Der Bundesrat in Bern hat die Absenkung der Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) für Solarstrom beschlossen. In zwei Schritten soll der Tarif zum 1. April und zum 1. Oktober 2016 um sieben bis 14 Prozent sinken. Die entsprechende Änderung der Energieverordnung soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Der Bundesrat beruft sich mit dieser Entscheidung auf die Berechnungen des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Diese prüft jährlich die aktuelle Entwicklung der Technologie, die Kostenstruktur bei der Installation von Photovoltaikanlagen, deren Wirtschaftlichkeit sowie die Bedingungen am Kapitalmarkt, der für die Finanzierung der Anlagen relevant ist. Sollten sich Veränderungen ergeben, gibt die UVEK dem Bundesrat eine Empfehlung für die Tarifstruktur bei der KEV.
Kosten für Solarstrom sind gesunken
Die UVEK habe bei ihrer Überprüfung festgestellt, dass die Preise für Photovoltaikanlagen im Laufe dieses Jahres weiter gefallen sind. Damit sind auch die Gestehungskosten für den Solarstrom weiter gesunken, begründet der Bundesrat seine Entscheidung, die KEV-Tarife weiter zu kürzen. Der Bundesrat reflektiert aber mit seinen Absenkungen, dass Anlagen unterschiedlicher Größe auch verschiedene Kosten bei der Installation verursachen. Deshalb ist die Absenkung der Fördertarife auch abhängig von der Anlagengröße. So sinken die Fördertarife für kleinere Anlagen langsamer als die für größere Anlagen. Einen Wermutstropfen gibt der Bundesrat der Branche allerdings mit ins neue Jahr: Die jetzt festgelegten Tarife werden mindestens bis März 2017 Bestand haben.
Zeitpunkt der Inbetriebnahme zählt
Die Höhe der Förderung und auch die Höhe der Absenkung der KEV richtet sich nach dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Bisher bekommen Betreiber von Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt, die zwischen dem 1. April und 30. September dieses Jahres in Betrieb gegangen sind, 23,4 Rappen für jede eingespeiste Kilowattstunde. Bereits zum 1. Oktober dieses Jahres sank dieser Fördertarif auf 20,4 Rappen pro Kilowattstunde. Zum 1. April des kommenden Jahres kürzt der Bundesrat die Förderung für dieses Anlagengröße auf 19,5 Rappen pro Kilowattstunde. Nimmt der Betreiber seine Anlage zum 1. Oktober 2016 in Betrieb, bekommt er nur noch 19 Rappen pro Kilowattstunde für seinen Solarstrom, wenn er denn überhaupt noch eine KEV bekommt.
Anlage vor dem Stichtag in Betrieb nehmen
Denn die Warteliste zur KEV ist voll und entsprechend lang ist die Zeit, die die Anlagenbetreiber auf einen Förderbescheid warten. Wie lange die Fördermittel überhaupt ausreichen, ist bisher noch unklar. Denn der Fördertopf ist ziemlich leer, auch wenn der Bundesrat der Erhöhung der Förderabgabe durch die Stromverbraucher schon zugestimmt hat. Allerdings ist diese Erhöhung noch längst nicht in Kraft. Für den Anlagenbetreiber heißt das konkret, er muss seine Anlage möglichst noch vor dem Stichtag in Betrieb nehmen. Denn auch wenn er mehrere Jahre auf seinen Förderbescheid warten muss, bekommt er den Tarif, der zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage galt.
Einmalvergütung bleibt konstant
Als Ausweg – zumindest für kleine und mittlere Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt – ist immer noch die Einmalvergütung. Diese lohnt sich, wenn mindestens ein Drittel des produzierten Solarstroms selbst verbraucht wird. An dieser Einmalvergütung will der Bundesrat nicht rütteln. Deshalb bleibt auch die Höhe dieser einmaligen Investitionszahlung zumindest bis März 2017 konstant. Ein weiterer Vorteil der Einmalvergütung ist, dass der Anlagenbetreiber nicht jahrelang auf sein Geld warten muss. Sie wird in der Regel innerhalb von wenigen Monaten ausgezahlt, wenn die vollständigen Unterlagen bei Swissgrid eingereicht wurden.
