Die Krise als Chance begreifen: Mit konkreten Tipps an die Politik hat sich das Umweltbundesamt zu Wort gemeldet. Die Maßnahmen sollen gleich doppelt wirken und einerseits die bevorstehende Energiekrise im Winter entschärfen und andererseits Positives für den Klimaschutz bewirken.
Dabei adressiert das UBA die Rohstoffe Öl und Gas in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Konkret schlägt das Amt unter anderen vor:
1. Tempolimit einführen
Die Einführung eines Tempolimits von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Außerortsstraßen könne bis zu zwei Milliarden Liter fossile Kraftstoffe einsparen, was 3,8 Prozent des Gesamtverbrauchs fossiler Kraftstoffe Deutschlands im Jahr 2020 entspricht, so das UBA. Damit könnten rund 5,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr vermieden werden. Ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen spart noch rund 800 Millionen Liter (1,5 %) bzw. 2,0 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ein.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat allerdings erst jüngst dieser Idee eine Absage erteilt.
2. Autofreie Sonntag reaktivieren
Wäre jeder zweite Sonntag autofrei, könnten so bis zu drei Prozent des jährlichen Kraftstoffverbrauchs von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen eingespart werden, so das UBA. Idealerweise wären dann Straßen und Plätze für den Fuß- und Radverkehr freigegeben und der öffentliche Nahverkehr kostenlos.
Würde gleichzeitig ein verbilligtes ÖPNV-Deutschlandticket wie das 9-Euro-Ticklet eingeführt und der ÖPNV ausgebaut, ließen sich diese Effekte noch deutlich steigern.
3. Homeoffice-Pflicht wieder einführen
Während der Corona-Pandemie konnten durch die Arbeit im Homeoffice und vermiedene Arbeitswege rund 3,7 millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Auch für die jetzt notwendige Energieeinsparung ist diese Maßnahme relevant, denn das Einsparpotenzial von multilokalem Arbeiten liege auch nach der Pandemie bei rund 1,0 bis 3,7 Millionen CO2-Äquivalenten, schreibt das UBA. Das entspricht einer jährlichen Kraftstoffeinsparung von rund 0,6 bis 2,3 Prozent. Das Amt schlägt vor, dass Arbeitgeber Homeoffice, wo es die Arbeitsprofile und Betriebsabläufe erlauben, ermöglichen müssen.
4. Raumtemperatur in allen öffentlichen Gebäuden absenken und Heizungen korrekt einstellen
Hier müsse die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion übernehmen, fordert das UBA. In öffentlichen Gebäuden solle die Temperatur um 2 Grad gesenkt und die Heizung optimiert oder zumindest angepasst werden. Schulen sollten durch Förderung profitieren, wenn sie Energiepotenziele heben
5. Verständliche Heizinformationen für alle Verbraucher
Kurzfristig könnte nennenswert Energie gespart werden, wenn alle Verbraucher mitziehen: Bis zu 30 TWh weniger Erdgas würden bei zwei Grad weniger verbraucht. Das Einsparpotenzial optimierter Heizungen belaufe sich auf rund 9,5 (4,5-13) TWh Erdgas, wenn in der Hälfte der mit Erdgas beheizten Wohngebäude solche Maßnahmen vorgenommen werden.
Dazu aber brauche es verständliche Informationen für alle Verbraucher, fordert die Behörde. Die Heizkostenverordnung, die monatliche Informationen vorsieht, müsse konkrete Angaben zu deren Verständlichkeit machen. Gebäudeeigentümer sollten zudem bis Jahresende nachweisen müssen, dass sie ihre Heizung optimiert haben.
6. Aktive Energiesparkampagne starten
Statt Anzeigen oder Postern wünscht sich das UBA mehr direkte Ansprache der Bürger zum Thema Energiesparen. Briefe des Bundeskanzlers oder des Wirtschaftsministers an die einzelnen Haushalte seien dazu erforderlich ebenso wie Infosendungen zur Primetime (Energiesparen vor acht) oder einfache Online-Tools zur Erstberatung und zur „Energie-Buchhaltung“.
7. Schnellere Einwanderung für Fachkräfte
Der Fachkräftemangel im Gebäudesektor ist schon jetzt ein deutlicher Engpass für die schnelle Umsetzung der Energiewende. Bei einer Verdoppelung der Sanierungsquote würde der Fachkräftemangel um 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze wachsen, sagt das UBA. Deswegen sollten Berufsanerkennungsverfahren sowie die Bearbeitungsdauer von Arbeitsvisen beschleunigt werden.
Auch interessant:
Der nächste Flaschenhals: Fachkräftemangel in Behörden wächst