Nach einem einjährigen Testlauf ist am 17. November der erste kommerzielle Offshore-Windpark Südkoreas in Betrieb gegangen. Der 30-Megawatt-Testwindpark hatte seine erste Kilowattstunde (kWh) bereits im September 2016 eingespeist, aber seither noch keine regelmäßige Voll-Einspeisung betrieben. Nun sollen die zehn Anlagen des einheimischen Herstellers Doosan mit jeweils drei MW Erzeugungskapazität und 91 Meter Rotordurchmesser die südkoreanische Inselprovinz Jeju mit Strom versorgen. Insgesamt möchte die Provinzverwaltung bis 2022 noch fünf weitere Offshore-Windparks mit einer gemeinsamen Erzeugungskapazität von 660 MW errichten, um dem Ziel nahe zu kommen, den Strombedarf der 600.000 Einwohner-Region bis 2030 komplett mit CO2-frei erzeugter Elektrizität abdecken zu können.
Damit hat der fernöstliche asiatische Staat bei der Verwirklichung seiner längst verspäteten Offshore-Windkraft-Pläne endlich abgelegt. Schon 2010 hatte die Regierung in Seoul angekündigt, von 2013 an bis 2016 die ersten 2,5 Gigawatt Offshore-Windkraft ans Netz zu bringen. Später hieß es, das Southwest Offshore Windfeld werde 2019 in Betrieb gehen. Nun soll dort 2018 der Bau von vorerst 60 Doosan-Anlagen mit wieder drei MW Turbinennennleistung aber 100 Meter und 134 Meter Rotordurchmesser beginnen. Die nächsten 400 MW sollen in dem Windfeld vor Seoul 2022 ans Netz.
Südkorea, USA: Neue Großprojekte im Visier
Aber die südkoreanische Offshore-Entwicklung hat nun tatsächlich etwas Zugkraft: Am 24. November meldete der nationale Versorger Korea South-East Power die Unterzeichnung einer Absichtserklärung zu einem weiteren Großprojekt: Das Unternehmen werde einen 600-MW-Windpark vor der Insel Wando im Süden bauen. Nur, bis wann das geschehen könnte, teilte das Unternehmen noch nicht mit.
Südkorea ist freilich nicht der einzige Staat, der Großprojekte ins Visier nimmt. In den USA war 2017 das Jahr eins nach der Installation des ersten Demonstrationswindparks ebenfalls mit 30 MW – durch Turbinenbauer GE. In diesem, nun ablaufenden Jahr, haben einige US-Küsten-Bundesstaaten ihre Bereitschaft zu Offshore-Projekten erklärt sowie erste Unternehmen sich Windkraft-Ausbeutungsrechte im großen Stil vor der Küste gesichert.
Vorbereitungen in Australien, Indien, Taiwan
Nun treten auch die Akteure des ersten australischen Meereswindparks ins Rampenlicht: Das australische Offshore Energy hatte bereits Anfang des Jahres ein Zwei-Gigawatt-Projekt vor der Südprovinz Victoria vorgeschlagen – und von der Regierung des Bundesstaates auch Zustimmung erhalten. Jetzt, in der letzten Novemberwoche, gab mit dem dänischen Infrastrukturfonds Copenhagen Infrastructure Partners ein kapitalkräftiger Offshore-Investor eine Kooperation mit Offshore Energy bekannt. Der geplante Windpark mit dem Namen Star of the South soll aus 250 Turbinen bestehen. In Taiwan hatte der Entwickler Swancor Renewable noch im Sommer angekündigt, nach der ersten schon errichteten Testanlage nun 2019 den ersten Offshore-Windpark des Landes namens Formosa I mit 120 MW in Betrieb zu nehmen.
In Indien ist immerhin seit Anfang November die Lidar-Anlage zur Windmessung im ersten geplanten Offshore-Windfeld in Betrieb. Die Laser-Konstruktion zum Abtasten des Luftraums über dem Planareal für ein 200-MW-Projekt soll weitere entscheidende Daten dafür einsammeln, damit 2018 das Packet der technischen Dokumentationen für die Ausschreibung des Projekts fertig wird. 2019 sollen die ersten 100 MW des Facilitating Offshore Wind in Industry (Fowind) genannten Pionierprojekts installiert sein. Unterstützung erhält Fowind seit 2013 durch die Europäische Union, die vier Millionen Euro zahlt.
