Das geförderte Projekt (033RI0908B) zur solaren Gebäudeklimatisierung verfügt über ein Solarkollektor-Feld mit Plasma-Technologie zur Dampferzeugung. Zentrale Komponente ist ein Vakuumröhrenkollektor, der durch eine spezielle Antireflex-Beschichtung selbst bei Temperaturen zwischen 100 und 150 Grad Celsius noch gute Wirkungsgrade erreicht. Außerdem wird eine Dampfstrahlkältemaschine mit einer Kälteleistung von 80 Kilowatt eingesetzt. Ein eigens entwickelter Wärme- und Kältespeicher ermöglicht weitgehend konstante Betriebsbedingungen. Klimakälte wird hier mit Solarenergie kostengünstig bereitzustellen. Ein Gespräch mit Jürgen Korff:
Erneuerbare Energien: Glückwunsch! Sie haben den Intersolar-Award gewonnen.
Jürgen Korff: Wir haben ein Projekt in einem Feld gewählt, das ein Riesenpotenzial birgt: in der industriellen Anwendung. Wir haben es hier mit einer Anwendung zu tun, die tatsächlich bereits seit Frühjahr 2014 sehr gut funktioniert. Und wir haben gezeigt, dass in der Prozesstechnik Wärme und Kälte zu günstigen Preisen erzeugt werden kann. Wir reden hier in Arbeitsbereichen zwischen 90 und 150 Grad und mit direkter Dampferzeugung. Das ist einzigartig. Da steckt extremes Potenzial hinter für viele Industrieanwendungen.
Gibt es Nachfolgeprojekte?
Ja. Es ist auch nicht das erste Projekt. Wir arbeiten bei Ritter XL Solar seit Jahren im Prozess Prozesswärmebereich und haben viele Anwendungen von Krankenhäusern bis hin zur Autowaschanlage realisiert. Die Neuigkeit hier: Es geht um direkte Dampferzeugung. Kein Frostschutz, kein zweiter Wärmetauscher, sondern wir versorgen die Dampfstrahlkältemaschine mit Dampf, der direkt im Kollektor erzeugt wurde.
Also umweltfreundlich.
Und mit extremem CO2-Einsparpotenzial, denn darum ging es doch ursprünglich mal. Nur ist der Fokus in den letzten Jahren etwas verloren gegangen. Ich frage mich auch langsam, wie die Bundesregierung ihre selbstgesteckten Ziele erreichen will. Wärme hat extremes Potenzial. Leider wird es nicht ausgeschöpft.
Lohnt sich die solare Wärmenutzung langfristig für Gewerbe und Industrie?
Klar. Nicht nur langfristig sondern auch kurzfristig.
Was heißt das?
Das heißt, damit wir mit unseren Technologien in der Lage sind, die Kilowattstunde preiswert zur Verfügung zu stellen. Wir sind im Anlagenbereich bei unter vier Cent pro Kilowattstunde. Und damit sind wir absolut kompetitiv. Wir sind hier aber leider auch immer wieder gefangen in der Förderlandschaft. Das heißt, wenn hier nur schlecht gefördert wird, während andere Technologien besser gefördert werden, etwa Kraftwärmekopplung, dann sehen wir das kritisch. Aber wir merken in Deutschland die Tendenz, dass immer mehr Stadtwerke sich mit der Wärme auseinandersetzen. Da sehen wir ein großes Wachstumspotenzial.
Die Regierung hat an verschiedenen Stellen in den vergangenen Monaten eingeräumt, dass sie die Wärme vernachlässigt hat.
Definitiv.
Jetzt ist die Frage, wann Gesetzmäßigkeiten kommen, die die Wärme wirklich voran bringen.
Den Versuch hat man ja mit dem Marktanreizprogramm MAP gestartet. Gottseidank. Das Thema ertragsabhängige Förderung wird aufgenommen. Leider nur in einem sehr beengten Bereich. Anlagen ab 20 Quadratmeter bei drei Wohneinheiten als Voraussetzung für die Förderung nach Standard KfW 55 - das hört sich phantastisch einfach an, betrifft allerdings nicht die Mehrheit der Anwendungen in Deutschland. Aber wir sind ja schon glücklich, dass das Thema Ertrag dort genannt wird. Bisher war es ja nur so, dass die Fläche gefördert wurde und der Ertrag überhaupt keine Rolle gespielt hat.
