Bis 2045 könnte ein Drittel der Wohnungen mit Fernwärme versorgt werden – wenn Förderung, Tempo und Akzeptanz stimmen. Wie eine aktuelle Studie von Agora Energiewende ermittelte, müsste für dieses Ziel der Aus- und Umbau des Wärmenetzes und die Umstellung der Erzeugung von zentralen, fossil befeuerten Großkraftwerken hin zu flexiblen Wärmeerzeugern, die erneuerbaren Strom oder klimaschonende Quellen wie Geothermie und Abwärme nutzen, deutlich zügiger vorangehen. So liege der Investitionsbedarf für diese schnelle Transformation bei rund 5 Milliarden Euro pro Jahr – doppelt so viel wie das aktuelle Investitionsvolumen der Fernwärmeunternehmen. Rund 100.000 Anschlüsse pro Jahr wären nötig.
Fernwärmeversorger können Investitionen allein nicht stemmen
Diese Investitionen sind die für Fernwärmeversorger indes aktuell betriebswirtschaftlich häufig nicht leistbar, ermittelte die Studie. Die Gründe: hohe Strompreise im Vergleich zu fossilen Energien, Unsicherheit über Fördermittel, erschwerter Zugang zu Finanzmitteln und teils hohe Finanzierungskosten. Dies wiederum habe massive Auswirkungen auf die Preise: Ohne weitere Anpassungen des Ordnungsrahmens drohen Fernwärmekosten mancherorts bis 2045 um rund ein Drittel zu steigen.
„Fernwärme bietet die Chance, in dicht besiedelten Gebieten viele Gebäude auf einmal mit erneuerbarer Wärme zu versorgen und so den Klimaschutz im Gebäudesektor schnell voranzubringen“, sagt Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland. „Doch mit dem aktuellen Ordnungsrahmen ist der Hochlauf der Fernwärme gefährdet.“ Die Politik müsse nun zügig dafür sorgen, dass Investitionen der Versorger abgesichert werden, und zugleich Verbraucherinnen und Verbraucher ein attraktives Angebot bekommen.
Niedrige Stromkosten als entscheidender Hebel
Niedrigere Stromkosten und ein gesicherter Förderrahmen sind laut Agora Energiewende entscheidende Hebel, um die Transformation der Fernwärme zu beschleunigen und dabei Investitionskosten sowie Preise im Rahmen des Bezahlbaren zu halten. Die Bundesförderung für Effiziente Wärmenetze (BEW) als wichtigstes Förderinstrument für Wärmenetzbetreiber sollte verstetigt und aufgestockt werden. Bislang läuft sie nur bis 2028 und stellt lediglich rund 0,8 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung.
Zugleich brauche es eine langfristige finanzielle Absicherung der Förderprogramme, so die Studienautoren – etwa über ein Gesetz, aus dem sich für Versorger ein Rechtsanspruch auf Förderung für Fernwärme aus Erneuerbaren Energien ergibt. Mehr privates Kapital und neue Investorengruppen für die Wärmewende könnten gewonnen werden, indem der Staat bestimmte Risiken abfedert – beispielsweise mit Blick auf Anschlusszahlen für neue Wärmenetze.
Transparenzplattform für Preise
Um die Kosten für Wärmekunden attraktiv oder zumindest stabil zu halten, schlagen die Studienautoren eine Absenkung der Stromsteuer, eine Reform der Netzentgelte und eine Verstetigung und Aufstockung der Förderung für erneuerbare Wärmeerzeuger vor. Allerdings bedeuteten niedrigere Wärmeerzeugungskosten in der Praxis nicht automatisch zu niedrigere Preisen für Endkunden, daher schlägt die Studie zusätzlich die Einführung einer staatlich verankerten Preistransparenzplattform sowie einer Preisaufsicht vor, um Preisverzerrungen zu vermeiden. (kw)
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