Es hat keinen Tag gedauert, bis sich nach der Veröffentlichung der aktuellen Mittelfristprognose der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Ampirion, EnBW, Transportnetze und TenneT die ersten Kritiker der Photovoltaik zu Wort gemeldet haben, um eine neue Debatte um die Solarförderung anzustoßen. So fordern Michael Fuchs, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der CDU im Bundestag und sein Parteikollege Joachim Pfeiffer die Deckelung des Zubaus der Photovoltaik auf 500 bis maximal 1.000 Megawatt pro Jahr. Mit dem Argument, dass die Übertragungsnetzbetreiber im Jahr 2016 allein für die Photovoltaik mit einer Vergütungszahlung von 10 Milliarden Euro rechnen, was die Hälfte der gesamten Vergütungszahlungen wären, fordern sie von der Regierung, umgehend Vorschläge vorzulegen, wie die Kosten gesenkt werden könnten. Schließlich habe man sich das Ziel gesetzt, dass die EEG-Umlage nicht über 3,5 Cent pro Kilowattstunde steigen soll.
44 Gigawatt Solarleistung bis 2016?
Tatsächlich schätzen die Übertragungsnetzbetreiber in ihrer Mittelfristprognose, die sie alle fünf Jahre erstellen, dass die EEG-Umlage von derzeit 3,53 Cent pro Kilowattstunde auf einen Wert zwischen 3,6 und 4,47 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2013 steigen werde. Die Autoren gehen davon aus, dass im Jahr 2016 Anlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 94 Gigawatt am Netz sind. Davon entfallen 91 Prozent auf Solar- und Windenergie. Man prognostiziert, dass dann Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 44 Gigawatt sauberen Strom ins Netz einspeisen. Dementsprechend wird auch die Strommenge steigen, die die Anlagen erzeugen. Die Übertragungsnetzbetreiber schätzen, dass diese im Jahr 2013 rund 144 Terrawattstunden betragen wird.
EEG-Umlage ungleich verteilt
Die steigende EEG-Umlage führe zu überduchschnittlich hohen Energiepreisen für die deutsche Industrie und da vor allem für die energieintensiven Unternehmen, wie Fuchs und Pfeiffer behaupten. Die beiden Unionspolitiker lassen dabei aber außer Acht, dass energieintensive Unternehmen generell von der EEG-Umlage befreit sind und der Kreis der Unternehmen, die keine Umlage bezahlen müssen mit der EEG-Novelle noch erweitert wurde, wie die kritisiert. „Ein Blick in das Zahlenwerk zeigt, dass der obere Prognosewert vor allem das Ergebnis einer breiten Begünstigung der Wirtschaft, großzügiger Liquiditätsreserve sowie von Mitnahmeeffekten durch die von der Koalition neu eingeführte Marktprämie ist“, kommentiert Rainer Baake, Geschäftsführer der DUH. Schließlich sind nach Angaben der des Bundesverbandes Erneuerbare Energie sind derzeit 600 Unternehmen von der EEG-Umlage befreit. Deshalb verteilen sich die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien auf immer weniger Schultern und die Leittragenden dieser indirekten Wirtschaftssubvention sind die privaten Haushalte, die die EEG-Umlage nun allein schultern müssen.
Unklare Sonderfaktoren eingerechnetHeftig kritisiert werden die Zahlen der Übertragungsnetzbetreiber von den Fachleuten aus dem Bundesumweltministerium (BMU). Hier hält man die Prognose für maßlos übertrieben und geht davon aus, dass die EEG-Umlage in den nächsten beiden Jahren relativ stabil bleiben oder allenfalls nur geringfügig steigen wird. Das Ministerium begründet seine Kritik damit, dass die Zahlen der Übertagungsnetzbetreiber an der obersten Grenze der zugrunde gelegten Berechnungen liegen und bestimmte unklare Sonderfaktoren wie eine Liquiditätsreserve einrechnen. „Im Ergebnis ergibt sich ein schiefes Bild“, heißt es in einer Erklärung des BMU zur Prognose. Schon in der letzten Mittelfristprognose haben die Übertragungsnetzbetreiber völlig daneben gelegen. Damals gingen sie von einem Anstieg der EEG-Umlage für 2012 zwischen 3,4 und 4,4 Cent pro Kilowattstunde aus. „Die tatsächliche Entwicklung – 3,59 Cent pro Kilowattstunde – lag dann am unteren Rand der Prognose“, stellt das Umweltministerium klar. In Berlin geht man davon aus, dass die EEG-Strommenge realistisch von 100 auf etwa 125 Terrawattstunden im Jahr 2013 steigen werde. Einen Anstieg auf 144 Terrawattstunden hält man dort für unwahrscheinlich, denn das währen 80 Prozent mehr als 2010. Das Ministerium sieht keinerlei Handlungbedarf bei der Photovoltaik, denn mit der Einführung des so genannten „atmenden Deckels“, der die Absenkung der Förderung vom Zubau abhängig macht, sei ausreichend. (Sven Ullrich)