Die vom Bundesverband Windenergie und der Gewerkschaft IG Metall Küste ins Leben gerufene „Warnminute“ wurde an einigen Orten wie vor der Siemens-Zentrale in Hamburg von kleineren Kundgebungen begleitet. Der gemeinsame Protest von Angestellten und Unternehmensführungen richtete sich gegen die befürchtete Gefährdung der Arbeitsplätze durch weniger windkraftfreundliche Gesetze. Die anhaltende Unsicherheit der Branche habe speziell die Meereswindkraftindustrie schon 2.000 Arbeitsplätze gekostet, bilanziert die IG Metall. 1.000 seien in diesem Jahr gefährdet. Hunderte befänden sich bereits in Kurzarbeit, betonte Heiko Messerschmidt, Pressesprecher der IG Metall Küste, im Gespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN. Zur Gefährdung weiterer Jobs bei 80.000 Arbeitsplätzen in Norddeutschland von insgesamt 120.000 Beschäftigungsverhältnissen bundesweit lägen noch keine Daten vor, betonte Messerschmidt. Für das Geschäft der Windkraft an Land lägen derzeit offenbar noch genügend Aufträge vor, allerdings hätten Unternehmen wie etwa Enercon Investitionen zurückgestellt, so lange die Bedingungen für den weiteren Ausbau der Windkraft in Deutschland unklar blieben.
Schon in den vergangenen zwei Jahren hatten Unternehmen wie Nordex, Senvion und Vestas allerdings generell ihre weltweiten Unternehmensstrukturen verschlankt und auf neue Schwerpunkte ausgerichtet. Damit fielen auch in Deutschland Arbeitsplätze im Bereich der Onshore-Windenergie weg. Die Turbinenbauer reduzierten mit ihren Strukturveränderungen so die Beschäftigungskosten, aber auch das Risiko nicht ausgelasteter Fertigungen in stark volatilen Märkten wie den USA. Die Bedrohung speziell von Offshore-Arbeitsplätzen machte zuletzt vor allem die bei Areva Wind in Bremerhaven eingeführte Kurzarbeit deutlich. Die von Bremen aus gesteuerte Windturbinenfertigung ist zum Stillstand gekommen, weil die Bedingungen für Offshore-Windenergie seit nun schon einem Jahr in der politischen Diskussion kontrovers diskutiert werden und die Sicherheit für neue Investitionszusagen fehlt. Areva baut zwar derzeit mit schon gefertigten Windturbinen zwei Windparks zeitgleich aus, aber neue Aufträge in Deutschland sind nicht konkret in Sicht.
Freitag folgt die Job- und Bildungsmesse
Die Protestaktionen fanden gerade mal zwei Tage vor Beginn der Job- und Bildungsmesse Zukunftsenergien Nordwest in Oldenburg statt. Die nach dem Wegfall des Beschäftigungswachstums bei Solar- und Bioenergie zuletzt auf Windkraft konzentrierte Berufeschau leidet ebenfalls unter der Unsicherheit über die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dennoch werden rund 70 Unternehmen wieder an eigenen Ständen mit ihren Personalabteilungen für Gespräche mit Hochschulabsolventen, Ingenieuren oder Fachkräften bereit stehen. Etwa die Hälfte der ausstellenden Unternehmen komme aus der Windbranche, teilte Veranstalter Forwind mit, das Netzwerk für das Windenergiestudium in Hannover, Bremen und Oldenburg. Neu sei eine hohe Präsenz von Unternehmen, die sich für die Energieeffizienz stark machen. Hierzu gehören knapp ein Drittel der Aussteller. Zwei Drittel der Jobanbieter sind Unternehmen, ein Drittel der Aussteller hingegen sind Fortbildungsinstitute oder beispielsweise Personalvermittler.
Die zweitägige Messe bietet entsprechend am ersten Tag auch eine Exkursion zu den Produktionsstätten des ostfriesischen Windturbinenbauers Enercon an. Ebenfalls am Freitag können Interessierte aber auch sich bei einer weiteren Exkursion über die Möglichkeiten der Energieeffizienz für die Beschäftigung informieren. Besuchsort ist das Zentrum Zukunft der EWE AG in Emstek, wo innovative und zugleich umweltfreundliche Möglichkeiten von Strom, Wärme- und Kälteerzeugung erforscht werden.
(Tilman Weber)