Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) ist sich mit den Vertretern der Solarbranche einig, dass man auf den erneut sehr hohen Zubau der Photovoltaik im letzten Jahr reagieren muss. Bei einem Treffen gestern im Bundesumweltministerium (BMU), an dem neben Röttgen auch zehn Vertreter der großen Photovoltaikhersteller und der Bundesverband für Solarwirtschaft (BSW-Solar) teilnahmen, verständigte man sich auf den Plan, den Ausbau der Solarstromversorgung in Deutschland zu verstetigen. Die grundsätzlichen Fördermechanismen und auch die Begrenzung der maximalen Degression auf 24 Prozent jährlich sollen erhalten bleiben.
„Wir erleben den Jahresendspurt, wie er im Dezember stattgefunden hat, zum wiederholten Mal und es droht jedes Jahr das gleiche Szenario“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Um diese Peaks und damit auch die Mitnahmeeffekte zu vermeiden, brauchen wir eine Verstetigung der Förderungsanpassung.“ Das hat den Vorteil der Planungssicherheit bei den Herstellern und den Handwerkern, die nicht saisonbedingt einmal mehr und einmal weniger Arbeit haben, sondern den Zubau auf das ganze Jahr verteilt durchführen können.
Im Grunde besteht Einigkeit
Die Gesprächspartner sind sich auch einig, wie ein solches Feintuning aussehen kann. „Wir als Branche streben idealerweise eine monatliche Anpassung der Förderung an“, sagt Carsten Körnig. Dieser Vorschlag trifft beim Bundesumweltminister auf offene Ohren, denn Röttgen will ebenso wenig einen grundsätzlichen Deckel für den Solarstromausbau wie die Solarbranche selbst. „So eine Idee klingt zunächst einfach, ist sie aber nicht. Denn da steckt eine Menge administrativer Aufwand dahinter“, erklärt Carsten Körnig. „Außerdem würde ein Deckel die Solarindustrie in Deutschland zerstören, so wie wir es auch in Spanien erlebt haben, als man dort einen generellen Zubaudeckel eingeführt hat.“ Außerdem hat sich der atmende Deckel bewährt. „Das zeigt schon allein die Tatsache, dass sich der Zubau erstmals auf dem Niveau des Vorjahres stabilisiert hat und es kein exponentielles Wachstum mehr gab“, so Körnig. Von den mehr als sieben Gigawatt Zubau im letzten Jahr war selbst der BSW-Solar überrascht. Er ging von 5,5 Gigawatt aus. Niemand hätte damit gerechnet, dass der Jahresendspurt dieses mal so heftig ausfallen würde. Schuld gibt man neben der bevorstehenden heftigen Degression der Einspeisevergütung auch der ungewöhnlich milden Witterung, die den Bau von Anlagen auch im Dezember überhaupt möglich gemacht hat. „Grundsätzlich halten wir aber an unserem Ausbaukorridor von fünf Gigawatt pro Jahr fest“, erklärt Carsten Körnig. „Uns ist es lieber, der Ausbau verläuft etwas langsamer aber dafür gleichmäßiger und sicherer.“
Bundesnetzagentur als Flaschenhals?
Beim BSW-Solar kann man sich auch eine quartalsweise Förderungsanpassung vorstellen, erklärt Carsten Körnig. Denn das Problem liegt nicht an der Weigerung der Branche, die Förderung in kleineren Zeitabschnitten, aber dafür auch in kleineren Prozentschritten zu kürzen, sondern an den administrativen Kapazitäten der Bundesnetzagentur. Man müsste den Zubau so oft wie möglich messen und da stößt die Bundesnetzagentur an ihre Grenzen. Die hat jetzt schon Probleme, die Zahlen zeitnah zu erheben und auch die aktuellen Zubauzahlen, die die Bundesnetzagentur ausgegeben hat, sind nur vorläufig. „Da werden sich noch einige Änderungen im Laufe der nächsten Monate ergeben, aber die liegen wahrscheinlich in Nachkommabereich“, so David Wedepohl, Pressesprecher des BSW-Solar. Insgesamt geht man bei der Branchenvertretung davon aus, dass der Zubau im letzten Jahr unter dem im Jahr 2010 liegen wird, aber wahrscheinlich über sieben Gigawatt. „Außerdem brauchen wir mehr Transparenz in der Statistik bei der Bundesnetzagentur“, fordert Carsten Körnig.
Ein zweites Problem ist die Konzentration des Ausbaus der Photovoltaik auf die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Dort ist die Strahlungsintensität höher als weiter nördlich. Deshalb schlägt der BSW-Solar vor, die Förderung weiter aufzusplitten und „die Förderung strahlungsabhängig zu gestalten, um den Ausbau gleichmäßiger zu verteilen“, erklärt Carsten Körnig. „Man könnte das Land dazu in drei bis vier Strahlungszonen aufteilen, in denen die Anlagenbetreiber unterschiedlich hohe Einspeisevergütungen bekommen.“
Schnell Klarheit schaffen
Ob und wie die Debatte weitergeht, ist noch nicht sicher. Zunächst arbeitet der Bundesumweltminister einen Vorschlag aus, den die Koalitionsarbeitsgruppe Energie am 25. Januar diskutiert. Der Rest liegt im zeitlichen Bereich eines ganz normalen Gesetzgebungsverfahrens, denn für eine Änderung der Förderbedingungen müsste auch die Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes novelliert werden. Beim BSW-Solar rechnet man damit, dass das im besten Falle noch in diesem Frühjahr über die Bühne gehen und zum 1. Mai in Kraft treten könnte. Ob Bundestag und Bundesrat so schnell zu einer Einigung kommen, bleibt ungewiss. Carsten Körnig hofft, dass man schnell zu einer Entscheidung kommt, denn „wir wollen schnell Klarheit haben“, fordert er. (Sven Ullrich)