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Offshore-Turbinenausbau

5,4 GW Seewindkraft - Branche drängt auf höhere Ausbauziele

Knapp 5,4 Gigawatt (GW) betrug die installierte Leistung in der deutschen Nord- und Ostsee am 31. Dezember, nach einem Zubau von 1,25 GW in den zwölf Monaten davor. Damit hatten die Installationsaktivitäten in deutscher See für die Windenergienutzung im Vergleich zum Vorjahr wieder deutlich zugenommen: Die Bauteams errichteten Anlagen einer Erzeugungskapazität, die den Kapazitätszuwachs von 2016, des bisher zweitbesten Ausbaujahres, um 300 Megawatt (MW) übertraf. Nur in ihrem Spitzenjahr 2015 war die Branche reger – von den damals 2,25 GW blieb sie allerdings auch 2017 weit entfernt.

Ihre Unternehmer trügen „immer stärker zur Versorgungssicherheit Deutschlands bei“, lobten die vier Branchenorganisationen BWE, VDMA, WAB und AGOW bei der Vorstellung der neuesten Jahresdaten des Offshore-Windenergie-Marktes Deutschland. Insbesondere hoben sie auch die um fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 18,3 Terawattstunden erhöhte Jahreseinspeisung der Offshore-Windparks hervor. Windenergieanlagen auf See lieferten „praktisch rund um die Uhr im Jahr sauberen Strom“, heißt es in ihrer der Bilanz angeschlossenen Erklärung.

Außerdem verwiesen BWE, VDMA, WAB und AGOW auf weitere größere Kapazitäten von zwei im Bau befindlichen Windparks mit 780 MW. Für fünf Windparks mit zusammen 1,5 GW lägen zudem die finalen Investitionsentscheidungen vor. Damit sei die Branche genau im Plan, rechnen die vier Organisationen vor – im Hinblick auf das im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgehaltene Ausbauziel von 7,7 GW Offshore-Windkraft für 2020.

Allerdings greift hier bereits eine bundespolitisch beschlossene Ausbaubremse. Das 2017 gestartete neue EEG-Ausschreibungssystem sieht jährliche Auktionen für weitere Einspeiserechte mit fixierten Einspeisevergütungen von weniger als 800 MW vor. Auch in den danach folgenden zehn Jahren kommen gemäß Fahrplan im EEG nur 750 MW jährlich hinzu. Ausbauziel für 2020 sind 15 GW.

Die vier Organisationen wollen die neuen Ausbaudaten nun als Signal für eine Kursänderung an die Verhandlungspartner einer großen Koalition (Groko) verstanden wissen: Wie schon in den vergangenen Monaten warnen sie vor einer „Reduzierung des Ausbaupfads der Windenergie auf See durch das EEG 2017“. Sie bremse eine „positive Entwicklung der Offshore-Windindustrie in Deutschland.“ Die Branchenvertreter erneuern auch die Forderung des mit den norddeutschen Landesregierungen und Gewerkschaftern im September verfassten Cuxhavener Appells: Die Politik müsse die Ausbauziele auf mindestens 20 GW bis 2030 und 30 GW bis 2035 erhöhen.

Dies sie nicht zuletzt deshalb angesagt, weil es die nationalen und internationalen Klimaschutzziele durch eine starke Minderung der CO2-Emissionen der Energieversorgung erreichen lasse: „Windenergie auf See kann hier dank der aktuellen Kostenentwicklung einen deutlich größeren Beitrag als bisher leisten.“ Die Ausbauziele für Offshore-Windenergiekapazitäten müssten aber auch ansteigen, um nicht bereits erreichte wertvolle Errungenschaften der Branche zu verspielen. Hierzu gehöre eine hohe Zahl an Arbeitsplätzen von rund 20.000 in Deutschland, die entweder bei den Branchenunternehmen direkt oder bei den Zulieferern entstanden seien. Aber auch die in den 2017 durch Ausschreibungen in Deutschland und anderswo in Europa erreichten Senkungen der Einspeisepreise – unterstützt durch technologische Innovationen der Turbinenbauer – sehen die Organisationen aufs Spiel gesetzt: „Nur gestiegene Ausbauvolumina werden für weitere und dauerhafte Kostensenkungen sowie Innovationen bei der Technologieentwicklung sorgen.“

Ihre weiteren Detail-Forderungen: Die Politik müsse die durch neue Umspannstationen in der deutschen See bereits entstandenen Netzanschlusskapazitäten „zeitnah“ durch Offshore-Windparks nutzen lassen. Eine „neue Bundesregierung“ müsse dem Netzausbau zum schnelleren Abtransport des Offshore-Windstroms durch große Gleichstromleitungen hin zu Stromverbrauchzentren im Süden und Westen der Republik „Priorität einräumen. Weitere Verzögerungen müssen unbedingt vermieden werden.“ Die Organisationen fordern beherzte Maßnahmen gegen Netzengpässe, die vermehrt zu vom Netzbetreiber veranlasste Einspeisestopps für die Windparks führen. „Dazu zählen Maßnahmen zur verbesserten Netzauslastung“, heißt es in der Erklärung. Außerdem müsse die neue Regierung die sogenannten Must-Run Kapazitäten kritisch prüfen: Die Vorgaben, wie viele konventionelle Kraftwerke am Netz bleiben müssen, um die Systemstabilität bei starker Einspeisung aus den je nach Sonne und Wind wechselhaft erzeugenden Erneuerbaren-Anlagen zu sichern. „Schnellstmöglich“ müsse die Politik auch „die regulatorischen Hürden für die weitere Kopplung der Sektoren“ beseitigen, damit Windstrom bei vollen Netzen auch in Anlagen fließen kann, die Treibstoff und Heizmittel für den Verkehr- und Wärmesektor  erzeugen.

(Tilman Weber)