Im Verkehr stiegen die Treibhausgasemissionen in Deutschland um 0,7 Prozent. Laut Daten des Umweltbundesamts (UBA) für Treibhausgasemissionen hat Deutschland zwar seine Klimaziele knapp erreicht, aber der Verkehrssektor riss das Klimaziel ebenso wie der Gebäudesektor.
Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) belegen die Treibhausgas-Emissionszahlen den erneuten und anhaltenden Klimarechtsbruch der Bundesregierung im Verkehrs- und Gebäudesektor auch für das Jahr 2022. Mit ihren teils seit 2020 anhängigen Klagen gegen die rechtswidrigen Überschreitungen in den Sektoren Verkehr und Gebäude will die DUH noch in diesem Jahr den nach ihrer Auffassung dringend notwendigen Kurswechsel juristisch durchzusetzen. Nach Informationen der DUH aus Gerichtskreisen ist zeitnah eine Verhandlung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vorgesehen.
Im Verkehrssektor wurden im Jahr 2022 statt der laut Klimaschutzgesetz erlaubten 139 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent emittiert – das liegt nicht nur über dem gesetzlichen Limit, sondern bedeutet sogar einen Anstieg der Emissionen im Vergleich zum Vorjahr. Im Gebäudesektor waren es im vergangenen Jahr statt der zulässigen 107,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Diese Überschreitungen sind auch dann rechtswidrig, wenn die Emissionen insgesamt wie 2022 leicht abgesunken sind, da alle Sektoren einzeln ebenfalls ihre Ziele einhalten müssen. Im Energiesektor sind die Emissionen um 11 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent durch die stärkere Verstromung von Kohle sogar auf 256 Millionen Tonnen angestiegen. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagt, Verkehrsminister Wissing fahre den Klimaschutz im Verkehrssektor mit voller Absicht an die Wand. „Statt die klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren, steigen sie sogar weiter an und drohen alle Klimaschutzbemühungen zu zerstören. Im Gegensatz zu den roten und grünen Koalitionären lassen wir uns diesen Verstoß gegen das Klimaschutzgesetz nicht gefallen und werden diesen Rechtsschutz durch unsere Klimaklagen stoppen.“
„Anstatt zu gestehen, dass man Ziele verfehlt, wird behauptet, die sektorspezifischen Ziele und Sofortprogramme nach dem Klimaschutzgesetz würden nicht funktionieren und wären nicht das richtige Instrument“, so die Analyse von Craig Morris Geschäftsführender Vorstand von Klimaschutz im Bundestag. Dabei könnte man effektive sektorscharfe Maßnahmen ergreifen. Für den Gebäudesektor etwa hat das BMWK im Januar eine 253-seitige Studie mit dem Titel „Gebäudestrategie Klimaneutralität 2045“ veröffentlicht. Die Vorschläge:
· Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen,
· Ordnungsrecht statt ineffizienten Wasserstoffheizungen,
· Stattdessen Wärmepumpen als Standardlösung,
· Und schließlich energetische Sanierungen.
Für den Verkehrssektor fehlt eine solche Strategie komplett. Dabei liegen die Lösungen auf dem Tisch:
· Tempolimits,
· Abbau klimaschädlicher Subventionen wie das Dienstwagen- und Dieselprivileg,
· eine Reform der KFZ-Steuer und
· eine Verdoppelung der Investitionen in die Schiene und den ÖPNV, um auf das Pro-Kopf-Niveau von Österreich zu kommen.
Die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) Simone Peter sagt, im Verkehr sei die Wende weiter nicht in Sicht. „Deutschland rast mit einem Doppel-Wumms aus Zielverfehlung und Emissionsanstieg weiter auf der Autobahn Richtung Klimakatastrophe. Es gibt ein Tempolimit, allerdings scheint es nur für den Klimaschutz zu gelten. Gerade für diesen Sektor wäre es wichtig, bei dem bislang unzureichenden Klimaschutz-Sofortprogramm nochmals nachzulegen, um die klaffende Klimalücke zumindest ansatzweise zu schließen und auf EU-Ebene das Verbrenner-Aus mitzutragen, anstatt die anderen EU-Staaten zu brüskieren“, so Peter. Die Zahlen zeigten auch, dass die Biokraftstoffe weiterhin dringend für den Klimaschutz gebraucht würden.
Mit Blick auf die Emissionsbilanz des Umweltbundesamtes (UBA) spricht sich der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) für ein Ende der Diskussion über eine weitere Einschränkung der Nutzung nachhaltiger Biokraftstoffe aus. Die CO2-Emissionen im Verkehr seien nach Angaben des UBA im vergangenen Jahr leicht gestiegen, insbesondere weil das Verkehrsaufkommen sich nach der Corona-Zeit wieder normalisiert habe. "Vor allem hat aber der politisch erzwungene gedeckelte Einsatz nachhaltiger Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse im Jahr 2022 dazu beigetragen, dass die Treibhausgasemissionen im Verkehr nicht wie gesetzlich gefordert sinken, sondern stagnieren", betont Stefan Walter, Geschäftsführer des BDBe. Biokraftstoffe minderten die CO2-Emissionen im Verkehr im vergangenen Jahr um mehr als 10 Millionen Tonnen. Dabei ist die Anrechnung des Minderungsbeitrags von Biokraftstoffen aus Agrarrohstoffen auf die so genannte Treibhausgasminderungs-Quote Anfang des Jahres 2022 spürbar begrenzt worden.