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Expertentipp

Mehr Frauen für die (Energie-)Wende

Der Frauenanteil in den großen deutschen Unternehmen ist auch im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung meldete Mitte Januar die neuesten Zahlen für 2022. Demnach lag der Frauenanteil in den Vorständen der Top-200-Unternehmen bei rund 16 Prozent. In den Dax-40-Unternehmen, die alle dem neuen Mindestbeteiligungsgebot unterliegen, waren es rund 22 Prozent. Das zeigt: Die Schere schließt sich, aber nur langsam und auch nicht überall im gleichen Ausmaß. Das gilt auch für den Energiesektor, der immer noch als typische Männerdomäne mit entsprechender Vorstandsbesetzung gilt. Auch die erneuerbaren Energien bilden da keine Ausnahme.


Ein Blick in Branchen mit höherem Frauen­anteil bei Fach- und Führungskräften zeigt die Vorteile, die das mit sich bringt. Mehr Frauen in Führungspositionen sorgen für zusätzliche Sichtweisen im Management. Die Diskussion und Berücksichtigung von mehr Gesichtspunkten verbessert die Entscheidungen auf Unternehmensebene. Mehr Frauen in Spitzenpositionen können auch die Unternehmenskultur dahingehend beeinflussen, dass Arbeitszeiten und Arbeitsumfeld frauenfreundlicher gestaltet werden. Wie in fast allen Bereichen gilt auch hier: Wenn das Management mit gutem Vorbild vorangeht, ändern sich die Dinge im Unternehmen schneller und leichter.


Attraktiv für weibliche Fachkräfte werden
Vorstand und Geschäftsführung sind gegenüber Kunden, Lieferanten, und potenziellen Bewerbern das Gesicht des Unternehmens. In Zeiten des Fachkräftemangels senden Firmen, die Frauen in Führungspositionen haben, deshalb ein wichtiges Signal an Bewerberinnen aus. Wenn Energieunternehmen mehr Technikerinnen und Ingenieurinnen einstellen, erhöht das ihre Attraktivität für weib­liche Fach- und Führungskräfte auf dem umkämpften Arbeitsmarkt. Bei der Wahl zwischen einem gemischten oder einem stark männlich dominierten Arbeitsumfeld entscheiden sich Frauen natürlich eher für ein gemischtes Umfeld. Und der Pool an Kandidatinnen wächst. Das Institut der deutschen Wirtschaft stellte 2020 fest, dass erstmals mehr als eine Millionen Frauen in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) tätig sind.


Weil die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit für Studienabgänger immer wichtiger wird, haben Unternehmen der erneuerbaren Energien grundsätzlich einen Vorteil. Doch um die steigende Zahl an Absolventinnen von MINT-Fächern für sich zu gewinnen, braucht es auch Frauen als Mentorinnen. Im Wintersemester 2019/2020, dem letzten vor Beginn der Corona-Pandemie, waren 344.474 Studentinnen in einem MINT-Fach eingeschrieben. Die Studenten waren in diesem Bereich mit 752.299 immer noch klar in der Überzahl. Die künftigen Absolventinnen bereits während des Studiums anzusprechen und als Bewerberinnen zu gewinnen, gelingt leichter, wenn im Unternehmen weibliche Fach- und Führungskräfte als Ansprechpartnerinnen vorhanden sind.


Mit Blick auf die langfristige Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt kann die Vorbildfunktion von Frauen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das zeigt die 2018 von Microsoft in Auftrag gegebene Studie „The When & Why of STEM Gender Gap“. 22 Prozent der befragten jungen Frauen waren an einem MINT-Studium interessiert, auch wenn sie keine Vorbilder hatten. Konnten sie Vorbilder benennen, waren es 44 Prozent. Mehr Frauen in Unternehmen der erneuerbaren Energien liefern die Vorbilder für die nächste Generation, die – anders als manche vorgeben – sicher nicht die letzte sein wird.

Autor: Volker Schulz, Partner & Director von Mercuri Urval