Die Zeit drängt. Die Projektierer von großen Dachanlagen geraten langsam unter Druck. Denn bis Jahresende müssen sie mit den aktuellen Projekten fertig werden. Gelingt die EEG-konforme Inbetriebnahme nicht bis spätestens zum 1. Januar 2017 fällt die Wirtschaftlichkeit der Generatoren dem Kurs der Bundesregierung zum Opfer, die Energiewende möglichst auszubremsen. Denn dann gibt es keine Einspeisevergütung für den produzierten Strom mehr. Die Anlagen müssten dann in die Ausschreibungen gehen und sich gegen die viel preiswerter zu errichtenden Freiflächenanlagen durchsetzen. Das ist kaum realistisch.
Generator auf Logistikhalle wird gerade gebaut
Um dies zu umgehen, stehen die Monteure des luxemburgischen Projektierers Avantag Energy unter mächtigem Druck. In Bobenheim-Roxheim in Rheinland-Pfalz bauen sie gerade zusammen mit IBC Solar eine riesige Aufdachanlage auf einer Logistikhalle, die von der Immobiliengruppe VGP errichtet wurde. Das Photovoltaiksystem werde noch in diesem Jahr in Betrieb gehen, betonen die beteiligten Unternehmen. Damit bekommen die Betreiber, die Energieversorger Enovos und Energie Südwest noch die Einspeisevergütung, wie sie im EEG festgelegt ist.
Schließlich leisten die 6.828 Module von IBC Solar aus Bad Staffelstein gut 1,8 Megawatt. Da das System damit über der Bagatellgrenze von 750 Kilowatt liegt, die die Bundesregierung den Dachanlagen einräumt, um nicht in die Ausschreibungen gehen zu müssen, muss die Anlage noch in diesem Jahr fertig werden. Der gesamte Strom soll zunächst ins Netz der Stadtwerke Frankenthal eingespeist werden. Die Einspeisung der jährlich zu erwartenden 1,66 Gigawattstunden Solarstrom erfolgt direkt am Gebäude. Gleichzeitig haben die Monteure die Anlage so verschaltet, dass ein späterer Umstieg auf Eigenverbrauch möglich ist. Das hängt allerdings davon ab, ob das Unternehmen, an den die VGP die Logistikhalle vermietet, dies auch will.
Montage in Frankenthal läuft planmäßig
Im benachbarten Frankenthal stehen die Monteure von Avantag Energy unter dem gleichen Zeitdruck, eine riesige Dachanlagen fertig zu stellen. Dort baut die Energiegenossenschaft Inn-Salzach (Egis) auf dem Dach einer neu errichteten Logistikhalle, die ebenfalls von VGP Immobilien entwickelt wird, eine Solaranlage mit einer Leistung von gut vier Megawatt. Diese riesige Dachanlage ist auf die Einspeisevergütung ausgelegt, mit der die Energiegenossen ihre Investition wieder einspielen.
Die Ost-West-Anlage realisiert Avantag Energy gemeinsam mit Max Solar aus Traunstein. Trotz des eisigen Wetters montieren die Installateure die Module derzeit im Akkord. Die erste Einheit ist bereits vollständig fertig und in wenigen Tagen wollen die Monteure auch die Installation des zweiten Modulfelds abschließen. „Dank der guten Zusammenarbeit mit allen Zulieferern sind wir absolut im Zeitplan und werden das Ziel sicher erreichen“, betont Christoph Schindler von Max Solar mit Blick auf den engen Zeitplan zur Fertigstellung des Generators bis Ende dieses Jahres. Zu diesen Zulieferern gehören neben Hanwha Q-Cells als Modullieferant auch Kaco New Energy und Schletter, die Wechselrichter und Montagesystem liefern.
Zunächst auf Netzeinspeisung ausgelegt
Die Energiegenossenschaft wird den Strom zunächst in das Netz der Stadtwerke Frankenthal einspeisen. Doch auch diese Anlage ist für den Eigenverbrauch in der Logistikhalle vorbereitet, wenn das einziehende Unternehmen den Strom von Dach der Halle selbst nutzen will. „Logistikzentren haben einen ähnlich hohen Strombedarf wie produzierende Unternehmen“, erklärt Pascal Lang, Vorsitzender der Egis. „Da wäre es nicht im Sinne der Energiewende, wenn wir die Möglichkeit der Eigenversorgung nicht in unserem Konzept berücksichtigt hätten. Da der zukünftige Mieter des Logistikzentrums das Gebäude aber erst Ende 2017 beziehen wird, haben wir uns zunächst für die Volleinspeisung entscheiden. Wir hoffen aber, den Mieter von der Nutzung des sauberen Sonnenstroms vom eigenen Dach überzeugen zu können.“ Voraussetzung ist aber, dass die Anlage noch in den kommenden drei Wochen komplett in Betrieb genommen ist.
Viel Eigenverbrauch, den Rest ins Netz eingespeist
Die Installateure des Solarprojektierers Wirsol haben diese Probleme nicht. Denn sie haben ihr jüngstes Projekt schon fertiggestellt. Zudem liegt es mit 165 Kilowatt weit unter der Bagatellgrenze. Zwar verbraucht RST Rohrleitungs-, Straßen- und Tiefbau etwa 44,5 der erwarteten 140,2 Megawattstunde jedes Jahr selbst. Doch mehr als 95 Megawattstunden muss das Unternehmen, auf dessen Hauptniederlassung im niedersächsischen Bovenden-Lenglem die Anlage steht, ins Netz einspeisen. Zwar liegt der Strombedarf im Unternehmen höher. Doch der spezielle Lastgang sorgt dafür, dass zur Mittagszeit der Bedarf besonders hoch ist, während der Generator in andren Zeiten deutlich mehr Strom produziert als RST verbraucht „Um dieses Problem perfekt zu lösen, hätte man entweder eine größere Anlage bauen müssen, was jedoch die Dachkapazität nicht hergibt, oder man müsste mittelfristig Speicher setzen“, erklärt Johannes Groß, Vertriebsleiter von Wirsol.
Direktvermarkter gleich mitgebracht
Doch bis sich das Unternehmen dazu entschließt, in einen Speicher zu investieren, speist es den Überschussstrom erst einmal ins Netz ein. Da der Generator aber mehr als 100 Kilowatt leistet, muss RST den Strom selbst vermarkten. Das stellte Wirsol vor eine neue Herausforderung, um den Kunden von der Installation einer Solaranlage zu überzeugen. Da sich die Badener aber in Zukunft mehr als Energiedienstleister denn als Projektierer aufstellen wollen, haben sie eine Lösung gefunden. Wirsol liefert den Direktvermarkter gleich mit. „Der angenehme Nebeneffekt für die RST sei dabei: Mit der Direktvermarktung von Wirsol profitiere das Unternehmen von deutlich höheren Erlösen als bisher über das starre Korsett der fixen EEG-Vergütung erzielbar waren“, betonen die Badener. (Sven Ullrich)