Nächste Woche will die SPD ihre ersten Schritte zur Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes machen: Zur Kabinettsklausurtagung in Meseberg will sie erste Details vorstellen, meldet die Frankfurter Rundschau.
Ein Teil der EEG-Reform wird laut Koalitionsvertrag die verpflichtende Einführung der Direktvermarktung sein: Der erzeugte Strom muss dann über einen Stromhändler an der Strombörse verkauft werden. Zusätzlich zum erzielten Börsenerlös wird eine Marktprämie gezahlt. Die aktuell bestehende zusätzliche Managementprämie von bis zu 0,6 Cent pro Kilowattstunde wird entfallen.
Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt haben nun untersucht, welche Auswirkungen dieser Eingriff in den Grünstrommarkt haben kann. Dazu entwickelte das DLR in einem dreijährigen Forschungsvorhaben die Software Amiris. Sie soll als Werkzeug zur Politikberatung dienen und simuliert, wie sich die Akteure am Markt der erneuerbaren Energien unter verschiedenen Fördermechanismen verhalten.
Um die Auswirkungen der verpflichtenden Direktvermarktung auf die Stromhändler zu ermitteln hat Amiris einen Markt simuliert, an dem die Grünstromerzeuger sowie verschiedene Typen von Direktvermarktern aktiv sind. Die Stromhändler reichen vom kleinen Stadtwerk bis zum internationalen Energieversorger. Amiris berücksichtigt die verschiedenen Möglichkeiten dieser Händler in Abhängigkeit des wirtschaftlichen Erfolgs sowie ihre Portfoliogröße und Marktstrategie.
„Amiris simuliert rundenbasiert Stunde für Stunde das Verhalten der Akteure im Stromhandel über mehrere Jahre“, sagt Projektmitarbeiter Marc Deissenroth vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Das Ergebnis für die verpflichtenden Direktvermarktung ohne Managementprämie klingt zunächst verhältnismäßig harmlos: Den Stromhändlern entstehen Kosten zwischen einem und 3,5 Euro pro Megawattstunde.
Denkbares Szenario: Ausbaustopp durch Direktvermarktung
Die weniger harmlose mögliche Folge daraus ist laut DLR das Risiko einer Oligipolbildung. Direktvermarkter wie große Energiekonzerne können mit ihrem großem Grünstrom-Portfolio Skaleneffekte beim Stromhandel nutzen. Ihre Kosten fallen daher im Verhältnis geringer aus als die der kleineren Konkurrenzhändler, wie etwa den Stadtwerken. Das Resultat: Weil die großen Händler den Grünstromproduzenten bessere Konditionen anbieten können, verdrängen sie die kleinen Händler aus dem Markt.
„Diese Marktkonzentration könnte dazu führen, dass die wenigen verbleibenden Stromhändler ihre eigenen Marktvorstellungen durchsetzen können“, sagt Projektmitarbeiter Marc Deissenroth vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Im Extremfall könne das den Ausbau regenerativer Energien zum Erliegen bringen.
Will die Regierung dieser Oligopolbildung entgegenwirken, müsste sie den kleineren Direktvermarktern Prämien zahlen um konkurrieren zu können, was wiederum die Kosten des Gesamtsystems erhöhen würde.
Amiris zeigt, „wie schon vermeintlich geringe Anpassungen von politischen Maßnahmen große Auswirkungen auf die Marktstruktur haben können“, heißt es beim DLR. Einen konkreten Vorschlag zur Gestaltung der EEG-Reform ließe das Programm allerdings noch nicht zu: „Amiris betrachtet aktuell nur den Teilaspekt der Direktvermarktung und nicht das gesamte EEG“, sagt Deissenroth.
Das DLR will die Software nun weiterentwickeln – ob die Weiterentwicklung umfassenderen Analysen des Erneuerbare-Energien-Marktes oder einem anderen Zweck dienen soll, ist noch nicht entschieden. (Denny Gille)