Der Bundestag beschließt mit den Stimmen von CDU, CSU und FDP und gegen die Stimmen von SPD, Bündnis 90/Grüne und der Linken die EEG-Novelle, wie sie die Regierungskoalition verabschiedet hat.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), der sich auch unter die Redner im Bundestag gesellt hat, verteidigt seinen Gesetzentwurf gegen die Kritik der Opposition. „Wir müssen nach und nach das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu einem Marktgesetz machen“, so der Bundesumweltminister. Der eigentliche Sinn des EEG sei schließlich die Marktintegration, sekundiert der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag Klaus Breil. Röttgen kritisiert, dass zu bestimmten Tageszeiten die Menge an volatilen Strom aus Solaranlagen den Bedarf bei weitem übersteigt und keine Abnehmer findet. „Jeder Produzent muss sich irgendwann auch mit dem Produkt an dem Verbraucher orientieren“, sagt Röttgen und verteidigt damit sein sogenanntes Marktintegrationsmodell. Doch genau das ist einer der Punkte, der von der Opposition am heftigsten kritisiert wird. „Man hat es zwar Marktintegration genannt, es ist aber in Wahrheit eine zusätzliche Vergütungsabsenkung“, sagt Hans-Josef Fell, der energiepolitische Sprecher der Fraktion der Grünen im Bundestag. Er erinnert daran, dass es keine Vermarktungschancen für diesen Teil der Anlagenbetreiber geben wird. Die Marktintegration ist eine Theorie, „die mit der Lebenswirklichkeit nichts zu tun hat“, so Fell weiter.
Vermarktung oder Eigenverbrauch?
Doch auch in der Regierungskoalition ist man sich nicht einig, was denn mit der Begrenzung der Vergütung von Solarstrom aus Anlagen mit einer Leistung bis 10 Kilowatt gemeint ist. Denn nach den Worten von Michael Kauch, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, geht es dabei nicht darum, den Strom zu vermarkten, sondern um die Steigerung des Eigenverbrauchs. Wie das auf die Schnelle funktionieren soll, darauf kann aber bisher noch niemand eine Antwort geben. Im Gegenteil: Die Kosten für eine Solarstromanlage erhöhen sich durch dieses Modell noch einmal. Denn der Betreiber ist jetzt verpflichtet, die tatsächlich produzierte Strommenge gegenüber dem Netzbetreiber nachzuweisen. Das passiert durch den Einbau eines zweiten Zählers, zusätzlich zum Zähler, der die eingespeiste Strommenge misst. Außerdem fehlt ein ernster Versuch der Speicherförderung, um den Eigenverbrauch tatsächlich steigern zu können, kritisiert Dirk Becker, stellvertretender energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. Doch habe man die Bundesregierung aufgefordert, bis Oktober dieses Jahres eine Vorlage „zur Markteinführung von Speichertechnologien im Rahmen des Bundeshaushalts vorzulegen“, erklärt Georg Nüßlein, wirtschaftspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe. Für die Opposition ist das nur ein schwacher Trost, der nicht überzeugen kann.
„Anschlag auf Ostdeutschland“
Die Oppositionsparteien im Bundestag befürchten, dass die deutsche Photovoltaikbranche eine solche Novelle nicht überleben wird. Vor allem in den ostdeutschen Ländern geht die Angst vor Insolvenzen, Arbeitsplatzabbau und Arbeitslosigkeit um. „Ihre Politik ist ganz konkret ein Anschlag auf Ostdeutschland“, sagt Jan Korte von der Linken zum Gesetzentwurf des Bundesumweltministers. Auch für Hans-Josef Fell ist es „ein heftiger Schlag gegen eine innovative und erfolgreiche Solarbranche“. Er befürchtet, dass die fehlende Industriepolitik der Regierungskoalition zu weiteren Insolvenzen von Photovoltaikunternehmen führen wird. Aber auch Installationsfirmen sind betroffen. Denn „es trifft vor allem die Handwerker, die schon heute massive Markteinbrüche befürchten“, so Fell.
