Mit Blick auf die von der Bundesregierung beschlossenen Eckpunkte für die Novellierung des EEG meldet das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) noch Klärungsbedarf an. Vor allem die Integration von Erweiterungen bestehender Biogasanlagen in die Vergütungsstruktur eines novellierten EEG ist für das Landwirtschaftsministerium fragwürdig. „Denn wir haben kein Interesse daran, dass die bestehenden Anlagen ihren produzierten Strom voll ins Netz einspeisen“, erklärt Maria Flachsbarth (CDU), Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, am Rande der Grünen Woche in Berlin. „Schließlich ist die große Stärke der Bioenergieanlagen die Regelbarkeit und die Grundlastfähigkeit. Wenn wir den Vorteil der Regelbarkeit nutzen wollen, müssen die Betreiber ihre Anlagen erweitern, vor allem die Speicher. Dazu sind Investitionen notwendig. Wir müssen verhindern, dass diese Erweiterungen unter ein EEG 2014 fallen, denn dann haben die Anlagenbetreiber kein Interesse zu investieren. Das ist unser zentraler Kritikpunkt.“
1. Flexibilität
Schließlich bietet die Bioenergie einige Vorteile, die Photovoltaik und Windenergie nicht haben. So können sie aufgrund der Regelbarkeit der Anlagen die Erzeugungstäler füllen, die Sonnen- und Windenergie hinterlassen. „Die größten Potenziale haben zwar Windenergie und Photovoltaik, aber die Bioenergie wird eine tragende Säule der Energiewende sein“, betont Daniel Hölder, Leiter Energiepolitik bei Clean Energy Sourcing und Vorstandsmitglied im Bundesverband Bioenergie (BBE). „Wind und Solar werden die Arbeitspferde bei der Energiewende sein, das ist volkswirtschaftlich auch sinnvoll. Denn sie haben keine Brennstoffkosten. Die Bioenergie ist aber eine Flexibilitätsoption.“ So kann eine Biomethananlage, die derzeit unter Vollast gut 8.000 Stunden pro Jahr läuft, auf 2.500 Stunden Laufzeit heruntergefahren werden, rechnet Hölder vor. Der Rest bleibt als Reserve für sonnen- und windschwache Zeiten. Bisher übernehmen zum größten Teil konventionelle Kraftwerke die Aufgabe, das Netz stabil zu halten und die volatile Erzeugung aus Sonne und Wind auszugleichen. „Diesen Sockel an konventionellen Kraftwerken müssen wir durch erneuerbare Energien ersetzen“, sagt Hölder. „Dabei wird die Bioenergie eine große Rolle spielen. Deshalb wird das Wachstum der Bioenergie in nächster Zeit eher qualitativ statt wie bisher quantitativ sein“, prognostiziert Hölder mit Blick darauf, dass die bestehenden Anlagen um größere Speicher erweitert werden müssen, um die Flexibilitätsoption der Bioenergieanlagen zu erhalten.
Hölder sieht aber auch ganz klar, dass die Branche das bisherige Zubautempo nicht halten wird. Er geht davon aus, dass der Nettozubau kurzfristig auf 150 Megawatt pro Jahr sinken wird. Dazu kommt aber noch der Zubau durch die Erweiterung bestehender Anlagen in der gleichen Größenordnung. Insgesamt sieht er das Potenzial der Bioenergie in Deutschland bei 10 Gigawatt installierter Leistung. Derzeit sind 3,5 Gigawatt an Bioenergieanlagen installiert. Er sieht aber auch das Problem der Förderung. Denn die Bundesregierung will diese hauptsächlich auf Abfälle und Reststoffe beschränken und die Förderung von Biopflanzen zurückfahren. Doch das Potenzial für das Aufkommen an Abfällen und Reststoffen ist schon weitestgehend ausgeschöpft.
2. Wärme
Das größte Potenzial sieht Hölder aber im Segment der erneuerbaren Wärme. Hier deckt die Bioenergie schon fast das komplette bisher installierte Aufkommen ab. Die Mitstreiter Solarthermie und Geothermie spielen immer noch eine untergeordnete Rolle. Gerade die Kombination aus Sonnenkollektoren und einem Holzkessel oder einem mit Biomethan betriebenen Brennwertkessel könnte sich in der Bereitstellung regenerativer Wärme als erfolgreich erweisen. Das ist um so bedeutender, als die Wärme gut die Hälfte des Primärenergiebedarfs in Deutschland ausmacht. Die Energiewende im Wärmesektor geht nur immer wieder in der lautstarken Diskussion um den Stromsektor unter.
3. Kraftstoffe
Auch im Verkehrssektor spielt die Bioenergie bisher die entscheidende Rolle, die fossilen Kraftstoffe zu ersetzen. „Wenn die Europäische Union ihre Ziele bei der Treibhausgasemission erreichen will, kommt sie um Biokraftstoffen nicht herum“, sagt Marten Keil, Leiter des operativen Geschäfts bei Crop Energies, einem der größten Hersteller von Bioethanol mit Sitz in Mannheim. „Denn der Verkehrssektor ist ein Bereich mit steigenden Treibhausgasemissionen“, weiß Keil. Diesen Trend kann die EU mit Biotreibstoffen umkehren, zumindest so lange die Option der Elektromobilität noch in den Kinderschuhen steckt. Denn ein Biokraftstoff wird als solcher nur anerkannt, wenn die Einsparung der Treibhausgasemission vom Acker bis in den Verbrennungsmotor 35 Prozent unter dem Wert für fossile Kraftstoffe liegt. „Wir schaffen derzeit 50 Prozent“, sagt Marten Keil. Doch die EU geht derzeit einen anderen Weg. „Wir haben mit Steuerbefreiungen angefangen“, erinnert sich Keil. „Danach mussten wir auf ein Quotensystem umsteigen. Bisher haben wir mit dem Anteil von zehn Prozent gelebt. Doch jetzt wird in Brüssel schon eine Quote von fünf Prozent diskutiert.“ Das Problem der Branche sind die hohen Investitionskosten bei unsicheren Rahmenbedingungen. „Diese sind die Ursache dafür, dass sich die Branche im Moment nicht mehr entwickelt“, kritisiert Keil. (Sven Ullrich)