Die Bundesregierung muss eine weitere juristische Niederlage einstecken. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und des BUND stattgegeben. Die Regierung wurde dazu verurteilt, ein Sofortprogramm nach § 8 Klimaschutzgesetz zu beschließen, das die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz genannten Jahresemissionsmengen der Sektoren Gebäude und Verkehr für die Jahre 2024 bis 2030 sicherstellt. Das Urteil ist noch nicht rechtkräftig. Es kann also Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.
Wirksame Sorfortprogramme blieben aus
Hintergrund der Klagen war, dass die Sektoren Verkehr und Gebäude in den Jahren 2021 und 2022 überschritten hatten. Doch statt – wie im noch gültigen Klimaschutzgesetz vorgeschrieben – wirksame Sofortprogramme zu beschließen, hatte die Regierung im Oktober dieses Jahres ein Klimaschutzprogramm 2023 beschlossen. Dabei hatte sie offenbar den Blick zu weit nach vorne gerichtet: Eine Reform des Klimaschutzgesetzes sieht die Abkehr von sektorscharfen Minderungszeilen zu Gunsten eines allgemeinen CO2-Budgets vor. Noch allerdings wurde diese Reform nicht im Bundestag beschlossen.
Das Klimaschutzprogramm erfülle die gesetzlichen Vorgaben aus dem gültigen Klimaschutzgesetz nicht, befanden jetzt die Richter am OVG. Es überprüfe lediglich anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtberechnung, ob die Klimaschutzziele bis 2030 erreicht werden. Ein Sofortprogramm müsse aber kurzfristig wirksame Maßnahmen enthalten, die die Einhaltung der im Klimaschutzgesetz ausgewiesenen Jahresemissionsmengen für die folgenden Jahre im jeweiligen Sektor sicherstellen, so das Gericht.
Klagende Verbände fordern schnelle Maßnahmen: Tempolimit und Gebäudesanierungsplan
Die klagenden Verbände fordern nun schnelles Handeln. DUH und BUND wollen umgehend Notfallmaßnahmen wie ein Tempolimit, eine Sanierungsoffensive etwa für Schulen und Kindergärten und flächendeckende Sanierungsfahrpläne für Gebäude beschlossen sehen. Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin, sagte das Gericht habe dem Klimaschutz den Rücken gestärkt. „Das klimapolitische Versagen der Bundesregierung ist gesetzeswidrig.“
Problematisch in dieser Situation ist allerdings, dass der Regierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem November viel Geld fehlt, um Fördermaßnahmen auf den Weg zu bringen. Welche Mittel im Haushalt 2024 für den Klimaschutz zur Verfügung stehen, ist offen. Die Umweltverbände verlangen daher den Abbau klimaschädlicher Subventionen, etwa die Abschaffung des Dienstwagenprivileg und der Steuervorteilen für Dieselkraftstoff und Kerosin.
UBA berechnete 65 Milliarden Euro umweltschädlicher Subventionen
Das Umweltbundesamt hatte im Jahr 2021 die Summe von 65 Milliarden Euro umweltschädlicher Subventionen für das Jahr 2018 ermittelt. Das Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft hat ein einer aktuellen Studie berechnet, dass kurzfristig jährlich knapp 24 Milliarden Euro durch den Abbau solcher Förderungen zur Verfügung stünden. Allein die Reform der Dienstwagenbesteuerung führe zu Mehreinnahmen in Höhe von 5,7 Milliarden Euro pro Jahr , eine Reform der Diesel-Besteuerung im Rahmen von Energie- und Kfz-Steuer zu rund einer Milliarde Euro oder 6,8 Milliarden Euro bei Einbeziehung von Lkw, heißt es in dem Papier.
Verkehrsministerium schließt Revision nicht aus
Das Bundesbauministerium kündigte an, die Urteile auszuwerten, sobald sie schriftlich vorliegen. „Wie wir darüber hinaus weiter vorgehen, werden wir nach Vorliegen der Begründung prüfen. Dazu gehört selbstverständlich auch die Prüfung von Maßnahmen, die den Urteilen des Gerichts gerecht werden“, sagte eine Sprecherin. Aus dem Bundesverkehrsministerium hieß es, die Bundesregierung werde dabei auch prüfen, ob der Rechtsweg weiter beschritten werden soll und Revision zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. (kw)
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