Kürzung mit Preissenkungen ausgleichen
Der Umweltminister hingegen ist überzeugt, dass die Solarbranche in Deutschland nicht dem Untergang geweiht ist, wenn man eine massive Kürzung der Förderung durchsetzt. Röttgen ist der Meinung, dass „die Erfolgsgeschichte der Photovoltaik weitergehen wird“. Er begründet das damit, dass der Zubau auch nach den vergangenen Kürzungen der Solarförderung immer höher wurden. Michael Kauch von der FDP unterstützt den Umweltminister in dieser Ansicht. Schließlich ist der Zubau seit zwei Jahren doppelt so hoch, wie von der Regierung vorgesehen und das trotz der vorherigen Vergütungsabsenkungen. „Das wäre schön, wenn das aus dem Markt kommt“, so Kauch. „Aber es kommt daher, dass die Anlagenpreise schneller sinken als die Vergütungssätze.“
Die Opposition sieht das ein bisschen anders. Diese Degression ist einfach zu hoch, als dass man das mit den bisherigen Kürzungen vergleichen könne. Bärbel Höhn von den Grünen erinnert daran, dass es teilweise um eine Halbierung der Vergütung geht und dass man von keiner Branche erwarten kann, dass sie das mit den Preissenkungen ausgleichen kann. „Es ist keine Absenkung mit Augenmaß, es ist keine Abkühlung eines überhitzten Marktes, sondern ein Kahlschlag“, kritisiert sie in der Bundestagsdebatte den Gesetzentwurf. Sie wirft der Regierung vor, mit ihrem Hin und Her in der Energiepolitik genau das zu befördern, was sie verhindern will: rasante Schlussverkäufe, bei denen die Investoren schnell noch Anlagen bauen, um noch in den Genuss der alten Förderung zu kommen.
Energieintensive Unternehmen in Umlage einbeziehen
Außerdem treiben die hohen Vergütungssätze bei sinkenden Anlagenpreise nur die Renditen der Betreiber in die Höhe, die von den Verbrauchern bezahlt werden müssten, wettert Michael Kauch. Die Linke hält es aber für „ein Märchen, man müsste aus Verbraucherschutzgründen den Photovoltaikzubau begrenzen“, so Dorothee Menzner, energiepolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag. Sie erinnert daran, dass durch die erneuerbaren Energien und vor allem durch die Photovoltaik die Preise an der Strombörse sinken, vor allem in den Mittagsstunden, wenn der Bedarf am höchsten ist, aber auch die Einspeisung von Solarstrom ihren Spitzenwert erreicht. „Dass das die großen Stromkonzerne nicht freut ist klar, weil die ja in der Mittagszeit ihre größten Gewinne einstreichen“, so Menzner. Außerdem will die Linke die Befreiung von energieintensiven Unternehmen von der EEG- Umlage und den Netzentgelten auf den Prüfstand stellen und hat einen entsprechenden Antrag im Bundestag eingebracht. Danach sollen die Unternehmen, die eine solche Befreiung haben wollen, nachweisen, dass sie tatsächlich ihren Energieverbrauch nicht weiter senken können und mit ihren Produkten auch im internationalen Wettbewerb stehen.
Im Vermittlungsausschuss zum Konsens kommen
Mit dem heutigen Abstimmungsergebnis liegt der Ball jetzt beim Bundesrat. Der wird sich in den nächsten Tagen mit dem Thema beschäftigen und voraussichtlich am 11. Mai darüber abstimmen. Um das Gesetz doch noch zu Fall zu bringe, braucht der Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Ober diese erreichen wird, bleibt noch ungewiss. Allerdings hat der thüringische Ministerpräsident Matthias Machnik (SPD) schon mal angekündigt, dass die Länder die Gesetzesänderung im Bundesrat ablehnen. „Wir haben von Seiten der Länder immer wieder signalisiert: ‚sprecht doch mit uns‘“, so Machnik in der Bundestagsdebatte. „Man hätte ja klüger werden und manche Entscheidungen anders fällen können. Ich bin dafür, dass wir noch mal im Vermittlungsausschuss über das Paket reden, um in der Sache zu einem Konsens zu kommen.“ Er kritisiert, diese Novelle sei eine Importsubvention für die chinesischen Unternehmen. Zwar gäbe es seit dem ersten Entwurf bis zum jetzigen Gesetz einige positive Entwicklungen. So seien unter anderem die Übergangsfristen verlängert und die Verordnungsermächtigungen gestrichen worden. Doch er vermutet, letztere „sind ohnehin nur reingeschrieben worden, damit die Koalition sie rausstreichen kann“, so Machnik. Was aber insgesamt gemacht wird, ist eine Gefährdung der Solarbranche, die vor allem in den ostdeutschen Ländern erhebliche Produktionsstandorte hat und diese Arbeitsplätze seien jetzt gefährdet. Machnik lehnt die Degression nicht grundsätzlich ab. „Aber die Frage ist die Höhe der Degression“, sagt er. Und die ist zu hoch. Er erinnert daran, dass die Photovoltaik diejenige Energieform ist, die die höchste Akzeptanz in der Bevölkerung genießt. Vor allem wirft er der Regierung vor, das Vertrauen der Investoren in die deutsche Industriepolitik zu schwächen. „Was in der Solarbranche jetzt passiert, ist ja nicht auf die Solarbranche beschränkt. Diese Industriepolitik verschafft der Wirtschaft keine klaren Rahmenbedingungen“, so der thüringische Wirtschaftsminister im Bundestag. (Sven Ullrich)