Auch eine Woche nach der Vorstellung der Kürzungspläne des Bundeskabinetts ist der Widerstand aus der Solarbranche und breiten Teilen der Bevölkerung nicht abgeebbt. Im Gegenteil: Mit regionalen Aktionen weitet die Branche ihre Proteste aus. So kommentiert Fred Kehler, Geschäftsführer von B5 Solar in Wustermark nordwestlich der Bundeshauptstadt: „Eine schrittweise Absenkung der Einspeisevergütung mit Augenmaß ist in Ordnung. Aber ein politischer Alleingang ohne demokratisches Gesetzgebungsverfahren führt zu breiten Protesten in allen Ebenen der Gesellschaft. Das betrifft jeden Bürger in Nord, Ost, Süd oder West, ob Eigenheimbesitzer oder Mieter, ob Unternehmer mit Industriedächern oder Arbeitnehmer. Rösler sitzt auf dem Schoß der alten Energielobby. Oder hat seine Partei Fukushima schon vergessen?“
Stöcke zwischen die Beine
In Berlin und dem Umland sind „hunderte Unternehmen, die mehr als 7.500 Mitarbeiter beschäftigen, von den geplanten Einschnitten betroffen“, sagt Timon Meyer, Geschäftsführer des Berlin Solar Networks. „Die deutsche und die Berliner Solarbranche durchlebt zurzeit eine herausfordernde Phase,. Die durch überwiegend südostasiatische Konkurrenz und teilweise extremen Marktverzerrungen geprägt ist. Umso wichtiger ist es, dass den Unternehmen nicht noch zusätzliche Stöcke von ihrer eigenen Regierung zwischen die Beine geworfen werden.“
Großkraftwerke versus dezentrale Stromversorgung?
Mit einem Thesenpapier wandte sich die Konzernleitung des Wechselrichterherstellers SMA an die Öffentlichkeit und Politiker. Einspeisen statt Abspeisen!, fordert der Vorstand. In dem Papier, das die Fakten der Energiewende und die Rolle von Solarstrom zusammenfasst, heißt es: „Für die großen Player der konventionellen Energiewirtschaft wird es in Deutschland zunehmend ungemütlich: Sie erleben jetzt schon seit einigen Jahren, dass ihre ehemals sichere Geschäftsgrundlage kontinuierlich schrumpft und auch der bislang erhebliche Einfluss auf die höchsten politischen Ebenen entsprechend kleiner wird. Hätten sie vor elf Jahren auch nur geahnt, dass Photovoltaik und Windenergie in Deutschland mal die heutige Größenordnung und das heutige technologische Niveau erreichen – das EEG und eine wirksame Förderung der erneuerbaren Energien wären bereits im Keim erstickt worden.“
Der Versuch einer Notbremsung
SMA gilt in der Branche als zurückhaltend, was politische Kommentare betrifft. Das Unternehmen ist international aufgestellt, erst kürzlich wurde eine Dependance in Japan eröffnet. Angesichts des geplanten Ermächtigungsgesetzes geht der Vorstand um Pierre-Pascal Urbon nun in die Offensive. „Tatsache ist: Die großen Vier und ihre politischen Unterstützer wurden von der rasanten Entwicklung der Erneuerbaren vollkommen überrascht und von der Realität der begonnenen Energiewende überrollt“, schreibt die Geschäftsleitung. „Dass besonders die Photovoltaik zu ihrem Lieblingsfeind werden würde, liegt dabei auf der Hand: Keine Form der erneuerbaren Stromerzeugung bedroht die wirtschaftliche und politische Machtposition der konventionellen Energiewirtschaft so stark wie die Photovoltaik. Was wir nun erleben, ist der Versuch einer Notbremsung – und zwar um jeden Preis. Man übt maximalen Druck auf die Politik aus und versucht, Halbwahrheiten und Vorurteile in die Welt zu setzen so gut es eben geht.“ (Heiko Schwarzburger)