Deutschland bleibt trotz drastisch gesunkener Förderung einer der größten Photovoltaikmärkte der Welt. Allein im September gingen Solarstromanlagen mit einer Gesamtkapazität von 981 Megawatt ans Netz, berichtet die Bundesnetzagentur. Damit hat sich der Markt wieder erholt, nachdem der August mit einem Zubau von gerade 330 Megawatt sehr schwach ausgefallen ist. „Für die ersten neun Monate des Jahres ist der Zubaukorridor von 2,5 bis 3,5 Gigawatt pro Jahr, an dem sich die Vergütung des Stroms aus Photovoltaikanlagen bemisst, um rund 3,9 Gigawatt und damit um mehr als das Doppelte überschritten Worden“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Bei einem bisherigen Zubau von 6,227 Gigawatt ist für dieses Jahr ein neuer Rekord zu erwarten.
Monatliche Absenkung um 2,5 Prozent
Die hohe Zubaurate hat zur Folge, dass die Einspeisevergütung weiter drastisch sinkt. Die Bundesnetzagentur hat jetzt die Zahlen für die nächsten drei Monate herausgegeben. Demnach wird Solarstrom ab dem 1. November je nach Anlagengröße mit 12,39 bis 17,9 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Die Tarife sinken zwischen November 2012 und Januar 2013 zu jedem Monatsersten um 2,5 Prozent. Darin enthalten ist die reguläre Absenkung um ein Prozent pro Monat und weitere 1,5 Prozent aufgrund des enormen Zubaus von Solarstromanlagen in diesem Jahr.
Eigenverbrauch wird Verkaufsargument
Für die Branche ist das ein gutes Zeichen. Zum einen wird der Bau neuer Photovoltaikanlagen die Verbraucherstrompreise kaum noch beeinflussen. Zum anderen ist der befürchtet Zusammenbruch des Marktes nach der drastischen Reduzierung der Einspeisetarife im Juni dieses Jahres ausgeblieben. Das liegt vor allem daran, dass sich die Unternehmen der Branche schnell auf die neuen Bedingungen eingestellt haben. Neben der Änderung der Verkaufsargumentation von der Rendite- zur Investitionsorientierung bieten die Unternehmen verstärkt Lösungen zur Optimierung des Eigenverbrauchs an, wie intelligente Energiemanagementsysteme und Stromspeicher.
Preise sinken in den nächsten sechs Monaten weiter
„Die Anschaffung einer Solarstromanlage bleibt auch in Zeiten zurückgehender Fördersätze weiterhin ökologisch sinnvoll und sehr oft auch wirtschaftlich attraktiv“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. „Die Photovoltaikpreise sind derzeit niedrig.“ Das wird auch in den nächsten Monaten so bleiben. Die Marktforscher von IHS iSuppli in El Segundo, Kalifornien prognostizieren einen weiteren Rückgang der Umsätze der Photovoltaikhersteller trotz des starken Marktwachstums in Deutschland. Das ist ein sicheres Zeichen, dass die Preise weiter sinken werden. Die Amerikaner erwarten einen weltweiten Zubau für dieses Jahr von 31 Gigawatt. Das wären elf Prozent mehr als im Vorjahr, als weltweit Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 28 Gigawatt ans Netz gingen. „Trotzdem hält IHS die Nachfrage für nicht groß genug, um weitere Preisrückgänge bis Jahresende zu verhindern“, sagt Stefan de Haan, Chefanalyst bei IHS iSuppli. „Die Nachfrage im vierten Quartal wird durch Photovoltaikinstallationen in China angetrieben. Aber während viele aufgeschobene Solarprojekte bis Jahresende noch fertig gestellt werden und damit die Gesamtzubauzahlen verbessern, ist China ein Niedrigpreismarkt. Deshalb wird selbst ein starkes viertes Quartal in China zu keiner Preiserholung führen.“
Solarstrom billiger als Haushalts- oder Industriestrom
Außerdem liegen die Produktionskosten von Solarstrom inzwischen deutlich unter den Verbraucherstromtarifen. „Damit wird der unmittelbare Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms immer interessanter", erläutert Carsten Körnig. „Die Anrechnung möglichst hoher Eigenverbrauchsquoten wird immer wichtiger für die Wirtschaftlichkeitsberechnung privater oder gewerblicher Photovoltaikanlagen.“ So hat eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ergeben, dass schon 13 Prozent aller Unternehmen sich selbst mit Strom versorgt. In nächster Zeit werden weitere 16 Prozent hinzu kommen. „Für die überwiegende Zahl der Firmen ist das lukrativ“, sagte Sebastian Bolay vom DIHK gegenüber dem Manager Magazin. „Im Idealfall können sie auf diese Weise bis zu 50 Prozent Kosten sparen.“ (Sven Ullrich)