwar auch so, aber aufgrund geringerer Vergütungen weniger dramatisch. Dominik Fröhler erklärt das Phänomen in der Photovoltaik. Was die Tarife anbelangt, so der Geschäftsführer der Baywa RE Operation Services GmbH, seien 2009 bis 2011 in Deutschland Vergütungstarife um die 30 Eurocent pro Kilowattstunde gezahlt worden, also 300 Euro pro Megawattstunde. „Das liegt um ein Vielfaches über der heutigen Vergütung von Solaranlagen“, sagt Fröhler.
0,5–1
Damals gab es einen enormen Boom in Deutschland, kein Wunder. Nirgends wurde mehr Photovoltaik (PV) installiert, nicht einmal in China. „Das Interesse unserer Kunden ist es, die hohen Tarife für die vereinbarte Nennleistung aufrechtzuerhalten. Als Operation Manager sehen wir uns die jeweilige Anlage genau an. Wenn die Anlage unterperformt, am Rande der Erwartungen steht oder sogar darunter, dann setzen wir eine Machbarkeitsstudie auf und schlagen geeignete Maßnahmen vor.“ Dann ersetzen Fröhler und seine Mitarbeiter normalerweise fehlerhafte Technik, die zu der Unterperformance führt, zum Beispiel Module, die schneller degradieren, als ursprünglich vorgesehen war. Diese werden durch moderne Module ausgetauscht. In der alten Leistungsklasse sind Module ohnehin nicht mehr erhältlich. Das ist inzwischen immerhin erlaubt, ohne dass der Tarif gestrichen wird. Seit 1. Januar 2023 eröffnet das EEG den Betreibern von Freiflächen-Solarparks die Möglichkeit, ältere Module durch leistungsstärkere zu ersetzen. Alternde Solarparks werden so wieder auf ihre ursprüngliche Leistung gebracht. Zusätzliche Strommengen können über ein Power Purchase Agreement (PPA) vermarktet werden.
„Über Revamping reden wir, wenn die Nennleistung nicht oder nur im gesetzlichen Rahmen geändert wird, während beim Repowering die Nennleistung der Anlage erhöht wird.“ Die Ausgangsidee dabei sei, so Fröhler, den gesetzlich vereinbarten Vergütungstarif aufrechtzuerhalten. „Das ist der Diskriminator zwischen den beiden Begriffen.“
Der Vorteil: Bis zum Erreichen der ursprünglichen Nennleistung kann mit neuen Modulen gebaut werden. Da diese viel leistungsstärker sind, wird die alte Nennleistung mit deutlich weniger Modulen erreicht und jede Menge Fläche wird frei, während die Gesamtleistung der Anlage nicht erhöht wird. „Das heißt, wenn ich vorher einen Modulwirkungsgrad von zehn Prozent hatte und jetzt über 20 Prozent, benötige ich nur 50 Prozent der Fläche für die gleiche Leistung“, so Fröhler. „Auf der frei gewordenen Fläche kann man eine neue Anlage errichten deren Strom über die aktuell üblichen Wege wie PPA, Direktvermarktung und Ausschreibung vertrieben wird.“
Degradation von Solarmodulen
Die jährliche Degradation von Solarmodulen beträgt im Schnitt rund 0,5 bis mehr als 1 Prozent, heißt es bei Juwi. Das könne zur Folge haben, dass die Nennleistung eines Solarparks nach zehn Jahren Betriebsdauer weniger als 90 Prozent des Wertes betrage, für den er einmal die Zusage für die EEG-Vergütung bekam. Der Gesetzgeber habe auf die schleichende Leistungsabnahme in Bestandsparks reagiert und lasse nun das Revamping auch für Module zu. „Mit der Gesetzesänderung ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für Betreiber von Solarparks“, erklärt Andreas Hönig, der bei Juwi den O&M-Vertrieb leitet. „Spätestens nach zwölf Betriebsjahren wird das Revamping für Betreiber interessant, unter Umständen auch schon früher.“
Repowering in Südeuropa
International kommt das Thema sogar schneller in Schwung, vor allem im Süden, wo die Einspeisung höher ist. Dort lohnt es sich umso mehr, die Leistung einer Anlage zu erhöhen. „In Südeuropa machen wir in diesem Jahr tatsächlich sehr viele Repowering-Projekte. Der Trend kommt vom Süden nach Deutschland“, erklärt Fröhler.
Über Revamping reden wir, wenn die Nennleistung nicht oder nur im gesetzlichen Rahmen geändert wird, während beim Repowering die Nennleistung der Anlage erhöht wird.
