Das Anlagenregister der Bundesnetzagentur vom 31. Januar lässt nur einen Schluss zu: Der Wettbewerb um die beste und immer bessere Technologie der Windenergieernte in deutschen Landschaften funktioniert. Nie seit der Errichtung von Multimegawattturbinen – Windkraftanlagen mit mindestens zwei und mehr Megawatt (MW) Erzeugungsleistung – waren so viele Turbinenbauer mit bedeutenden Mengen und sogar durchweg mindestens dreistelligen MW-Kapazitäten am Windparkaufbau eines Jahres beteiligt: Mit Siemens, GE, Senvion, Nordex, Vestas und Enercon haben es 2017 gleich sechs Mitspieler auf Netzanschlüsse im Bereich von 163 bis knapp 2.000 MW gebracht.
Im Einzelnen betrugen die Marktanteile laut den im Anlagenregister gemeldeten neuen Anschlüssen im Jahr 2017 für diese sechs: 37,7 Prozent für den Dauermarktführer Enercon bei 1.947 MW, 23,8 Prozent für den traditionellen Verfolger Vestas bei 1.228 MW, 14,3 Prozent für den zum zweiten Mal nun auf Platz Drei gekletterten Wettbewerber Nordex mit 736 MW, 9,4 Prozent (487 MW) für das von Rang fünf auf Rang vier sich wieder hocharbeitende Senvion, 8,8 Prozent (452 MW) für GE und 3,2 Prozent (163 MW) für Siemens.
Leicht lässt sich somit vor Augen führen, welch guten Verlauf die Entwicklung der vergangenen Jahre im Sinne eines gesunden Wettbewerbs nahm – in einem immer vielfältigeren Konkurrenzumfeld und einem wachsenden Markt. Vor genau zehn Jahren, 2008, hatte das Duopol Enercon und Vestas laut damaliger sogenannter Dewi-Statistik noch sage und schreibe 80 Prozent der Installationen für sich vereinnahmt. Weit abgeschlagen gab es nur noch Repower, das heute insolvente Unternehmen Fuhrländer und Nordex mit Marktanteilen von 5,6 bis 2,2 Prozent, die als Wettbewerber im Prozentbereich zu erwähnen waren. Seither nähern sich die Turbinenbauer gemäß Dewi-Statistiken bei den Marktanteilen kontinuierlich an.
Besonders illustriert diese Entwicklung auch der Vergleich des jüngsten Aufstellungsjahres mit dem Vorjahr 2016: Fast im Gleichschritt verloren die führenden Hersteller jeweils das, was die Hersteller im hinteren Feld der besten sechs hinzugewannen. So verlor Enercon mit abgerundet 2,2 Prozent ungefähr so viel an Marktanteil, wie Siemens hinzugewann – aufgerundet 2,1 Prozent. Während der Anteil von Vestas nun ein Prozent kleiner ist als im Vorjahr, ist der von Senvion 0,8 Prozent größer. Nordex und GE, die 2016 das Mittelfeld auf Rang drei und vier bildeten, haben sich mit jeweils „nur“ 0,7 Prozent weniger Anteil in etwa behauptet. Wohlgemerkt bei einem deutlich gewachsenen Netzanschlussvolumen von insgesamt 5.165 MW. 2016 hatten die Errichterteams noch rund ein halbes Gigawatt weniger installiert. Daher konnten alle sechs Turbinenbauer ungeachtet der leichten Unterschiede wieder etwas mehr als im Vorjahr zubauen. Erwähnt sei noch: Die beiden kleinen deutschen Wettbewerber Eno Energy und Vensys stabilisierten ihre Zubauten gemäß Anlagenregister bei gerundet 45 und 47 MW.
Diese Analyse der Bundesnetzagenturdaten gibt die prozentuale Entwicklung der Marktanteile der Hersteller in dem Zehnjahreszeitrum nicht exakt wieder. Denn das Anlagenregister existiert so erst seit 2014. Die Vergleiche verschiedener Jahre beziehen sich daher auf die traditionellen Statistiken des Windenergieinstituts Dewi, das aber anders als beim Anlagenregister nicht nur ans Netz angeschlossene sondern alle neu errichteten Turbinen zählt. So zeigt auch die neueste offizielle Statistik der Windenergieverbände, geschrieben vom Institut Deutsche Windguard, ein noch größeres Volumen installierter Windkraft für 2017 an. Laut offiziellen Windbranchenangaben wurden 2017 sogar 5,33 GW installiert. Doch gerade im Winter verzögern sich die abschließenden Netzanschlüsse nach dem Rotorzug der letzten Anlagen des Jahres aufgrund etwa vereister Böden oder zu Seen gewordener Wasserrückstände auf Äckern und Wiesen. Die neuen Dewi-Daten werden derzeit hingegen erst noch gesammelt und geprüft.
Die Tendenz aber ist eindeutig: Der Windenergiemarkt Deutschland gemessen an den Anteilen der Herstellern ist vielfältiger denn je.
Als Grundlage dieses zehnjährigen kontinuierlichen Trends muss die Entwicklung der modernen Binnenland-Windturbinentechnologie gelten: sehr hohe Nabenhöhen, immer größere Rotoren mit feingliedrigen Profilen sowie elastische Rotorblatt-Strukturen, die der Lastminderung im Wind ebenso dienen, wie eine verbesserte elektronische Steuerung der Anlagen und flexible Blattausrichtung. Hinzu kommen kostenreduzierende Plattformbauweisen und zuletzt Turbinentypen mit variabel einstellbaren Erzeugungskapazitäten bei entsprechend darauf optimal eingestellten Leistungskurven. Denn die Tendenz des allmählich näher zusammenrückenden und größer werdenden Wettbewerberfelds fällt zeitlich zusammen mit der Einführung dieser Binnenlandtechnologie ab 2009. Zudem begann der Hinzugewinn von Marktanteilen bei allen vier Verfolgern hinter dem Führungsduo jeweils immer dann, seit diese Unternehmen auch mit neuen Binnenlandanlagen den Markt beeindrucken konnten.
Abzuwarten bleibt die Entwicklung unter dem 2017 eingeführten Ausschreibungsmarkt. Die Zuschläge für neue Windparks konzentrierten sich hier wieder mehr auf Enercon- und Vestas-Anlagen. Vielleicht ist das eine Folge des Preisdrucks der Auktionen bei rasch sinkenden Vergütungspreisgeboten. Vielleicht hat es mit den bisher den Markt durcheinanderwirbelnden Föderregeln für Bürgerwindparks zu tun, die für das erste Halbjahr 2018 ausgesetzt wurden.
Es lohnt sich aber dies zu analysieren. Denn den jetzt erreichten guten Wettbewerb mit einer entsprechenden Einstellung der Marktregeln zu verteidigen, wäre industriepolitisch ein lohnenswertes Anliegen.
(Tilman Weber)