Donald Trump hat im Wahlkampf viel versprochen, aber die Ergebnisse lassen auf sich warten. Man möchte sagen: zum Glück für die Welt. In Wahrheit hat das aber wenig mit Glück zu tun, sondern es ist eine logische Entwicklung. Doch eins nach dem anderen.
Zunächst die Fakten: Trump wollte die Kohleverstromung gegenüber den erneuerbaren Energien stärken und den Ausbau von Ökostromanlagen bremsen. Das hat nicht geklappt. Viele Bundesstaaten pfeifen auf die Ideen der aktuellen Besatzung im Weißen Haus und sehen lieber zu, dass sie mit der Energiewende gut vorankommen. Inzwischen produzieren fünf von ihnen mehr als zehn Prozent ihrer Energie mit der Sonne. Neben Kalifornien, wo fast 20 Prozent des Stroms mit Solaranlagen erzeugt wird, Vermont, das mit 14,6 Prozent Solarenergie auf dem zweiten Platz liegt, gefolgt von Hawaii, wo 13,7 Prozent des Strom aus Photovoltaikanlagen kommen, und Nevada, wo der Solaranteil bei 12,3 Prozent liegt, hat jetzt auch New Hampshire die Zehn-Prozent-Marke geknackt. Dazu kommt noch noch der District of Columbia (DC). Hier wird zwar wenig Strom produziert, doch 83,3 Prozent davon kommen aus kleinen Solaranlagen.
Fast 20 Prozent mehr Ökostrom
Insgesamt lag der Solaranteil über alle Bundesstaaten verteilt Ende Juni 2018 bei 2,45 Prozent. Das sind 25 Prozent mehr als noch zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Aber auch die anderen Erneuerbaren konnten teilweise kräftige Zuwächse verbuchen. Insgesamt 19,6 Prozent mehr Ökostrom flossen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum durch die amerikanischen Netze. Die Windkraft konnte um 23,8 Prozent zulegen und die Geothermie hat 5,6 Prozent mehr Strom produziert. Um diese Größenordnung ist der Anteil der Kohlekraft – immerhin eines der Lieblingskinder von Donald Trump – zurückgegangen. Auch wenn die anderen, von Trump bevorzugten Energiequellen wie Erdöl und Erdgas zugelegt haben, ist die Richtung eindeutig. Die Erneuerbaren können politisch kaum noch aufgehalten werden, weil sie inzwischen ökonomisch durchsetzen.
Das liegt nicht zuletzt an der Opposition der Bundesstaaten gegen die Politik aus Washington. So hat in Kalifornien inzwischen das Unterhaus, also das Parlament, einen Vorstoß gewagt und will das Ziel von 100 Prozent Ökostrom bis 2045 gesetzlich verankern. Bisher hat das Oberhaus, der Senat, das noch nicht bestätigt und auch die Unterschrift von Gouverneur Jerry Brown fehlt auch noch. Doch aus den Branchen der Erneuerbaren kommen schon Aufforderungen an ihn, das Gesetz zu unterschreiben. Denn das würde die Investitionen ankurbeln und in Endeffekt viele Arbeitsplätze schaffen. Allerdings darf das nicht beim legislativen Schritt bleiben, sondern muss auch umgesetzt werden. Die Branchen sehen vor allem einen Weg, die Versorger dazu zu verpflichten, einen immer höheren Anteil ihres Stromangebots mit Erneuerbaren abzudecken. Dadurch müssten sie immer mehr Stromlieferverträge mit Betreibern von Ökostromanlagen abschließen oder selbst solche Anlagen bauen.
