EEG sticht Denkmalschutz und Trödelei, so könnte man ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Greifswald etwas flapsig zusammenfassen. Die Richter entschieden, dass §2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), in dem ein überragendes öffentliches Interesse an der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen festgeschrieben wird, auch bei Konflikten mit dem Denkmalschutz anzuwenden ist, und die Behörde die Genehmigung nicht auf die lange Bank schieben darf.
Unterlagen lagen seit 2020 komplett vor
Der Entscheidung vorausgegangen war eine Klage gegen das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (Stalu) wegen Untätigkeit. Das Amt hatte eine Windenergieanlage in Mühlen-Eichsen nicht genehmigt, obwohl der Antrag seit 2020 bei der Behörde vollständig vorlag, heißt es in einer Presseinformation des Bundesverbandes Windenergie (BWE). Nach einem Einspruch des Landesamtes für Kultur- und Denkmalpflege (LAKD) habe das Stalu keine Entscheidung mehr getroffen, obwohl die Gesetzeslage Fristen von sieben bzw. im Falle vereinfachter Verfahren drei Monaten vorsehe und die Genehmigungsbehörde den Einwand prüfen und zu einer eigenen Überzeugung kommen müsse.
Genehmigungsbehörde muss sich eigene Meinung bilden – und entscheiden
Dies sei rechtswidrig, entschieden die Greifswalder Richter. Die ablehnende Stellungnahme des Stalu habe die Genehmigungsbehörde nicht daran gehindert, über den Antrag zu entscheiden, heißt es in einer Presseinformation des Gerichts. Die Genehmigungsbehörde habe die Beurteilung der Denkmalschützer nachvollziehend zu überprüfen und sich eine eigene Überzeugung zu bilden. Zudem sei im vorliegenden Fall die Anlage nicht nach Denkmalschutzgesetz genehmigungspflichtig gewesen, da das Vorhaben das Erscheinungsbild der betroffenen Denkmäler - ein Gutshaus, ein Park und eine Kirche – nicht erheblich beeinträchtige.
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Das Urteil weist aber darüber hinaus. Die Richter stellten klar, dass selbst wenn man eine erhebliche Beeinträchtigung unterstelle, das Vorhaben zu genehmigen wäre. Sie bezogen ausdrücklich sich auf §2 EEG. Das Denkmalschutzinteresse habe im vorliegenden Einzelfall deshalb zurückzustehen.
„Wegweisendes Urteil für ganz Mecklenburg-Vorpommern“
Der Projektentwickler WPD sprach von einem wegweisenden Urteil für ganz Mecklenburg-Vorpommern. Das OVG habe klar gemacht, dass § 2 EEG und damit der Klimaschutz andere Schutzgüterinteressen überwiegen könne. Das sollte nun auch in allen anderen anhängigen Fällen und zukünftigen Antragsverfahren so gehandhabt werden, selbst wenn wenn noch keine oder eine negative Stellungnahme des Denkmalschutzes vorliege, fordete ein Sprecher.
„Das Urteil zeigt deutlich, dass Untätigkeitsklagen kein stumpfes Schwert sind“, kommentierte BWE-Präsident Hermann Albers die Entscheidung. Die Tatsache, dass das OVG herausstelle, dass Behörden entscheiden müssen, sei eine wichtige Klarstellung.
Das Urteil ist die zweite grundsätzliche Entscheidung innerhalb weniger Monate für den Ausbau der Onshore-Windenergie. Erst im vergangenen November hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden, dass ein Gesetz aus Thüringen, welches die Nutzung von Waldgebieten für die Windenergie pauschal untersagt, nicht verfassungskonform ist. Zudem hatte im Januar das Verwaltungsgericht Köln einen Eilantrag gegen den Betrieb des Offshore-Windparks Butendiek abgewiesen. Auch hier bezogen sich die Richter auf §2 EEG. (kw)
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