Lange schwebte der Vorwurf im Raum, dass einige chinesische Hersteller von Solarmodulen ihre Produkte nach Taiwan oder Malaysia schicken. Dort werden sie umetikettiert und so als taiwanische oder malaysische Produkte in die EU eingeführt. Damit sind sie nicht von den Strafzölle oder Mindestverkaufspreisen für chinesische Module betroffen, obwohl sie faktisch aus China stammen.
Geltende Handelssanktionen durchsetzen
Jetzt hat die Europäische Kommission nach gut acht Monaten die Untersuchung dieser Fälle abgeschlossen. Das Ergebnis: Der Verdacht hat sich bestätigt. „Mit der Untersuchung kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Maßnahmen gegen Solarmodule und Zellen chinesischer Herkunft werden umgangen durch den Umschlag der Ware über Taiwan und Malaysia“, bestätigen die Brüsseler Beamten. „Um die in Zukunft zu vermeiden, werden die bestehenden Antidumping- und Antisubventionsstrafen auf chinesische Solarpaneele jetzt auf diese beiden Länder ausgeweitet.“ Die neuen Strafen werden aber nicht originäre Produzenten in Taiwan und Malaysia betreffen, beschwichtigt die Brüsseler Kommission die erste Reaktion, die natürlich bei einer solchen Meldung aufkommt. Die Kommission wolle damit nur die Effektivität der geltenden Maßnahmen gegen chinesische Modulhersteller absichern.
Liste von nicht betroffenen Unternehmen aufgestellt
Deshalb haben die Brüsseler Beamten schon mal eine Positivliste von gut 20 Herstellern aus Taiwan und Malaysia aufgestellt, die vom Vorwurf des Dumpings freigesprochen sind, weil sie tatsächlich originäre Hersteller aus diesen Ländern seinen und nicht nur Ware aus China umlabeln. Außerdem haben diese Hersteller die Kommission bei der Untersuchung unterstützt, was Brüssel mit der Eintragung auf der Positivliste belohnt. „Das heißt, die Käufer der Module dieser Hersteller können auch weiterhin sicher sein, dass sie ihre Ware ohne Strafzölle beziehen können“, erklärt die Kommission. Inwiefern die Hersteller tatsächlich Schaden erleiden, weil eventuell Kunden jetzt pauschal auf Module aus Taiwan und Malaysia verzichten, aus Angst, Zölle bezahlen zu müssen, bleibt noch abzuwarten.
Zollnachzahlungen drohen
Klar ist aber schon mal, dass Käufer von Modulen der Hersteller, die nicht auf der Positivliste stehen, mit Zollnachzahlungen rechnen müssen. Denn die Zollstellen der Europäischen Union hat seit 29. Mai 2015, dem Tag als die Untersuchung begann, alle Modulimporte aus Taiwan und Malaysia zollamtlich erfasst. „Daher können die nationalen Zollbehörden der EU-Mitgliedstaaten die Strafzahlungen rückwirkend für den gesamten Zeitraum ab Ende Mai 2015 einsammeln“, betont die Kommission. Damit ist die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen nachträglich gefährdet, in denen Module aus Taiwan und Malaysia verbaut wurden, die nicht von den Herstellern auf der Positivliste der EU stehen.
Die Europäische Kommission untersucht derzeit, ob die Handelsbarrieren gegen chinesische Modulimporte bestehen bleiben. Derzeit gelten sie noch, so lange die Untersuchung dauert. Mit einem Abschluss rechnet Brüssel nicht vor Ende dieses Jahres. (Sven Ullrich)