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Stadtwerke

Bürgerbeteiligung ist ein Muss

Die Beteiligung der Bürger ist ein zentraler Baustein der Energiewende. Ohne diesen wird sie kaum gelingen. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) und Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) mit Sitz in Potsdam. „Die Energiewende ist eine immense Infrastrukturaufgabe, die gesamtgesellschaftlich zu stemmen ist“, fasst Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des VKU, die Ergebnisse der Umfrage zusammen. „Die Ausführung ist technisch komplex und macht Eingriffe in die Landschaft notwendig, etwa durch den Bau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen oder Stromtrassen. Das fordert den anwohnenden Bürgern Zugeständnisse ab. Bürgerbeteiligung ist ein Weg, auf dialogorientierte Weise, gemeinsame und für alle Akteure tragbare Lösungen zu finden“, erklärt Reck die Notwendigkeit, die Bürger mit einzubeziehen. „Nur durch eine solche Teilhabe kann die weitere Umsetzung der Energiewende als Gemeinschaftswerk gelingen“, ergänzt Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des IASS. „Zugleich ist die Energiewende das Feld, in dem Formen der Bürgerbeteiligung maßgeblich ausprobiert und weiterentwickelt werden können.“

Teilhabe ist mehr als nur finanzielle Beteiligung

Der VKU und das IASS haben im März dieses Jahres fast 100 Stadtwerke befragt. Dabei ging es nicht nur darum, welche Bedeutung die Stadtwerke der Bürgerbeteiligung beimessen, sondern auch darum, welche Erfahrungen sie damit schon gemacht haben. Bürgerbeteiligung wird nicht nur als Teilhabe an der Finanzierung von Projekten definiert: Vielmehr haben die Projektbeteiligten diese sehr breit definiert, um auch informelle, gesetzlich nicht geregelte Formen zu erfassen. Dazu gehören runde Tische, Zukunftskonferenzen und Bürgerversammlungen, um die Anwohner auch konkret in die Planung von Anlagen mit einzubeziehen.

Beteiligung auch außerhalb der gesetzlichen Regelungen

Von den befragten Unternehmen halten 91 Prozent die Bürgerbeteiligung für wichtig oder sehr wichtig. Diese Einschätzung beruht auch auf den guten Erfahrungen, die die Stadtwerke mit der Bürgerbeteiligung gemacht haben. Immerhin kapp die Hälfte der befragten Unternehmen hat in den vergangenen zehn Jahren die Bürger in die Planung, den Bau und den Betrieb von Ökostromanlagen mit einbezogen. Dabei haben die Stadtwerke vor allem Photovoltaikanlagen mit Beteiligung der Bürger gebaut. Gut zwei Drittel der Unternehmen, die die Bürger mit einbezogen hat, taten dies im Bereich Solarenergie. Ein Drittel dieser Unternehmen hat Windkraftanlagen mit der Beteiligung der Anwohner geplant und gebaut. Biomasseanlagen mit Bürgerbeteiligung haben noch 28 Prozent der Unternehmen errichtet. Gut 80 Prozent dieser Stadtwerke haben die Bürger auf informellen Wegen und außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung mit einbezogen. „Kommunale Unternehmen sind nah an den Bürgern und den kommunalpolitischen Entscheidungen“, schlussfolgert Hans-Joachim Reck vom VKU aus diesem Ergebnis. „Bei diesem hohen Anteil an informeller Beteiligung ist es umso wichtiger, mehr über das Verständnis und die Praxis der von den Unternehmen durchgeführten Beteiligungsprozesse zu erfahren. Bislang liegen dazu kaum empirische Daten vor“, betont Ina Richter. Die Wissenschaftlerin am IASS hat die Umfrage im Rahmen des Projekts Demoenergie – Die Transformation des Energiesystems als Treiber demokratischer Innovationen des IASS mit durchgeführt.

Stadtwerke beteiligen Bürger freiwillig

Der hohe Anteil der informellen Beteiligung zeigt auch, dass die Stadtwerke in Vorleistung gehen. Mit 86 Prozent beruht die Entscheidung, die Bürger in geplante Energieinfrastrukturvorhaben mit einzubeziehen, mehrheitlich auf eigener Initiative. Dabei spielt auch die Kommune als Eigentümerin eines Stadtwerks keine unwesentliche Rolle. Fast die Hälfte der Beteiligungsentscheidung sind auf Initiative der Kommunalpolitik zustande gekommen. Hier zeigt sich auch eine deutliche Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der politisch Verantwortlichen vor Ort und der Politik, die die Bundesregierung betreibt, indem sie über die Ausschreibungen die finanzielle Beteiligung der Bürger zunichte macht. Auch wenn nur jedes Fünfte befragte Stadtwerk dies als Form der Beteiligung nennt, bleiben den Stadtwerken dann nur noch die informellen Möglichkeiten, die Anwohner mit einzubeziehen. Trotz dieser Schwierigkeiten werden die Stadtwerke auch weiterhin versuchen, die Bürger an der Planung und am Bau von Anlagen beteiligen. Sie sehen in der eigenen Initiative die wichtigsten Auslöser für die Beteiligung von Bürgern an Energieinfrastrukturprojekten. (Sven Ullrich)