Wenn in Europa der Ausbau der Windkraft auf See jährlich in einem Volumen von vier Gigawatt (GW) vorankomme, könne sie die angestrebte Senkung ihrer Strompreise erreichen. Das erklärte die Windenenergiesparte Power Systems des deutschen Maschinenbauverbands VDMA auf einer Pressekonferenz der am Freitag zu Ende gegangenen Wind Energy Hamburg. Bei einem solchen Volumen werde wie beabsichtigt ab 2025 die Kilowattstunde (kWh) in Europas Meeren zu höchstens acht Cent erzeugt werden können, betonten die beiden führenden Vertreter der VDMA-Windsparte, Matthias Zelinger und Markus Tacke.
Von einem solchen jährlichen Ausbauvolumen auf See allerdings ist die europäische Windbranche aktuell deutlich entfernt. Während Deutschland den Ausbau durch die im Sommer verabschiedete Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auf im Durchschnitt jährlich nicht viel mehr als 0,7 GW beschränkt, ist auch in Europas Topmarkt Großbritannien zuletzt der Ausbau auf See deutlich unter die Ein-GW-Marke gefallen. In Frankreich werden die ersten Installationen hingegen erst ab 2018 erwartet – auch dort dürften sie pro Jahr nicht über die GW-Schwelle kommen. Auch wenn im inzwischen gereiften europäischen Offshore-Windkraftmarkt noch wesentlich präzisere Jahresprognosen vorliegen, Windparks weitgehend verlässlich auch in den Niederlanden, Dänemark und Belgien gebaut werden: Es braucht nicht mehr Detailwissen um zu überschlagen, dass hier vorerst noch rund ein GW bis zum angestrebten Vier-GW-Volumen fehlt.
Es bleibt beim Ziel: Acht Cent pro kWh bis 2025
Allerdings will die deutsche Offshore-Windbranche in jedem Fall an ihrem Preisversprechen festhalten, wie der Vorsitzende von VDMA Power Systems, Markus Tacke, betonte. Die angestrebten acht Cent pro kWh seien bei Zuschlägen durch die überall üblichen Auktionen spätestens im Jahr 2025 dank Fortschritte bei Service, Betrieb und Anlagentechnik der Höchstpreis für Windkraft vom Meer. Dies gelte dann sogar für Windparks in Deutschland oder Großbritannien 100 Kilometer vor der Küste bei 50 Meter Wassertiefe. Dies sei eine konservative Schätzung, sagte Tacke: eine sogar noch zurückhaltende Annahme.
Für wesentlich näher an der Küste gelegene Meereswindpark-Standorte hatten bereits in diesem Jahr zwei Ausschreibungen deutlich geringere Einspeisepreise erzielt. So kündigt en Windpark-Projektierer im Sommer für je einen nahe und einen ganz nahe an der Küste gelegenen Offshore-Windpark sogar Einspeisevergütungen von deutlich unter acht Cent an. Zuerst führte eine Ausschreibung In den Niederlanden zu einem Zuschlag für 7,3 Cent, dann eine Ausschreibung in Dänemark zu 6,4 Cent pro kWh. Allerdings müssen Offshore-Windparkprojektierer in beiden Ländern anders als in Deutschland oder Großbritannien sich nicht an der Investition in den Netzanschluss beteiligen.
Power-Systems-Geschäftsführer Matthias Zelinger sagte an die Adresse insbesondere deutscher Wirtschafspolitiker gerichtet, eine Voraussetzung für diese Preisentwicklung sei allerdings auch, dass die Vielfalt der Windturbinenhersteller und ihrer Zulieferer „auf jeder Ebene“ erhalten bleibe. Die anhaltende Konsolidierung des Offshore-Marktes hatte zuletzt für die Ankündigung einer weiteren Fusion unter den Turbinenbauern geführt – nachdem 2015 bereits die französische Alstom-Windkraftsparte von Wettbewerber GE gekauft worden war und Areva und Gamesa sich in einem Joint Venture zusammengeschlossen hatten. Nun will Siemens den Konkurrenten Gamesa schlucken. Allerdings stehen noch die Zustimmungen der Aktionäre und der Wettbewerbshüter aus.
Einer prescht vor
Vorgeprescht war vor dem VDMA schon einen Tag früher der offizielle Chefstratege des dänischen Energiekonzerns Dong Energy. Martin Neubert, Chief Strategy Officer des führenden Projektentwicklers für Windparks auf See, sagte bei der Eröffnungspressekonferenz: Der in den Niederlanden jetzt erzielte Einspeisepreis von unter acht Cent sei „keine Eintagsfliege“ mehr. Die Kosten-Degression finde bereits marktübergreifend statt. Auch in Deutschland seien schon Preise von 10 Cent denkbar. Derzeit sieht die Vergütung dort über die garantierte Laufzeit von 20 Jahren rund 12 Cent vor.
(Tilman Weber)