Was würden Sie sich wünschen?
Im EEG ist es ja auch so, dass nicht der Quadratmeter gefördert wird. Da wird ja auch die Kilowattstunde bezuschusst. So sollte es auch in der Solarthermie bei kleineren Anlagen stattfinden.
Jetzt gibt es ja Länder wie Dänemark, die schon etwas weiter sind bei der Wärme. Können wir da etwas lernen?
Natürlich können wir von Dänemark lernen. Wenn die Regierung beschließen würde, dass bestimmte fossile Energien zur Raumheizung nicht mehr verwendet werden dürfen, wäre das riesig. Da sind wir Deutschen noch weit von entfernt. Aber ich denke in Deutschland haben wir jetzt durch die KWK-Novelle wiederum eine Chance im Großanlagenbereich etwas zu tun. Es gibt schon sehr große Anwendungen im solarthermischen Bereich, Nahwärmenetze oder ähnliches. Wir sehen auch in Deutschland eine Tendenz in diese Richtung, da haben wir schon in den letzten Jahren einiges getan.
Sie meinen die Bioenergiedörfer.
Genau, in Büsingen, das ist eines der Beispiele. Dann haben wir noch den Energiebunker in Hamburg. Wir haben auch in Österreich schon ein Projekt mit 3.000 Quadratmetern realisiert auf der Messehalle in Wels, das ins Wärmenetz einspeist. Von daher sehen wir da ziemlich großes Potenzial. Aber ganz klar können wir auch von Dänemark profitieren.
Wie beurteilen Sie für Gewerbe und Industrie das von der Bundesregierung verabschiedete Energieaudit, das eine Beratung von Unternehmen in Sachen Energiesparen und Erneuerbare verpflichtend vorsieht?
Generell ist unsere Einstellung, dass wir nicht immer nur am Fördertopf hängen wollen. Das kann auch nicht Zweck der Regierung sein. Für uns ist es wichtig, damit wir in Deutschland immer mehr Produkte herstellen, die nicht subventionsabhängig sind, Pflichtveranstaltungen nicht positiv zu bewerten. Wir haben das ja auch in Baden-Württemberg gemerkt, wo man auch die Solarpflicht eingeführt hat. Leider hat sich der Markt dann sehr negativ entwickelt.
Sie meinen das Wärme-EEG?
Genau. Die Endkunden scheuen sich durch die Vorgaben, ihr Haus zu modernisieren. Zudem kann es nicht sein, dass wir alle immer nur am Fördertopf hängen. Das ist auch für die Industrie nicht förderlich, denn diese Schwankungen in der Förderung bereiten uns Probleme. Wir haben sehr gute Jahre, extremes Wachstum, dann wird das Förderprogramm wieder gestrichen. Dann geht es genauso wieder bergab. Wir sind stattdessen für degressive Förderungen. Wenn eine Technologie neu ist, kann sie auch mal mehr gefördert werden, aber über die Jahre muss die Technologie eigenständig werden.
Wie sehen Sie als Unternehmen Ihre Zukunftschancen?
Wir haben angefangen mit der Marke Paradigma im Einfamilienhausbereich. Da hat sich viel verändert. Deswegen sind wir früh mit dem Thema solare Großanlagen angefangen mit Ritter XL Solar, weil wir da das größte Potenzial in Deutschland sehen. In diesem Bereich sehe ich für uns eine sehr positive Zukunft. Im Ein- und Zweifamilienhausbereich sehe ich die größte Problematik, dass wir eine Technologieüberflutung bei den Endkunden haben. Der Endkunde findet sich in dem Technologiedschungel nicht mehr zurecht.
Das heißt umso mehr, dass Sie sich an Multiplikatoren wie Stadtwerke wenden, die das Thema streuen.
Genau. Und wir haben ja auch schon viele Projekte realisiert – weltweit, wo man sehen kann: a) es funktioniert b) es ist wirtschaftlich c) mit enormem CO2-Einsparpotenzial.
(Das Gespräch führte Nicole Weinhold)