Dennis Kruse ist um das benötigte Kapital für die nächste Ausbaustufe des zuletzt wieder ins Stocken geratenen Markt der deutschen Meereswindkraft nicht bange: "Es gibt keinen Mangel an Eigenkapital der Investoren", betonte der Leiter der Geschäftsstelle im niedersächsischen Varel der halböffentlichen Stiftung Offshore Windenergie mit Blick in die nahe Zukunft. Das sei auch bei den Kreditangeboten nicht anders: "Die Banken sind bullish", sagte er in der Terminologie der Finanzbranche – was wohl so viel heißen soll wie: gierig nach Projekten. Allerdings werde die Finanzwelt nicht zuletzt aufgrund nicht gesunkener Risiken der Branche die Kreditkosten ebenfalls nicht wesentlich senken können.
Überall in Europa, insbesondere auch in Deutschland, haben die führenden Offshore-Märkte zuletzt sichere Rahmenbedingungen vermissen lassen. So ändert sich in Großbritannien nun der Vergütungsmechanismus mit einer Übergangszeit von wenigen Jahren. Allerdings sind die Rahmenbedingungen nun klar, wie James Beal von der britischen Offshore Wind Investment Organisation UK Trade amp; Investment erklärte: Ab 2015 löst eine jährlich wachsende Marge von mehreren Milliarden Pfund zur Begleichung der Windpark-Vergütungskosten die bisherige Zuteilung von Zertifikaten ab. Diese Marge von beispielsweise 7,6 Milliarden Pfund im Jahr 2021 besagt, dass die Stromversorger dann so viel Geld zur Finanzierung der Vergütung von den Verbrauchern zurückholen dürfen. In Deutschland hingegen, dem zweitgrößten Offshore-Markt, heißt es für die Investoren noch abwarten: Erst wenn voraussichtlich im August die neuen Vergütungsregeln für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vom Bundestag verabschiedet worden sind, wollen die Investoren ihre definitiven Investitionszusagen machen.
Konjunktur: Knick nur in 2016?
Dabei ist nur auf den ersten Blick paradox, dass die neuen EEG-Regeln für die Offshore-Branche schon jetzt bekannt sein dürften – und in der Branche als vertretbar gelten. Und dass die Investoren die Verabschiedung dennoch abwarten wollen. Es gehe zunächst darum, ist beispielsweise aus der Offshore-Abteilung von Energiekonzern EnBW zu erfahren, zu sehen, wie der Markt sich auf die nur leicht geringeren Vergütungen einpendeln werde. Bringe er noch einmal bessere Turbinen hervor, werde er noch einmal effizienter, bleibe die Konkurrenz der Anbieter von Technologie und Dienstleistungen und damit eine gesunde Unternehmenslandschaft erhalten? Dann so scheint es, könnte die Entscheidung für die nächsten Projekte wie bei EnBW Hohe See und He Dreiht binnen Monaten fallen.
Für den Leiter der Offshore-Abteilung beim Expertise-Dienstleister DVN-GL, Peter Frohböse, zeichnet sich das weitere Wachstum der Branche ab: Mit einem kleinen Zwichentief beim Offshore-Windkraftausbau im Jahr 2016 wächst die Zubaukurve bis 2018 steil an. Ab 2019 werde Frankreich als Markt erstmals einen nennenswerten Beitrag dazu leisten. Das besondere ist gemäß den von DVN GL aufgenommenen Unternehmensankündigungen die Wechsel zur nächsten Technologieklasse: Dominieren heute noch 3,6-Megawatt-Turbinen im Zubau zu 90 Prozent wird 2020 die Klasse ab den Sechs-MW-Anlagen vorherrschen, Anlagen bis vier Megawatt hingegen auf einen Anteil von noch unter 40 Prozent rutschen. Ein Engpass für Errichterschiffe ist nicht vor 2018 absehbar. Allerdings könnte in diesem Jahr spannend sein, ob dann dem Bedarf entsprechend auch neue Schiffe vorhanden sein werden, die schwimmend Turbinen errichten können. Derzeit installieren hingegen Jack-Up-Barges die meisten Anlagen: Schiffe, die sich zum Schutz vor dem Wellengang auf Stahlfüßen auf den Meeresgrund abstellen.
(Tilman Weber)