Damit hatte wohl niemand gerechnet: Nur der Windpark Gode Wind 3 (110 MW) wird künftig einen Ausgleich über die Marktprämie erhalten, so dass der dänische Energieversorger Dong Energy fest mit 60 Euro pro Megawattstunde rechnen kann. Das EnBW-Projekt He dreiht, mit 900 MW das größte bezuschlagte, sowie die weiteren Dong-Projekte OWP West sowie Borkum Riffgrund West 2 (je 240 MW) werden sich allein über Marktpreise finanzieren.
Insgesamt hatte die Bundesnetzagentur 1.550 MW ausgeschrieben. Mit einer Entscheidung hatte selbst deren Präsident Jochen Hohmann erst Mitte Mai gerechnet, doch am Ende ging es ganz schnell. Lediglich zehn Tage lagen zwischen Gebotsende und Zuschlagsverkündung. In dem Ergebnis zeige sich die sehr hohe Wettbewerbsintensität der Offshore-Branche in dieser Runde, kommentierte die Bundesnetzagentur: Teilnahmeberechtigt in den beiden Ausschreibungen 2017 und 2018 sind Projekte in der Nord- und Ostsee mit einem Umfang von insgesamt rund 6.000 bis 7.000 MW, ausgeschrieben werden in den beiden Runden insgesamt 3.100 MW.
Eine Wette auf die Zukunft
Mit den niedrigen Geboten gehen die Projektentwickler auch eine Wette auf die Zukunft ein. Alle Projekte werden ihren Netzanschluss erst gegen Ende der für die Übergangszeit festgelegten Bauphase 2024 (Dong) und 2025 (EnBW) erhalten. Beide Unternehmen teilten mit, dass sie bis dahin mit deutlich größeren Windenergieanlagen rechnen als bisher am Markt verfügbar. „Unsere Planung fußt auf umfangreichen Marktanalysen und einem intensiven Austausch mit der Zulieferindustrie, die an zahlreichen technologischen Weiterentwicklungen arbeitet und die Kosteneffizienz absolut verinnerlicht hat. Die dem Gebot zugrundliegenden Strompreisannahmen bewegen sich dabei auf einem moderaten Niveau. Die Renditeerwartung liegt deutlich über unseren Kapitalkosten und ist damit attraktiv.“, so Dirk Güsewell, bei EnBW zuständiger Leiter für den Ausbau des Erzeugungsportfolios des Unternehmens.
Auch Dong geht neben Anlagegrößen von bis zu 15 MW von handfesten Synergieeffekten aus: Zum einen liegen die Projekte OWP West und Borkum Riffgrund West 2 so dicht beieinander, dass sie als ein Großprojekt angesehen werden könnten. Zum anderen sei es möglich, dass in der kommenden Runde 2018 noch mehr Leistung hinzukommen könnte, hieß es in einer Konzernmitteilung. Die Windbedingungen seien mit 10 Meter pro Sekunde außergewöhnlich gut. Zudem liegen die Dong-Parks Borkum Riffgrund 1 und 2 in der Nähe, so dass für Service und Wartung der bereits bestehende Standort Norddeich genutzt werden können. Auch EnBW will von der Nähe seiner beiden Parks Hohe See und Albatros profitieren.
Vor allem rechnen die Betreiber EnBW und Dong auch mit neuen Möglichkeiten der Stromvermarktung. „Wir werden den Strom so vermarkten, wie es das deutsche Energierecht dann ermöglicht“, sagte Dong-Sprecherin Iris Franco Fratini auf Nachfrage. Sie gehe davon aus, dass sich bis zur Inbetriebnahme 2024 auch neue Modelle im Strommarkt etabliert hätten. Eine endgültige Investitionsentscheidung will Dong 2021 treffen.
