Aus einer Studie, die das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlicht hat, geht hervor, dass der deutsche Ausstieg aus der Atomkraft auf der einen Seite zu Kursverlusten der Atomwirtschaft geführt hat. Auf der anderen Seite konnten diese Verluste jedoch gesamtvolkswirtschaftlich gesehen durch die massiven Kursgewinne der Erneuerbaren wieder wettgemacht werden.
Höhere Marktkapitalisierung der Atomkonzerne
Wie dir Forscher nachweisen, gingen die bereinigten Kurse der großen Energiekonzerne in den ersten 20 Handelstagen nach der Katastrophe in Japan um 3,5 Prozent zurück. Im gleichen Zeitraum konnten die Aktienwerte der Erneuerbaren um rund 18 Prozent zulegen. Aufgrund der insgesamt höheren Marktkapitalisierung der Atomkonzerne konnten die Zuwächse der Erneuerbaren den weitaus höheren Wertverlust der Atomkonzerne jedoch nicht komplett wieder wettmachen. Nach der vorliegenden Studie kann eher davon ausgegangen werden, dass sich beide Entwicklungen gegenseitig aufheben. Dies legt jedoch ebenfalls den Schluss nahe, dass der beschlossene Atomausstieg insgesamt nur in geringem Maße zum Nachteil der deutschen Energiewirtschaft geschehen ist.
Die Autoren warnen einerseits davor, das deutsche Beispiel eins zu eins auf andere Volkswirtschaften zu übertragen. Allerdings ergibt die Analyse des Bonner Instituts andererseits, dass vor allen Dingen ein Land in Europa von der neuen Energiepolitik Deutschlands profitiert hat: Österreich. Die Energiekonzerne des Alpenlandes profitierten laut der Studie im europäischen Vergleich am Meisten von der deutschen Energiewende. Marktbereinigt konnten die Kurse der österreichischen Energiekonzerne in den ersten 20 Handelstagen nach der Atomkatastrophe in Japan um mehr als 15 Prozent zulegen.
Krise der europäischen Energiebranche
Derselbe Effekt wäre auch für französische Energiekonzerne zu erwarten gewesen. Immerhin kündigte Staatspräsident Sarkozy für die Zukunft größere Atomstromexporte nach Deutschland an. Sarkozy machte aber anscheinend die Rechnung ohne die Wirte: Die Ankündigung des französischen Präsidenten fand keinen Anklang auf den Märkten, wodurch Frankreichs Energiekonzerne keine nennenswerten Kurseffekte verbuchen konnten. Diese Entwicklung wird von den Autoren der Studie als Zeichen gewertet, dass die erwarteten Exporte französischer Atomenergie nach Deutschland im kommenden Winter womöglich doch nicht so hoch ausfallen wie von der französischen Regierung gerne öffentlich prognostiziert.
Trotz der positiven Entwicklung in Deutschland und Österreich sind die negativen Folgen der Finanzkrise in der erneuerbaren Energiebranche in ganz Europa zu spüren. Neben der Bundesregierung mit dem EEG 2012 kürzten auch Italien und Spanien ihre Programme und Subventionen zur Unterstützung erneuerbarer Energieformen. Risikokapitalfirmen, die bisher durch die Aussicht auf staatliche Förderung in kapitalintensive Langzeitprojekte im Bereich der Erneuerbaren investierten, ändern jetzt ihre Investmentstrategie und steigen vermehrt in weniger kapitalintensive Projekte mit Aussicht auf kurzfristigere Profitabilität um. Dies geht aus Zahlen des Branchenfachdienstes Dow Jones Venture Source hervor. (Daniel Seemann)