Tarife sinken zu schnell
Heftige Kritik an dem Beschluss der Bundesregierung in Bern kommt vom eidgenössischen Photovoltaikverband Swissolar. Es sein zwar richtig, dass die Kosten für Solarstrom im Laufe dieses Jahres gesunken sind. „Doch Swissolar hat schon in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass sich diese massive KEV-Absenkung nicht mit entsprechenden Kostensenkungen beim Material begründen lässt und zudem auf intransparente Berechnungsmethoden beruht“, erklären die Branchenvertreter. „Dies obwohl inzwischen die Vergütungssätze für Solarstrom fast durchweg unter den Bezugskosten für Haushaltsstrom liegen.“ Der Verband erachtet die Referenzwerte für Anlagenpreise, die den Tariffestlegungen zugrunde liegen, als viel zu niedrig, vor allem im Bereich der Anlagen mit einer Leistung zwischen 30 und 100 Kilowatt. „Bei den vorgeschlagenen Tarifsenkungen können mit Sicherheit viele Anlagen nicht mehr realisiert werden“, prognostizierte der Branchenverband schon in seiner Stellungnahme. „Eine Kostendeckung, wie gesetzlich vorgesehen, ist in vielen Fällen nicht mehr möglich.“ Damit zerstöre der Bundesrat viele Geschäftsmodelle wie das der Anlagen im Contracting oder in Verbindung mit der unabhängigen Stromproduktion. Swissolar warnt, dass aufgrund der Tarifabsenkung rund ein Drittel der geplanten Projekte, die mit der Förderung über die KEV gebaut werden, nicht mehr realisiert werden.
Qualität der Installation könnte sinken
Die Tarifsenkungen werden sich aber nicht nur auf den Markt auswirken. Es bestehe die Gefahr, dass Anbieter bei Qualität, Löhnen und Arbeitssicherheit sparen, um die vom Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) ausgerechneten Kostensenkungen tatsächlich erreichen zu können. Damit erreiche der Bundesrat genau das Gegenteil vom eigentlichen Ziel. Denn die Regierung in Bern will mit den Tarifsenkungen auch eine Konsolidierung der Anbieter bewirken. Dabei sollten vor allem unseriöse Anbieter vom Markt verschwinden. „Der massive Preisdruck wird aber genau das Gegenteil bewirken“, warnt Swissolar mit Blick auf die Qualität der Installationen, aber auch der Arbeitssicherheit und der Einhaltung der Gesamtarbeitsverträge als Grundlage jedes Arbeitsvertrags in der Schweiz.
Bürokratischen Hürden bleiben hoch
Im Gegenzug zum weiteren Druck auf die Anbieter von Solarstromanlagen, die Preise zu reduzieren, macht der Bundesrat keinerlei Zugeständnisse beim Abbau der bürokratischen und vor allem der kostentreibenden Hürden. So werden gerade im wichtigen Segment der Anlagen mit einer Leistung zwischen 30 und 100 Kilowatt die Preise durch die hohen Fixkosten für die Messtechnik in die Höhe getrieben, die verpflichtend einzubauen ist. Um diese Hürde abzubauen, hat der Branchenverband schon in seiner Stellungnahme vorgeschlagen, auch die Anlagenbetreiber bei der Festlegung der technischen Regeln für den Netzzugang mit einzubeziehen. Diese werden bisher einseitig von den Netzbetreibern festgelegt, was genau dazu führt, dass die Anforderungen unrealistisch hoch angesetzt werden.
Vorschläge von Swissolar wurden nicht berücksichtigt
Swissolar kritisiert, dass dieser Vorschlag bei der Änderung der Energieverordnung eben so wenig berücksichtigt wurde, wie die Vorschläge bezüglich eines gesetzlich verbindlichen Rückspeisetarifs und weiterer Erleichterungen für den Eigenverbrauch. Denn gerade mit der Absenkung der Einspeisetarife will der Bundesrat auf der einen Seite den Eigenverbrauch weiter anreizen. Auf der anderen Seite vergisst er aber, dass für den Eigenverbrauch gerade von größeren Anlagen die administrativen Hürden sehr hoch liegen. Zudem gibt es für Anlagen mit einer Leistung von mehr als 30 Kilowatt keinerlei Möglichkeit eines einmaligen Investitionszuschusses. (Sven Ullrich)