„Damit erhält die Biogasbranche … in Deutschland eine Zukunftsperspektive. Nur mit Energiepflanzen können die weiteren Innovationspotenziale von Biogas gehoben werden“, kommentierte Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas, in der vergangenen Woche das Verhandlungsergebnis. Es gehe „in den nächsten Jahren darum, den Anlagenbestand und neue Projekte konsequent auf Systemdienstleistungen für das Stromnetz und die bedarfsgerechte Bereitstellung von Strom und Wärme auszurichten“, gab der oberste Repräsentant der im Fachverband zusammengefassten eher kleineren Erzeuger der Branche als Motto für das wirtschaftliche Überleben des Erneuerbare-Energien-Wirtschaftszweiges mit 40.000 Beschäftigten vor.
„Es war die ganze Zeit die Sprache davon, dass Energiepflanzen im Falle einer garantierten Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem EEG, gar nicht mehr eingesetzt werden dürfen“, heißt es auf Nachfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN aus dem Fachverband. „Auch wenn die nun angekündigten Vergütungs-Reformen für die Biogas-Stromerzeugung nicht gut sind, bleibt uns nun eine Chance“, sagt eine Sprecherin.
Dass die Branche die Chance nutzen will, belegen auch neueste Unternehmensankündigungen und auf die Nutzung modernster Technologie abzielende Aufrufe. So gab die Vechtaer Anlagenherstellerin Weltec Biopower GmbH zu Wochenbeginn bekannt, ab sofort eine Zusatzausrüstung liefern zu können, mit der sich Biogasanlagen im Non-Stop-Höchstlastbetrieb für die EEG-gestützte Stromversorgung betreiben lassen – während ihre Betreiber dennoch freiwillig ihren Strom für den Regelenergiemarkt anbieten können. Dort müssen sie flexibel je nach Bedarf ihren Strom über eine Direktvermarktung anbieten, erhalten mehr Geld pro Kilowattstunde (kWh) als in der einfachen EEG-Vergütung, müssen aber die Stromzufuhr immer wieder abregeln, sobald beispielsweise schon genügend Wind- oder Solarkraft am Netz liegt. Die Direktvermarktung wird allerdings ohnehin zunehmend mehr zu einer Verpflichtung werden, wie die Absprachen zur großen Koalition zeigen.
BHKW im Dauervolllastbetrieb dank Wärmetauscher
Weltec bietet dafür nach eigenen Angaben nun eine Wärmeumwandlungseinrichtung an, die sich an Biogas-betriebene Blockheizkraftwerke andocken lassen. Der mit dem Akronym INSA bezeichnete containerförmige Wandler erzeugt aus überschüssig produziertem Strom des BHKW Wärme, sobald die Direktvermarkter die Stromzufuhr drosseln wollen. Das Konzept: Die mit einem Wärmetauscher aus dem Strom gewonnene thermische Energie soll in ein Wärmenetz eingespeist werden. Die gesamte Biogasanlage bleibe hingegen „autark“, erklärt Weltec, weil die Steuerungseinheit des Stromvermarktes in INSA eingebaut werden soll, mit der der Direktvermarkter dann den Regler mal mehr in Richtung Strom- und mehr in Richtung Wärmeabnahme schiebt. Entscheidend soll sein, dass die Zusatzausrüstung sehr schnell reagiert: „Steigt der Strombedarf im Netz wieder an, ruht INSA und der ursprüngliche Energiefluss ist in Sekundenschnelle wieder hergestellt“, teilt Weltec mit.
„Es gibt noch keine vergleichbare Technologie auf dem Markt“, erklärt Weltec-Pressesprecherin Ann Börries auf eine Anfrage. Sämtliche anderen marktüblichen Power-to-Heat-Systeme, Strom in Wärme wandelnde Systeme also, funktionierten bisher nur, indem die Leistung habe herunter geregelt werden müssen, sagt die Weltec-Frau. Und kein System konnte bisher sekundenschnell die Stromerzeugung einstellen und wieder auf Einspeisung umschalten, was das Weltec-Verfahren offenbar können soll. Es sei simpel, betont Börries: „Dadurch dass INSA Strom verbraucht, kommt dann auch keiner mehr im Netz an.“ Das reduziere den Verschleiß beim BHKW, weil der Motor dauernd gleichmäßig rotieren kann.
Regelenergiemarkt als Technologietreiber
Dass Weltec damit jetzt an die Öffentlichkeit tritt, habe nichts mit den EEG-Vorhaben der großen Koalition zu tun, heißt es bei Weltec. Die neue Technologie sei vielmehr auf die mit dem EEG 2012 eingeführte Teilnahme des Biogasstroms am Regelenergieverkauf zurückzuführen – mit der sich die Investition heute lohnt. „Vorher wurden Biogasanlagen eben durch das Einspeisemanagement gelegentlich runtergefahren“, sagt Börries, „und das war für den Motor nicht gut. Oder es führte sogar schon mal zu Startproblemen beim Wiederanfahren des BHKW“. Die Kosten für den BHKW-Anbau namens INSA sollen sich binnen zwei Jahren amortisiert haben, verspricht Weltec, ab Anlagengrößen von 250 Kilowatt (kW) lohnten sich die auf 510 kW ausgelegten Aggregate.
Beim Fachverband Biogas ist man allerdings vorerst zurückhaltend mit Freude über das neue technologische Angebot. „Es ist immer wenig effizient, Strom wieder in Wärme zurückzuverwandeln“, heißt es aus der Verbandsgeschäftsstelle. In der Branche wird Weltec hinter vorgehaltener Hand als Unternehmen mit gutem Marketing beschrieben, das aber möglicherweise manchmal zu vorschnell vom technologischen Fortschritt spricht.
Dena plädiert für Wärmespeicher am BHKW
Da passt eine Empfehlung der Deutschen Energie-Agentur (Dena) vom Mittwoch: Die Quasi-Behörde empfiehlt in dem Leitfaden Biomethan BHKW-direkt für die Stromdirektvermarktung eine bessere Ausrüstung der BHKW-Systeme mit Wärmespeichern. Die Anlagenbetreiber könnten „Wärmekosten um 20 Prozent senken“, erklärt die Dena. Inbesondere sieht sie Potenzial darin, die Anlagen mit Wärmespeichern auszustatten. Das ermögliche es den Anlagenbetreibern ganz neue Kundenkreise künftig mit Wärme direkt zu versorgen.
Prozesswärmespeicher oder Wärmetauscher mit dem Fernwärmenetz als Speicher – man darf also gespannt sein, welche Philosophie sich hier durchsetzt.
(Tilman Weber)