Herr Hackl, die weltweite Nachfrage nach Solaranlagen nimmt weiter zu, nur Europa und Deutschland dümpeln noch vor sich hin. Wie kann der europäische Markt wieder flott gemacht werden?
Martin Hackl: Die Clean Energy Directive des Europäischen Parlaments hat klare und starke Ziele, was die ‚Renewable Energy Sources‘ (RES) in Europa betrifft. Zudem sollen die administrativen Hürden bei Kleinanlagen reduziert werden und es gibt ein klares und starkes Bekenntnis zum Eigenverbrauch. Fronius legt einen starken Fokus auf die Themen Sektorenkopplung und Speicherung. Die Wachstumsgeschwindigkeit des Speichermarktes freut uns sehr, denn die Sektorenkopplung in Verbindung mit Wärme und Speicherung liegt uns, dort können wir unsere Stärken ausspielen. Der Fronius Ohmpilot wird dabei eine ganz wesentliche Rolle spielen.
Mit welcher Marktentwicklung rechnen Sie für das kommende Jahr in Europa und in Deutschland?
Leicht wachsend.
Welche europäischen Märkte sehen Sie als Zukunftsmärkte und wo bliebt die Nachfrage schwach?
Wir bei Fronius sehen alle Eigenverbrauchsmärkte sehr positiv. Der Markt hat sich stark in diese Richtung entwickelt, dadurch entstehen auch interessante neue Businessmodelle. Das ist für uns ein riesiger Vorteil, weil wir als Technologieunternehmen die Möglichkeiten haben, uns intensiv mit der Integration der Photovoltaik ins Haus zu beschäftigen. Fronius Solar.web, unsere offene Schnittstellen, Sektorenkopplung, Energiemanagement und Speicherlösungen, unser Technologievorsprung hat dazu geführt, dass wir uns entsprechende Marktanteile erarbeiten. Daran lässt sich auch schon erkennen, dass es gar nicht mehr so sehr nur um die Photovoltaik geht, sondern darum, die gesamte Energieversorgung mit Hilfe der Sonne herzustellen. Unsere Vision von 24 Stunden Sonne beschreibt das ja schon sehr gut: Eine Zukunft, in welcher der weltweite Energiebedarf aus 100 Prozent Erneuerbaren gedeckt wird. Dementsprechend konzentrieren wir uns auf Lösungen, um Sonnenenergie kosteneffizient und intelligent zu erzeugen, zu speichern, zu verteilen und zu verbrauchen.
Mit welchen Produkten und Lösungen können Sie als Hersteller auf dem europäischen Markt punkten?
Wir verfügen sowohl im Residential als auch im Commercial Bereich über ein sehr starkes Produkt-, und Lösungsportfolio. Vor allem Aufdachanlagen sind unsere Stärke. Wir sind der Spezialist für Eigenverbrauchslösungen, dazu gehören Speicherung, Monitoring, offene Schnittstellen sowie die Einbindung von Wärme und Mobilität. Dort wo es um Service und Know-how geht, sind wir mit unserem Partnernetzwerk richtig gut aufgestellt. Wir sind sehr stolz auf unsere Fronius Service Partner und Fronius Service Partner Plus. Die Beziehung zum Installateur war und ist uns ausgesprochen wichtig, denn diese Fachkräfte sind das Rückgrat unserer Vertriebs-, und Serviceorganisation. Das Ausbildungs-, und Servicekonzept der Fronius Service Partner ist nach wie vor weltweit einzigartig.
Vielversprechend scheint vor allem die Speichernachfrage zu sein. Wie wirkt sich diese auf den Absatz von Leistungselektronik für Solaranlagen aus?
Wir sind mit der Entwicklung mehr als zufrieden. Mit dem Wechselrichter Fronius Symo Hybrid haben wir ein außergewöhnliches Produkt auf den Markt gebracht. Die Multi Flow Technology ermöglicht den Bezug von Wechselstrom aus anderen Energiequellen über ein privates oder öffentliches Netz. Während die Photovoltaikanlage den Haushalt mit Strom versorgt, kann über die AC-Kopplung gleichzeitig die Batterie geladen werden, zum Beispiel mit Windenergie. Damit lässt sich die Kapazität des Speichers optimal nutzen. Gleichzeitig ist eine sichere und stabile Energieversorgung sichergestellt. Es lässt sich sagen, dass die Systeme insgesamt immer komplexer werden. Für uns als Technologieunternehmen ist das eine gute Nachricht. Technologische Herausforderung zu meistern ist eine Stärke von uns. Man könnte sagen: Je komplexer, desto wohler fühlen wir uns.