Eine Solaranlage in Saint Martin Lalande, Departement Aude, Südfrankreich, ist ein Beispiel für ein erfolgreiches Revamping. Die Anlage wurde 2011 in Betrieb genommen und verfügt über 60.000 PV-Dünnschichtmodule aus amorphem Silizium. Die Anlagenleistung lag bei 5,4 Megawatt (MW) – aber die Module, die bereits älter als zehn Jahre waren, litten unter einer vorzeitigen Degradation. Außerdem waren neue Technologien verfügbar, die die Anlage effizienter machen konnten. Betreiber Sonnedix beauftragte Baywa RE mit der Umsetzung der optimalen Revamping-Lösung.
60.000 alte Dünnschichtmodule ersetzt
In weniger als sechs Monaten ersetzte das französische Team von Baywa RE die 60.000 alten Dünnschichtmodule durch 18.000 neue kristalline Module mit einem viel höheren Wirkungsgrad. Auf der Grundlage eines einjährigen gemessenen Betriebs hat sich die durchschnittliche Performance Ratio der Anlage um 37,1 Prozent erhöht, während sich ihr Energieertrag um 38,1 Prozent verbessert hat. Der ursprüngliche Einspeisetarif wurde beibehalten, um den Prozess zu finanzieren. Da die neuen Module effizienter sind, wurde außerdem fast die Hälfte des Geländes frei, das für ein Repowering genutzt wird, sodass eine weitere Vier-MW-Anlage neben der ersten installiert werden kann. Das heißt, auf derselben Fläche, auf der ursprünglich 5,4 MW installiert waren, werden künftig 10 MW stehen, was die Nachhaltigkeit der Anlage deutlich verbessert.
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In Deutschland hat Juwi für die Mainzer Erneuerbare Energien GmbH die Module in den Solarparks in Jocksdorf in Brandenburg sowie in Wulfen und Calvörde in Sachsen-Anhalt in großem Stil getauscht und die Parks wieder auf ihre ursprüngliche Nennleistung gebracht. Zusammen wurde eine Leistung von 7,7 Megawatt getauscht. „Technisch gesehen sind Revamping-Projekte für erfahrene Betriebsführer wie Juwi nichts Neues“, sagt Hönig. „Bislang ging es allerdings vorwiegend um Garantiefälle, bei denen defekte oder leistungsschwache Module ausgetauscht wurden, und in einigen Fällen auch darum, gestohlene Module zu ersetzen“, sagt er. In den vergangenen sechs Jahren hat Juwi in 13 Solarparks etwa 600.000 Module ausgetauscht. Das entspricht einer Leistung von rund 78 MW. Beim Revamping bietet das Unternehmen mehrere Optionen.
Weniger Leistung durch Kurzschlüsse
Auch Baywa RE hat eine PV-Freiflächenanlage in Brandenburg, in Finsterwalde, optimiert. Diese wurde 2010 mit einer Nennleistung von 39,8 MW erbaut. Aufgrund mangelhafter Rückseitenfolien der Module und der dadurch ausgelösten Kurzschlüsse erbrachte sie 2022 nur noch 60 Prozent der Leistung. Nach dem Austausch der Module ist wieder die volle Leistung möglich.
Um das Revamping-Projekt möglichst ökonomisch durchzuführen, sollten nur die Module getauscht werden. Da es sich bei der Unterkonstruktion um ein Einschiebesystem handelt, durften die Maße der neuen Module nur minimal abweichen. Die passende Modulreihe wird nicht mehr hergestellt. Allerdings gibt es zwei Hersteller, deren Module bei Nutzung spezieller Adapter mit dem System der Unterkonstruktion kompatibel sind. Da die neuen Module effizienter sind als die alten, reduziert sich darüber hinaus die benötigte Fläche um rund ein Drittel – bei gleicher Nennleistung.
Trotz positiver Beispiele gibt es aber auch Betreiber, die das Revamping meiden. Manche schreckt der Businesscase für 20 Jahre ab. Aber es gibt auch einfach PV-Betreiber, die sich auf die Zusatzinvestition nicht einigen können. Je mehr Eigentümer, desto komplizierter. „Wir sind überzeugt, dass eine Fläche, die einmal PV war, dies auch bleiben sollte“, betont Fröhler. „Sonst würde man die Regenerativleistung mutwillig verringern.“ Auch die Akzeptanz sei allgemein hoch an bereits bebauten PV-Standorten. Und: Baugenehmigungen sind in Deutschland nicht zeitlich begrenzt.
Fröhler betont, die Kompetenz für das Revamping liege bei den Betriebsführern. Sie seien am besten in der Lage, in die Details der Anlage zu gehen: „Wir können sagen: Die Wechselrichter sind noch funktionsfähig, die Pfosten können wir im Boden lassen. Die detaillierte Engineering-Arbeit ist bei der Betriebsführung gut angesiedelt, denn die macht auch die Reparaturarbeiten, wenn etwa Module beschädigt sind.“ Revamping sei da der logische nächste Schritt.