Reaktionen positiv bis verhalten
Die Reaktionen auf die niedrigen Preise der Ausschreibung fielen meist positiv aus. „Dies bedeutet, dass die Stromkunden durch den künftigen Ausbau der Offshore-Windparks nach 2020 kaum noch für die zusätzliche EEG-Förderung für neue Offshore-Windparks aufkommen müssen. Nachdem die Offshore Windenergie bis vor Kurzem noch als Kostentreiber der Energiewende verschrien wurde, ist sie nun die erste erneuerbare Energieerzeugung, die ohne Bezuschussung auskommt“, sagte Andreas Wellbrock, Geschäftsführer des WAB e.V. Matthias Zelinger, Geschäftsführer der VDMA Power Systems sprach von einem „bemerkenswerten Signal“. Die niedrigen Preise „beweisen, dass die Betreiber und Investoren Vertrauen in die Innovationskraft und die Kostensenkungspläne der Offshore-Industrie haben und offensichtlich auch eine Refinanzierung aus einem starken Strommarkt erwarten". Er verweist aber auch auf den starken Wettbewerb weit entwickelter Projekte in der ersten Ausschreibungsrunde und die Realisierung bis Mitte der 20er-Jahre. Für zukünftige Ausschreibungen könne dieses Ergebnis noch kein umfassendes Bild ergeben.
Der Bundesverband Windenergie (BWE) verwies auf die Unterschiede zwischen EEG-Systematik und Auktionssystem, die eine Vergleichbarkeit der Vergütungen erschwerten. Die EEG-Vergütung basiere auf den realen Kostenstrukturen der Projekte der vergangenen Jahre, die Teilnehmer der Ausschreibungen stünden unter hohem Erfolgsdruck. Die Erwartungen insbesondere staatlicher Anteilseigner führten zu einem stark risikoorientieren Verhalten, hieß es in einer Mitteilung. BWE-Präsident Hermann Albers wies darauf hin, dass zwischen den Ergebnissen der Preisfeststellung und der Realisation der Projekte insgesamt fünf bis acht Jahre liegen. Sich darauf zu verlassen, dass in dieser Zeit die von den Unternehmen kalkulierte Kostendegression durch den deutschen Maschinenbau- und Anlagenbau zu erbringen sei, sei mindestens genauso mutig, wie Anlagen der 10-Megawatt-Klasse zur Kalkulationsgrundlage zu machen. „Insgesamt zeigt sich, dass das verlässliche Instrument des EEG gegen ein hoch spekulatives Instrument getauscht wird. Mittelständische und nicht durch staatliche Eigentümerstrukturen abgesicherte Unternehmen werden nicht so hoch spekulativ agieren können“, machte Hermann Albers deutlich. Er forderte einen fairen Marktplatz.
Abschaffung des 15-GW-Deckels gefordert
Gleichzeitig wird nun von verschiedenen Seiten gefordert, die Ausbauziele für die Offshore-Windenergie zu erhöhen. Spätestens in der kommenden Legislaturperiode sollte der aus Kostengründen eingeführte Deckel von 15 GW bis 2030 nach oben geöffnet werden, forderten die Offshore-Branchenverbände AGOW, OWIA und die Stiftung Offshore Windenergie. Auch Niedersachsen Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) fordert mehr Leistung im Meer: „Offshore muss deutlich stärker als bisher vorgesehen zur Energiewende beitragen. Die aktuelle Deckelung des Ausbaus der Offshore-Windenergie durch die Bundesregierung ist bei diesen Ergebnissen nicht mehr haltbar und sollte kurzfristig deutlich angehoben werden.“
In einem Jahr wird die zweite Runde der Auktionen in der so genannten Übergangsphase stattfinden. Das Ausschreibungsvolumen beträgt wie in der ersten Ausschreibung 1.550 MW zuzüglich der 60 MW, die in der ersten Ausschreibung nicht bezuschlagt worden sind. Davon müssen nach dem Windenergie-auf-See-Gesetz mindestens 500 MW Offshore-Windparks in der Ostsee einen Zuschlag erhalten, da in der ersten Runde ausschließlich Nordsee-Projekte berücksichtigt wurden. Alle Projekte, die in der jetzt abgeschlossenen Ausschreibung keinen Zuschlag erhalten haben, können sich an der zweiten Ausschreibung erneut beteiligen. (Katharina Wolf)