Europa-Ausblick vom Baltikum bis nach Griechenland
Aber selbst wenn sich Export-Chancen für europäische Hersteller in manchen dieser Märkte anders als womöglich von der EU erhofft nicht ergeben sollten, falls lokale Hersteller den Vorzug erhalten: Auch in Europa eröffnen sich scheinbar fast zeitgleich neue Perspektiven. So ließ der im Weltmarkt führende Offshore-Wind-Projektierer Ørsted aus Dänemark wissen, der vor seiner kürzlich erfolgten Umbenennung noch Dong hieß: Der Offshore-Windmarkt Niederlande könne sogar zu einem der größten Offshore-Windmärkte werden. Dies sagte der Niederlande-Manager bei Ørsted, Jasper Vis in einem Interview mit einem Online-Branchenportal – mit Verweis auf die Planungen: Das Land will demnächst jährlich 1.000 MW ausbauen.
Und zum schon bekannten, demnächst bevorstehenden Markteintritt für Frankreich könnten noch solche von Finnland, Estland, Polen und – ein Wiedereintritt: – Schweden kommen. Selbst ins Mittelmeer könnte Bewegung kommen: Der niederländische Hersteller Seawind gab wie berichtet jetzt das Vorhaben kleiner Einheiten schwimmender zweiflügeliger Windenergieanlagen rings um die griechischen Inseln bekannt, um diese zu mit Strom zu versorgen. Im November 2016 hatte die Politik auch in Portugal grünes Licht für einen Schwimmverbund von drei bis vier Windturbinen bekannt gegeben, der 2018 auf See sein soll – freilich dann im Atlantik.
Technologischer Wettbewerb bis zur Zehn-MW-Anlage
Allerdings wird auch die Konkurrenz um die fortschrittlichste und ertragsstärkste Technologie nicht geringer. So will Siemens nun mit Wettbewerber Vestas aus Dänemark gleichziehen und ebenfalls einen Rotor mit deutlich mehr als 160 Meter Durchmesser an die Acht-MW-Anlage montieren. Die Turbine mit 167 Meter Rotordurchmesser übertrifft damit die Vestas-Anlage V164 noch in der Effizienz der Wind-Ausbeutung. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis von überstrichener Rotorfläche zur Nennleistung. Allerdings erzeugen die Vestas-Turbinen mit 164-Meter-Rotor inzwischen auch mit Nennleistungen von bis zu 9,5 MW.
Zudem arbeiten viele Hersteller – auch Siemens und Vestas –an der Entwicklung von Zehn-MW-Anlagen. Senvion – Pionier bei der Herstellung reiner Offshore-Windenergieanlagen im sogenannten Multimegawattbereich ab fünf MW – hat jetzt die Förderung eines Entwicklungskonsortiums europäischer Akteure unter der Führung von Senvion beantragt. Der Antrag zielt auf die Horizont-2020-Förderung der Europäischen Union, mit der Turbinenbauer Senvion niedrige Stromgestehungskosten für eine Zehn-MW-Anlage vorantreiben will.
Niederlandes Seawind arbeitet wiederum an einer 10,4-MW-Anlage mit 210 Meter Rotordurchmesser. Selbst im Mittelmeer bei für Offshore nur mäßigen 8,5 Meter pro Sekunde mittlerer Windgeschwindigkeit soll die Anlage laut dem Unternehmen auf eine Auslastung von 4.300 Volllaststunden kommen. Zum Vergleich: für Nordsee-Windparks rechnet die Branche mit plus-minus 4.500 Volllaststunden bei Wind von durchschnittlich 10 Meter pro Sekunde. Allerdings ist derzeit auch der 6,2-MW-Prototyp noch gar nicht installiert. 2018 soll er erst vor dem norwegischen Karmøy in See stechen.
(Tilman Weber)