Der Bundesverband für Solarwirtschaft (BSW-Solar) kritisiert, dass die Vorschläge zur EEG-Reform von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) konsequent am Ziel vorbeigehen, die Verbrauch vor steigenden Strompreisen zu schützen. Das Gegenteil wird der Fall sein, weil die Energiewende massiv ausgebremst würde, sollten die Vorschläge umgesetzt werden. „Sie bergen die Gefahr, die Investitionssicherheit aufzulösen und damit den Ausbau der erneuerbaren Energien abrupt abzuwürgen“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Die Strompreise würden aufgrund steigender Kosten für fossile Brennstoffe wieder steigen, ohne dass die EEG-Umlage sinkt. Der Solarbranche würde vor allem mit der Einbeziehung von Solarstrom in die EEG-Umlage der Boden unter den Füßen weggezogen. Schließlich haben die Unternehmen ihre Verkaufsstrategie in letzter Zeit nach der massiven Kürzung der Einspeisevergütung im vergangenen Jahr dahingehend geändert – von der Rendite zur Investition, von der Netzeinspeisung zum Eigenverbrauch als Wirtschaftlichkeitsargument. Die Vorschläge der Bundesregierung würden nicht nur das zunichte machen, sondern aufgrund der angedachten rückwirkenden Senkung der Förderung von bestehenden Anlagen um 1,5 Prozent das Vertrauen der Investoren in stabile Rahmenbedingungen in Deutschland zunichte machen. „Die Solarbranche leidet bereits massiv unter den scharfen Einschnitten und der häufigen Gesetzesänderung“, sagt Körnig. „Die Photovoltaikunternehmen brauchen eine durchdachte, verlässliche Politik und sicher nicht die fünfte Gesetzesänderung in nur vier Jahren.“
„Opfer ihres eigenen Erfolgs“
Vorschläge, wie eine solche Politik aussehen könnte, die zu echten Preissenkungen für die Verbraucher führen, liefern die Branchenvertretungen gleich mit. Heftiger Kritik ist vor allem das Ansinnen ausgesetzt, großen Solar- und Windanlagen mit einer Leistung von mehr als 150 Kilowatt die Einspeisevergütung ganz zu streichen. Die Betreiber müssen dann ihren Strom auf dem Markt verkaufen. Das derzeitige Strommarktdesign ist dafür aber gar nicht ausgelegt. Der fluktuierende Solarstrom lässt sich überhaupt nicht sinnvoll über den an den Grenzkosten orientierten Markt wie die Strombörse vermarkten. Schließlich haben Solarstromanlagen keine Brennstoffkosten, aber dafür hohe Investitionskosten in die Anlage selbst. Aufgrund des dadurch entstehenden Merit-Order-Effekts senken sie die Strompreise an der Börse, und „werden dafür betraft, indem sie teurer erscheinen als sie sind“, erklärt Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbandes für Erneuerbare Energien (BEE). Schließlich wird die EEG-Umlage als Differenzkosten zwischen Erlösen aus dem Verkauf an der Strombörse und der Einspeisevergütung auf die Verbraucher umgelegt. „Erneuerbare Energien werden Opfer ihres eigenen Erfolgs“, bringt Falk das eigentliche Problem auf den Punkt. „Hier muss die Politik dringend handeln.“
Strom anders vermarkten
Der BEE schlägt vor, das Strommarktdesign zu verändern. Die Strommengen aus erneuerbaren Energien sollten an alle Stromversorgungsunternehmen verteilt werden, die sie dann vertreiben. Alle 15 Minuten werden die Stromversorger über die aktuell erzeugte Menge an erneuerbaren Energien informiert. „Die Aufgabe besteht dann darin, den Rest des Strom zu ergänzen, der noch fehlt, um die von ihm belieferten Stromkunden mit dem benötigten Strom zu versorgen“, erläutert der BEE das System. „Dies erfolgt an der Strombörse, am Regelenergiemarkt oder an den anderen Strommärkten.“ Wo die Reststrommenge herkommt, ist dann wieder eine Frage des bisherigen Strommarktmechanismus‘. Außerdem könnte man das mit einem flexiblen Lastmanagement – dem sogenannten Demand Response – verbinden. „Dieses Modell treibt den Umbau des Energiemarktes voran, da hier die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Mittelpunkt steht“, erklärt Hermann Falk. „Außerdem stärkt er den Wettbewerb zwischen den Stromvertrieben um die günstigsten Ergänzungsmöglichkeiten.“
Steuern nur auf fossile Energien erheben
Außerdem fordern die Branchenvertreter, die Steuern entsprechen dem Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix zu senken. „Die Stromsteuer sollte nach der ursprünglichen Idee den klimaschädlichen Strom belasten“, argumentieren BEE und BSW-Solar. „Bei einem heutigen Anteil der Erneuerbaren von etwa 25 Prozent am gesamten Stromaufkommen sollte daher konsequent die Stromsteuer um 25 Prozent gesenkt werden.“ Auch die Umsatzsteuer, die gleichzeitig mit der EEG-Umlage steigt, könnte als „Erfolg der Energiewende-Dividende mit den Bürgern geteilt werden“, schlagen die Branchenverbände vor. Das allein würde nach ihren Berechnungen die Verbraucher um mehr als 1,75 Milliarden Euro entlasten. Weitere 1,5 Milliarden Euro an Einsparungen wären mögliche durch die konsequente Rückführung der Industrieprivilegierung auf den Stand von 2009. Damals galt ein Unternehmen als energieintensiv bei einem jährlichen Verbrauch von 10 Gigawattstunden. Diese Grenze hat die Bundesregierung auf inzwischen auf einen Verbrauch von nur noch einem Gigawatt pro Jahr herabgesetzt, wodurch immer mehr Industrie- und Gewerbeunternehmen in den Genuss einer Befreiung von der EEG-Umlage kommen. (Sven Ullrich)