Die Speicherung von überschüssigem Strom aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen in Form von Wasserstoff ist keine neue Idee mehr. Viele Anlagen sind inzwischen – vor allem zu Testzwecken – in Betrieb und liefern gute Leistungsdaten. Einen neuen Weg gehen hingegen die Forscher vom Fraunhofer Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie (IISB) in Erlangen. Zusammen mit ihren Kollegen vom Leistungszentrum Elektrosysteme (LZE), vom Fraunhofer IIS, von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und von regionalen Industriepartnern haben sie eine Power-to-Gas-Anlage entwickelt, die kein Gasnetz mehr braucht, um den produzierten Wasserstoff zu speichern.
Organischer Träger speichert Wasserstoff
Der Weg der Wasserstofferzeugung ist der Übliche. Über einen Elektrolyseur, der mit Ökostrom betrieben wird, der nicht sofort nach seiner Erzeugung verbraucht wird, spalten die Erlanger Wasser in seine Bestandteile auf. Der dabei entstehende Wasserstoff wird aber nicht wie bisher in das Gasnetz eingespeist oder in einem separaten Tank unter hohem Druck gespeichert. Vielmehr ist das Speichermedium ein organischer Trägerstoff, der den Wasserstoff bindet und bei Bedarf wieder freigeben kann. Dann wird er über eine Brennstoffzelle wieder verstromt. Der Vorteil dieser Speichertechnologie ist, dass sie sehr kompakt und vor allem sicher über einen längeren Zeitraum den Wasserstoff bunkern kann. Denn der über eine chemische Reaktion in große Mengen elektrolytisch erzeugte Wasserstoff kann so unter üblichen Umgebungsbedingungen. Es sind weder hoher Druck noch niedrige Temperatur notwendig. „Nur unter ganz bestimmten Bedingungen innerhalb eines chemischen Reaktors kann der Wasserstoff wieder vom Trägerstoff gelöst werden“, erklären die Erlanger Forscher. Damit könne der Trägerstoff inklusive des eingelagerten Wasserstoffs, was die Anforderungen an Lagerung und Transport angeht, mit herkömmlichem Diesel vergleichen. Das ist ein riesiger Vorteil gegenüber anderen Wasserstoffspeichertechnologien.
Alles in einem Container
Dieser flüssige Trägerstoff ist schon seit längerem bekannt. Chemiker bezeichnen ihn als Liquid Organic Hydrogen Carrier (LOHC). Er wird bereits in der Industrie vielfach eingesetzt. Die Verwendung als Stromspeicher ist aber noch neu. Seit einigen Wochen ist die erste Testanlage in Betrieb, die auf diesem Prinzip beruht. Sie steht auf dem Campus des Fraunhofer IISB. Recht unscheinbar ist das komplette System in einem 25-Fuß-Container untergebracht. Mit den eingebauten Komponenten können immerhin 25 Kilowatt an elektrischer Leistung ein- und ausgespeichert werden. Immerhin 600 Kilowattstunden kann die jetzt installierte Anlage speichern und bei Bedarf wieder abgeben.
Lastspitzen abfedern
Die Speicherkapazität kann aber auch relativ einfach erweitert werden. Denn bisher nutzen die Erlanger Forscher nur 300 Liter des Trägerstoffs. Über zusätzliche Tankbehälter lässt sich die gespeicherte Energiemenge jedoch leicht um ein Vielfaches erhöhen. Somit können beispielsweise auch größere Betriebe, Rechenzentren oder Krankenhäuser über längere Zeiträume versorgt werden.
Solche Power-to-Gas-Anlagen können aber in Zukunft auch einen zentralen Teil der Netzstabilisierung übernehmen, wenn immer mehr volatile Erzeuger angeschlossen sind. Außerdem sind sie gut geeignet, Lastspitzen in Unternehmen abzufedern. Denn im Inneren der Anlage werkelt eine Niedertemperatur-PEM-Brennstoffzelle. PEM ist dabei die Abkürzung für das Elektrolyt, das aus einem Polymermembran besteht. Diese Art der Brennstoffzellen können aufgrund ihrer niedrigen Betriebstemperatur innerhalb von wenigen Minuten aus dem ausgeschalteten Zustand auf die volle Leistung hochgefahren werden. Durch das üppige Speichervolumen können sie diese Leistung auch über einen längeren Zeitraum bereitstellen.
Mit ihrer Testanlage wollen die Erlanger Forscher aber noch tiefer in die Technologie schauen und sie zur Marktreife bringen. So wollen sie den Speicher noch besser auf die relativ schnellen Schwankungen einstellen, mit denen Solaranlagen ins Netz einspeisen. Außerdem wollen sie die Anlage noch kompakter gestalten, so dass sie mehr Leistung in ihrem Container unterkriegen. Zudem wollen sie die Einbindung ihres Speichers in industrielle Energienetze noch perfekter einbinden. (Sven Ullrich)