Die Sektorkopplung wird immer wichtiger, um die Energiewende zu schaffen. Sie haben mit dem Ohmpilot eine Lösung im Portfolio. Wie entwickelt sich die Nachfrage nach solchen Gesamtlösungen?
Sehr positiv. Der Fronius Ohmpilot ist die effizienteste Möglichkeit mit Elektroheizstäben und einer Photovotlaikanlage Warmwasser zu erzeugen oder die Heizung zu unterstützen. Wir bieten viele Webinare und Trainings an, um unsere Partner bestmöglich zu schulen. Unsere Ausbildungskurse werden sehr gut angenommen. Für die Komplexität gesamtheitlicher Energielösungen braucht es Spezialisten und unsere Fronius Service Partner haben das notwendige Know-how.
Der Blick in die weite Welt stimmt optimistischer. Wo sehen Sie für das kommende Jahr gute Chancen für eine Steigerung des Absatzes von Geräten und Lösungen?
Wir sehen am meisten Potenzial in den Eigenverbrauchsmärkten, in den Bereichen Residential und Commercial und hier vor allem bei Aufdachanlagen. Die Sektorenkopplung ist ganz klar auf dem Vormarsch. Außerdem setzen wir auf unsere Exportmärkte für Rural Electrification, wo wir geniale Lösungen für Microgrids und Photovoltaik-Genset bieten. Länder wie die USA, Mexiko, Brasilien und Indien werden weiter wachsen. Dort wo Technologie gefragt ist, dort können wir unsere Schwerpunkte realisieren und unsere Stärken ausspielen.
Sie hatten im vergangenen Jahr betont, dass der Markt in den USA für Sie bedeutend ist, aber niemand weiß, wie er sich entwickelt. Bisher ist der Zusammenbruch ausgeblieben, der durchaus aufgrund der Aussagen des Präsidenten Trump nicht ausgeschlossen war. Analysten sehen eine Stagnation. Wie hat sich Ihre Position auf dem amerikanischen Markt entwickelt und sehen Sie jetzt eine Stabilisierung aufgrund des Ausbleibens eines Zusammenbruchs für die kommenden Monate?
Diese Auswirkungen werden sich eher auf dem sehr kostenempfindlichen Projekt-, und Utilitymarkt widerspiegeln. In unseren Segmenten sehen wir das nicht so gravierend, hoffen aber auf weiterhin positives politisches Klima für erneuerbare Energien. Die Vereinigten Staaten sind und bleiben auch weiterhin ein wichtiger Schlüsselmarkt für uns, der sowohl von der Marktgröße als auch technologisch sehr interessant für uns ist.
Neben den USA sind vor allem China, Japan und Indien vielversprechende Märkte. Wie kann man als Anbieter dort Fuß fassen und welche Herausforderungen stehen da vor Ihnen?
Indien ist ein interessanter Wachstumsmarkt, China und Japan sind kein Thema für uns. Wir konzentrieren uns auf die Märkte, in denen wir die Stärken unserer Energielösungen optimal einsetzen können sowie auf Lösungen, um Sonnenenergie kosteneffizient und intelligent zu erzeugen, zu speichern, zu verteilen und zu verbrauchen, also auf die vier Säulen unserer Vision 24 Stunden Sonne. Gut geschulte Fronius Service Partner sind das Rückgrat von Vertrieb und Service. Unser starkes Produkt-, und Lösungsportfolio sowohl im Residential-, als auch im Commercial Bereich hilft uns ebenso, wie unsere hervorragenden Eigenverbrauchslösungen. Bei der Gewinnung und Nutzung erneuerbarer Energien rückt die sogenannte Sektorenkopplung zunehmend in den Fokus. Um Synergien effizient zu nutzen, wachsen Elektrizität, Wärme und Mobilität näher zusammen. Mit unserem Fronius Ohmpilot zur Warmwasseraufbereitung können Installateure Betreibern von Photovoltaikanlagen eine Lösung anbieten, die den Eigenverbrauchsanteil erheblich verbessert und die Kosten reduziert. Und zu guter Letzt machen die zahlreichen offenen Schnittstellen unserer Geräte, uns, unseren Partnern und Kunden das Leben leichter.
Das Gespräch führte Sven Ullrich.
Lesen Sie dazu auch einen detaillierten Bericht über die Erwartungen der Branche für die kommenden Monate im aktuellen Heft von Erneuerbare Energien.