Die Landesregierung von Baden-Württemberg öffnet die Flächenkulisse für den Bau von Solarparks über die im EEG vorgesehenen Gebiete hinaus. Konkret hat Stuttgart beschlossen, in Zukunft den Bau von Freiflächenanlagen auf benachteiligten Acker- und Grünlandflächen grundsätzlich zuzulassen. Im EEG ist hingegen vorgesehen, dass Solarparks vor allem auf Konversionsflächen und auf 100 Meter breiten Seitenrandstreifen von Autobahnen und Schienenwegen gebaut werden dürfen. Der Bau von Solaranlagen auf Acker- und Grünflächen ist nur erlaubt, wenn die Regierung des Landes, in dem die Fläche liegt, eine entsprechende Rechtsverordnung erlässt und die entsprechenden Flächen für die Photovoltaik freigibt.
Mit dem jetzigen Beschluss ist Baden-Württemberg das erste Bundesland, das diese im Paragraf 37c Absatz 2 des EEG vorgesehene Regelung anwendet. „Wenn wir die Sonne in unserem Land nutzen und an Ausschreibungen für Solarparks teilnehmen wollen, müssen wir die Grenzen des EEG verlassen“, begründet Franz Untersteller, Umwelt- und Energieminister von Baden-Württemberg, die Entscheidung. „Das tun wir, in dem wir jetzt Photovoltaikfreiflächenanlagen in benachteiligten Gebieten auf Acker- und Grünlandflächen ermöglichen.“
Bisher wenig Erfolg in den Ausschreibungen
Untersteller betont, dass es in südwestlichen Bundesland zu wenige erschließbare Konversionsflächen oder Seitenrandstreifen gebe, damit das Land erfolgreich an Ausschreibungen teilnehmen könne. Öffne man die Flächenkulisse nicht, wäre das Land darauf angewiesen, dass die Solarparks in Ost- und Norddeutschland gebaut würden, von wo Baden-Württemberg dann den Strom beziehen müsste. „Da wir den Ausbau der Photovoltaik den anderen alleine weder überlassen wollen noch überlassen können, wenn wir die Themen Versorgungssicherheit mit Strom und Klimaschutz ernst nehmen, benötigen wir die zusätzlichen Flächen“, betont Untersteller. Tatsächlich war das Bundesland in den vergangenen Ausschreibungen kaum erfolgreich. Von den bisher versteigerten 1.110 Megawatt konnten in Baden-Württemberg nur neun Projekte mit einer Gesamtleistung von 29 Megawatt eine Marktprämie gewinnen. Das sind 2,6 Prozent der versteigerten Leistung und 4,3 Prozent der bezuschlagten Projekte.
Anlagen stehen näher am Verbraucher
Mit der jetzt beschlossenen Öffnung der Flächenkulisse reagiert Stuttgart auf den bisher sehr übersichtlichen Erfolg des Bundeslandes in den Ausschreibungen. Dass die Zulassung von Acker- und Grünflächen Nachteile ausgleichen kann, hat die grenzüberschreitende Ausschreibung zwischen Deutschland und Dänemark gezeigt. In dieser Auktion gingen alle Zuschläge nach Dänemark, wo sich die Projektierer mit Solarparks auf Freiflächen beworben hatten. Zudem bringt Baden-Württemberg die Erzeugungsanlagen näher zum Verbraucher. Waren bisher die Acker- und Grünflächen eher in der Kritik, dass sie abseits von Verbrauchszentren liegen, ist dies in Bezug auf den Transport des Stroms über lange Leitungen vom Nordosten in den Südwesten der Bundesrepublik relativiert. Zwar sind die Ackerflächen immer noch weit weg von den urbanen Zentren, wo der Strom verbraucht wird. Doch wird der Strom immerhin schon mal in gleichen Bundesland produziert und verbraucht.
9.000 Hektar Land zugelassen
Das Umwelt- und Energieministerium in Stuttgart geht davon aus, dass insgesamt etwa 900.000 Hektar in benachteiligten Gebieten durch die Verordnung für Solarparks geöffnet werden. Das sind immerhin etwa zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Baden-Württemberg, rechnen die Beamten in Stuttgart vor. Doch Untersteller geht davon aus, dass jährlich maximal nur 200 Hektar zur Photovoltaiknutzung vorgesehen sind. Er sieht dabei die Grenze bei 100 Megawatt pro Jahr. Schließlich haben die Kommunen das letzte Wort. Zwar kann Stuttgart die Acker- und Grünlandflächen zur Nutzung freigeben. Ob die Solarparks auf diesen Flächen tatsächlich zugelassen werden, hängt von der Bauleitplanung der zuständigen Kommune ab, ganz davon abgesehen, dass es auch in der bundesweiten Ausschreibung erfolgreich sein muss. Die Sorge der Nutzungskonkurrenz mit der Landwirtschaft hegt der Umweltminister dabei nicht. Er geht davon aus, dass die Belange der Landwirtschaft und des Naturschutzes in der kommunalen Planung ausreichend berücksichtigt werden, wie er es ausdrückt. (Sven Ullrich)