Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) und der Netzbetreiber Transnet BW haben gemeinschaftlich ein Verfahren zur besseren Prognose der Photovoltaikeinspeisung entwickelt. Dazu kombinieren die Forscher aus Freiburg und Stuttgart die aktuellen Ertragsdaten von Referenzanlagen mit Geoinformationen und Angaben zu den individuellen Eigenschaften aller ans Netz angeschlossenen Anlagen.
Konkret errechnet der Netzbetreiber zunächst aus der gemessenen Einspeiseleistung der Referenzanlagen, die über das Netzgebiet verteilt sind, die aktuelle Sonneneinstrahlung. Der Netzbetreiber weiß, wie viele Anlagen insgesamt an seinem Kabeln angeschlossen sind. Er kennt auch deren Eigenschaften genau, inklusive Anschlussleistung, Modulausrichtung – sowohl horizontal als aus vertikal –, Verschattung und dem Eigenverbrauchsprofil des Haushalts, der die Anlage betreibt. Aus diesem Datenbestand und der ermittelten aktuellen Sonneneinstrahlung kann er die Einspeiseleistung jeder Referenzanlage auf alle Generatoren anwenden, die in räumlicher Nähe der jeweiligen Referenzanlage installiert sind. Der Forscher nennt das interpolieren. Damit kann der Netzbetreiber die gesamte Einspeiseleistung in einer ganzen Region bestimmen.
Einspeisung von Anlagen ohne Messtechnik prognostizieren
Auf diese Weise lässt sich im Umkehrschluss auch die Einspeiseleistung jeder einzelnen Anlage ermitteln. Der Netzbetreiber ist damit in der Lage, die Einspeisung jeder einzelnen Anlage in seinem Netzgebiet zu prognostizieren. Das funktioniert dann auch, wenn in den Generator keine Messtechnik integriert ist, was vor allem bei den vielen kleinen Solaranlagen auf Dächern von Einfamilienhäusern oftmals der Fall ist. „Durch das Zusammenspiel all dieser Informationen ergibt sich aus der Hochrechnung ein möglichst realitätsnahes Abbild der zu erwartenden Einspeiseleistung der Photovoltaikanlagen in unserem Netzgebiet“, erklärt Philipp Guthke, verantwortlich für „Prognosen und Optimierung“ im Bereich Systembetrieb und Handel bei Transnet BW. „Damit haben wir als Netzbetreiber mehr Planungssicherheit.“
Prognosegüte signifikant verbessert
Das entwickelte Hochrechnungssystem haben die Forscher exemplarisch in den Landkreisen Freiburg und Breisgau-Hochschwarzwald, die beide zum Netzgebiet von Transnet BW gehören, getestet. Dort sind immerhin etwa 8.400 Solaranlagen installiert. Danach haben die Forscher die Ergebnisse mit dem bisher von Transnet BW benutzten Hochrechungsverfahren verglichen. „Gegenüber dem bisherigen Verfahren ohne Berücksichtigung der Modulorientierung konnten wir mit der neuen Methode die Präzision der Hochrechnung im Rahmen einer Kreuzvalidierung um bis zu 20 Prozent signifikant verbessern“, beschreibt Bernhard Wille-Haussmann, Projektleiter am Fraunhofer ISE, das Ergebnis des Vergleichs.
An weiteren Stellschrauben drehen
Mit diesem Ergebnis sind die Forscher aber noch längst nicht am Ende der Möglichkeiten angekommen. „Da die Erzeugungsleistung einzelner Photovoltaikanlagen durch individuelles Systemverhalten stark schwanken kann, kommen wir zu dem Schluss, dass eine Kalibrierung der Referenzanlagen für ein präzises Verfahren besonders wichtig ist“, erklärt Bernhard Wille-Haussmann. Außerdem könnte der Netzbetreiber die gemessenen Leistungswerte einer Referenzanlage durch eine automatisierte Erkennung von Verschattung, Schneebedeckung und weiteren Einflüssen noch besser zu interpretieren. „In einem nächsten Schritt könnten die bisherigen Parameter zum Beispiel um Angaben zur Verschattung der Anlagen basierend auf 3-D-Modellen von Städten oder Luftaufnahmen, ergänzt werden, um eine noch realitätsnähere Prognose der Einspeiseleistung abzugeben“, beschreiben die Forscher das Zukunftsszenario. (Sven Ullrich)