Die französische Energieministerin Delphine Batho präsentiert während eines Besuches beim Hersteller von Solarzellen MPO im nordwestfranzösischen Mayenne ein Paket von Maßnahmen, wie sie den Ausbau der Photovoltaik im Lande vorantreiben will. Schon seit Monaten wird darüber diskutiert, wie der konkrete Plan aussehen soll. Jetzt ist er erstmals öffentlich vorgestellt. Größtenteils übernimmt Batho die Vorschläge der Umweltkonferenz, die Mitte September 2012 in Paris stattfand.
Ausbauziele verdoppeln
Dabei treibt Paris nicht die plötzlich entdeckte Liebe zur Solarenergie statt Atomstrom an, sondern industrie- und arbeitsmarktpolitische Vorstellungen. Frankreich will vom weltweiten Boom in der Photovoltaik profitieren und vor allem die einheimische Produktion sichern und weiter ausbauen, um nicht den Anschluss zu verlieren. „Wir haben unsere Ausbauziele verdoppelt und den politischen Kurs festgelegt, um die Entwicklung einer nachhaltigen Industrie und der Wertschöpfung im Lande zu fördern“, heißt es in einer Pressemitteilung des Energieministeriums. Immerhin will Paris jetzt 1 Gigawatt neue Photovoltaikleistung im Jahr 2013 fördern. Im vergangenen Jahr waren es noch 500 Megawatt. „Wir wollen das Handelsdefizit im Solarbereich verringern, das 2011 auf 1,35 Milliarden Euro geschätzt wurde, und einen „ökologischen Patriotismus“ begründen“, begründet das Ministerium die Verbesserung der Unterstützung. „Erneuerbare Energien soll für Wettbewerb und die Schaffung neuer Arbeitsplätze stehen.“ Immerhin rechnet Delphine Batho durch die Solarstromförderung mit einem Investitionsvolumen von über zwei Milliarden Euro. Dagegen stehen Fördermittel zwischen 90 und 170 Millionen Euro. „Das bedeutet Mehrkosten zwischen einem und zwei Euro für einen durchschnittlichen Haushalt“, rechnet das Ministerium vor. Außerdem sollen durch die besondere Aufmerksamkeit der Förderung auf einheimische Produkte etwa 10.000 Arbeitsplätze in der französischen Photovoltaikindustrie erhalten werden oder neu entstehen.
Nur noch eine Kategorie im Segment Kleinanlagen
Konkret sieht die Förderung mehrere Möglichkeiten vor, die abhängig von der jeweiligen Art und Größe der Anlage sind. So bekommen kleine Dachanlagen auf Wohnhäusern mit einer Leistung bis zu 100 Kilowatt bekommen eine normale Einspeisevergütung. Gleichzeitig vereinfacht Paris das Vergütungssystem. Es gibt jetzt nur noch eine Kategorie mit einer Anlagenleistung bis 100 Kilowatt. Die Förderung ist aber gedeckelt auf einen Zubau von 400 Megawatt pro Jahr – immerhin doppelt so viel wie 2012. Dabei wird die Einspeisevergütung zu gleichen Teilen für kleine Dachanlagen auf Wohnhäusern und für größere Dachanlagen auf anderen Gebäuden vergeben, die über die maximal vorgesehene Leistung nicht hinausgehen. Die Absenkung der Einspeisevergütung erfolgt dabei vierteljährlich mit einer maximalen Degression von 20 Prozent. Für gebäudeintegrierte Photovoltaik gibt es einen Bonus von fünf Prozent zum regulären Einspeisetarif.
Neue und innovative Technologien bevorzugt
Die Förderung aller Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 Kilowatt wird in Ausschreibungsverfahren vergeben. Dabei gibt es für Solarstromgeneratoren mit einer Gesamtleistung zwischen 100 und 250 Kilowatt ein vereinfachtes Ausschreibungsverfahren. Die Kontingente werden in drei Tranchen mit jeweils 40 Megawatt vergeben. Insgesamt zielt das Energieministerium auf einen Zubau von 120 Megawatt im Jahr 2013 in diesem Anlagensegment ab. Die Förderung für Projekte mit einer Gesamtleistung von mehr als 250 Kilowatt – gleichgültig ob sie auf dem Dach eines Gebäudes oder auf einer Freifläche realisiert werden sollen – werden von der Energieregulierungskommission (Commission de régulation de L‘energie – CRE) vergeben. Das Gesamtkontingent von insgesamt 400 Megawatt wird in zwei Teilen ausgeschrieben. Dabei werden Projekte bevorzugt, die innovative und neue Technologien verwenden. Dabei geht es vor allem um konzentrierende Photovoltaik und nachgeführte Systeme. Bei den Freiflächenanlagen will man die Konkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung möglichst vermeiden und bevorzugt Projekte auf Konversionsflächen.
Einheimische Photovoltaikindustrie unterstützen
Bei der Solarstromförderung will die französische Regierung aber vor allem die einheimische Industrie unterstützen. Deshalb wird für alle Klassen und Arten von Anlagen eine Local-Content-Regelung eingeführt. So erhalten die kleinen Dachanlagen einen Bonus von zehn Prozent, wenn die verbauten Module aus Frankreich stammen. Damit will das Energieministerium in Paris die Mehrkosten ausgleichen, die dem Anlagenbesitzer entstehen, wenn er französische Module statt asiatische Billigimporte installiert. Auch bei der Ausschreibung der großen Dach- und Freilandanlagen achtet die Kommission darauf, dass die geförderten Projekte möglichst Anlagenkomponenten aus französischer Produktion verwenden. Bei den Anlagen im mittleren Leistungsspektrum erfolgt die Förderung der einheimischen Industrie über eine besondere Klausel. Denn „abgesehen vom Preis achtet man bei der Vergabe der Projekte in Zukunft vor allem auf den Klimaschutz als besonderes Kriterium bei der Herstellung der verwendeten Module“. Dass solche Local-Content-Regelungen erst kürzlich von der Welthandelsorganisation (WTO) als nicht vereinbar mit dem GATT-Abkommen gerügt wurden, stört Batho dabei kaum. Eine entsprechende Anfechtung durch die WTO würde Jahre dauern, erklärt sie gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. (Sven Ullrich)