AD-8-180 ist als installierter Prototyp bereits in Bremerhaven zu besichtigen. Das Modell mit einem Getriebe von Hersteller Winergy hat mit einem Rotordurchmesser von 180 Metern die bislang größten Ausmaße einer Windturbine. Schon seit Juni kennt die Branche nach einem Hintergrundbericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Hinweise zu der Entscheidung von Siemens Gamesa, auf die Serienfertigung der Adwen-Anlage mit 180 Meter Rotordurchmesser zu verzichten. Die Anlage war die erste Entwicklung des Joint Ventures Adwen, das Gamesa und der französische Technologiekonzern Areva zuvor zusammen gebildet hatten. Adwen vereinte die ehemalige Offshore-Sparte der spanischen Gamesa und die auf Offshore-Windenergie konzentrierte Windturbinenfertigung bei Areva. Noch vor der Fusion hatte Gamesa Adwen von Areva ganz übernommen. Nach der Fusion von Siemens und Gamesa lag der Verdacht auf der Hand, dass es Siemens bei der Vereinnahmung des Adwen-Offshore-Geschäfts nicht um diese Technologie, sondern nur um die Adwen-Aufträge für französische Offshore-Windparks gegangen war. Denn Siemens hat die zunächst als Sechs-MW-Version auf den Markt gebrachte eigene Offshore-Direktantriebsanlage mit 154 Meter Rotordurchmesser in den vergangenen zwei Jahren stufenweise auf die Leistung von inzwischen ebenfalls acht MW getrimmt.
Antrieb für die Siemens-Seite im Konzern ist demnach, dass Siemens in den vielleicht künftig drittgrößten Offshore-Markt Europas noch keinen Fuß setzen konnte. Trotz eindeutiger Weltmarktführung im Offshore-Windkraftgeschäft bei weitgehender Dominanz der zwei größten Märkte Deutschland und zweitweise auch Großbritannien war der Hersteller nämlich in den zwei französischen Ausschreibungsrunden leer ausgegangen. Zuschläge hatten hingegen Projekte mit Anlagen des jetzt zu GE gehörenden französischen Konzerns Alstom und mit den Areva- beziehungsweise Adwen-Anlagen erhalten. Denn die französische Ausschreibungsbehörde verlangte eine Fertigung der Anlagen auch in Frankreich, weshalb französische Unternehmen offenbar per se im Vorteil waren. Außerdem hatte Areva den Bau zweier Produktionsstätten für die AD-8-180-Anlage in Le Havre zugesagt – an diesem Bau will Siemens Gamesa festhalten.
Die beiden ehemaligen Adwen-Projekte „Dieppe-Le Treport" und „Yeu-Noirmoutier" haben tatsächlich eine beachtliche Gesamtleistung von 1.000 MW. Auch für ein weiteres noch in der Planung befindliches und auf Adwen-Anlagen durchgerechnetes Windparkprojekt vor der französischen Küste sollen nun die Siemens-Turbinen geliefert werden.
Siemens Gamesa bestätigte offiziell in einer Mitteilung die Aufgabe der Serienproduktion für das Getriebemodell. Der Wechsel in den zwei gesicherten französischen Projekten hin zu den sogenannten Direct-Drive-Modellen aus der Siemens-Entwicklung sei inzwischen von den französischen Behörden genehmigt, teilte Siemens Gamesa mit. Der Bau der AD-8-180 werde beendet.
Allerdings soll offenbar die technische Entwicklung des Adwen-Turbinentyps mit der Zertifizierung der Anlage noch abgeschlossen werden. Das berichtet die Tageszeitung Bremer Weser-Kurier, die sich insbesondere für die bevorstehende Schließung der Fertigung in Bremerhaven interessiert. Die Fertigung in Bremerhaven hat als einzigen Auftrag noch die Herstellung der Anlagen für den deutschen Ostsee-Windpark Wikinger abzuarbeiten. Dort installiert Siemens Gamesa einen Adwen-Turbinentyp mit 135 Meter Rotordurchmesser und fünf MW. Wie schon seit Juni bekannt ist, wird bei einem Ende der Turbinenfertigung lediglich eine Service-Abteilung für die deutschen Offshore-Windparks am ehemaligen Areva-Standort zurückbleiben.
Wie viele aus der 1.140 Mitarbeiter großen Areva-Belegschaft in der Service-Gesellschaft und wie viele in der von Siemens gebauten neuen Produktionsstätte in Cuxhaven einen Arbeitsplatz erhalten werden, werde noch verhandelt, heißt es im Weserkurier. Über konkrete Zahlen zu den bevorstehenden Entlassungen macht Siemens Gamesa bisher keine Angaben. In der Fertigung in Frankreich will Siemens Gamesa zunächst 750 neue Jobs schaffen. Die Pilotanlage der AD8-180 in Bremerhaven darf das Windenergieinstitut Fraunhofer Iwes zu Forschungszwecken nutzen.
(Tilman Weber)