Industrie steigt auf Erneuerbare um
Aber auch die Industrie hat gemerkt, dass die Erneuerbaren im Vergleich zum konventionellen Strom einen Alternative sind, die der Geschäftsbilanz zugute kommt. Inzwischen übertrumpfen sich die energieintensiven Internet- und Handelskonzerne darin, ihre Anteile an Ökostrom zu erhöhen. Inzwischen nutzen Google und Apple nur noch Ökostrom, den sie teilweise selbst erzeugen oder über Stromlieferverträge mit Anlagenbetreibern direkt beziehen. Immerhin haben diese Unternehmen einen immensen Strombedarf, unter anderem für den Betrieb ihrer riesigen Rechenzentren. Aber auch Amazon, Microsoft und Facebook nutzen immer mehr erneuerbare Energien, um ihren Strombedarf zu decken. Selbst Unternehmen der analogen Wirtschaft wie Dow Chemical oder General Motors haben den Preisvorteil von Ökostrom erkannt und steigen sukzessive um.
Weltweite Nachfrage nach Hybridanlagen steigt
Doch auch die Welt opponiert gegen die Rückwärtsrolle, die Trump mit seiner Energiepolitik versucht. Mit seiner Geopolitik kurbelt er sogar noch den Umstieg auf Erneuerbare vor allem in netzfernen Regionen an, wie Thomas Hillig, Geschäftsführer des Münchner Beratungsunternehmens Thenergy, erklärt. Er hat sich auf das Thema Inselanlagen und Solar-Diesel-Speicher-Hybridanlagen spezialisiert und sieht eine immer stärker steigende Nachfrage nach Photovoltaikanlagen, um den Dieselverbrauch zu senken. Vor allem Wirtschaftsunternehmen, die sich mit Inselanlagen versorgen – der größte Teil davon sind Bergbauunternehmen, die ihre Minen weit ab vom Stromnetz betreiben – ,sind davon betroffen. „Selbst traditionell fossil geprägte Unternehmen wie Diesellieferanten, Hersteller beziehungsweise Verleiher von Dieselgeneratoren haben ihr Geschäftsmodell angepasst, indem sie erneuerbare Energielösungen integriert haben“, sagt Hillig. „Mittlerweile informieren sich in Afrika Abnehmer immer öfter aktiv über Kombinationen von Solar- und Diesellösungen, wenn ihre Dieselabnahmeverträge auslaufen oder bestehende Verträge zu verlängern sind.“
Er führt das auf die volatilen Erdölpreise zurück, die Trumps Außenpolitik verursachen. Vor allem seine Iranpolitik verunsichert auch andere Erdölländer. Die Folge ist, dass die Dieselpreise steigen und der Strom aus Dieselgeneratoren immer teurer wird. Diese Preisvolatilität gibt wiederum Anlass zu Sorge, da sie die Planbarkeit beeinflusst.
Energiewende bekommt mehr Aufmerksamkeit
Vor allem die Unternehmen, die auf die Inselanlagen angewiesen sind, haben es satt, auf die Dieselpreise der nächsten Monate und Jahre zu wetten und wollen Sicherheit in Form von Solarstrom, der zwar wetterabhängig erzeugt wird, aber dafür im Preis stabil ist. „Auf dem Papier ergeben Dieseleinsparungen durch Solar in abgelegen Regionen bereits seit Jahren Sinn“, erklärt Thomas Hillig. „Allerdings waren vorübergehend niedrige Öl- und Dieselpreise ein größeres Problem. Die ungewollten Auswirkungen der US-Außenpolitik geben aber gerade den entscheidenden Ausschlag zugunsten der Erneuerbaren. Niemand erwartete, dass sich die Rahmenbedingungen in der nahen Zukunft stabilisieren. Wir beobachten gerade einen großen Beratungsbedarf sowohl von netzfernen Abnehmern wie Bergbauunternehmen als auch von Energieversorgern.“
Nicht zuletzt hat Trumps Energiepolitik offensichtlich sogar einen positiven Effekt auf die weltweite Energiewende. Die Präsenz des Themas im Wahlkampf und sein Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen mit großen Brimborium haben das Thema in die Schlagzeilen gebracht und auch diejenigen aufmerksam gemacht, an denen es bisher vorbeigegangen ist. Selbst im eigenen Land kann er die Energiewende nicht mehr aufhalten und die Bundesstaaten machen das, was ihr Präsident von Anfang an negiert hat. (Sven Ullrich)